Stuttgarter GNTM-Kandidatin Jule
„Die Kamera hat mich regelrecht verfolgt“
Jule-Malin Gscheidle aus Stuttgart hat bei „Germany’s Next Topmodel“ mitgemacht und ist in der neunten Folge ausgeschieden. Im Interview gibt sie auch kritische Einblicke hinter die Kulissen der Erfolgssendung.

© ProSieben / Michael Boer
Jule-Malin Gscheidle beim Fotoshooting für ihre Sedcard.
Von Carolin Klinger
Die Stuttgarterin Jule-Malin Gscheidle hat bei der aktuellen Staffel von „Germany’s Next Topmodel“ (GNTM) auf ProSieben mitgemacht. Im Interview erzählt sie, wie für sie der Perspektivwechsel vom Fan zur Teilnehmerin war und wie der berühmt-berüchtigte „Umstyling-Tag“ tatsächlich ablief.
Jule-Malin, was haben Sie sich von der Teilnahme bei GNTM versprochen?
Ich bin gar nicht mit einer großen Erwartungshaltung rein gegangen. Das Modeln hat mir schon vorher Spaß gemacht und ich wollte weitere Erfahrungen sammeln. Meine Bewerbung war ganz spontan und ich bin dann im Flow mitgegangen.
Es ist die Jubiläumsstaffel von GNTM, die Sendung gibt es seit 20 Jahren. Sind Sie ein Fan?
Ich war als kleines Mädchen ein richtiges Fan-Girl. Zusammen mit meiner Mama und meinen beiden Schwestern saßen wir immer donnerstags auf der Couch und haben „Germany’s Next Topmodel“ angeschaut. Ungefähr bis 2017, danach hat mir das Format nicht mehr so zugesagt. Letztes Jahr war aber der richtige Zeitpunkt gekommen, ich war nicht mehr in der Schule und da habe ich mich einfach beworben.
Was ist es für ein Gefühl, wenn man früher großer Fan war und plötzlich Teil des Ganzen ist?
Wir wurden, ehrlich gesagt, ins kalte Wasser geworfen. Ich war es natürlich nicht gewohnt, dass mir überall hin die Kamera und ein Tontechniker mit einem riesigen Mikro folgen. Ich wurde verkabelt und diese 24/7-Überwachung im Model-Haus, das ist schon ungewohnt. Besonders am Anfang war es stressig, weil wir sehr wenig geschlafen und gegessen haben.
Wie genau sah das aus?
In den ersten vier Tagen war alles sehr eng getaktet. Wir haben mit 100 Mädels angefangen bei den Castings, bis da alle mal durch sind, dauert es einfach. Auch am nächsten Tag bei dem ersten Job gab es lange Wartezeiten, bis alle angezogen waren, ihre Haare und ihr Make-up bekommen haben. Sobald man das Kleid anhatte, durfte man nichts mehr essen. Wir kamen nachts gegen 3 Uhr ins Hotelzimmer zurück, mussten uns aber noch die Haare waschen, weil die für den nächsten Tag wieder frisch sein sollten. Liegt man dann irgendwann im Bett, will man die tausend Eindrücke verarbeiten, aber um 7 Uhr geht es wieder weiter. Das waren intensive Tage.
Die Folgen mit Ihnen wurden bereits ausgestrahlt. Fühlen Sie sich authentisch dargestellt?
Was sie gezeigt haben, ist natürlich ein Teil von mir, aber es ist nicht alles. Sie versuchen den Kandidatinnen schon immer einen gewissen Stempel aufzudrücken. Eine ist die Zicke, eine ist die Besserwisserin und eine vielleicht die Heulsuse. In diese Richtungen wird man dann ein bisschen gedrängt. Es gab viele schöne Momente, die leider gar nicht gezeigt wurden, beispielsweise als eine Sushi-Köchin mit uns gekocht hat. Mit den anderen Mädchen habe ich auch darüber gesprochen, wie wir wohl dargestellt werden. Bei mir dachten alle, dass ich superlieb gezeigt werde, weil ich so auch bin. Jetzt finde ich aber, dass ich in manchen Szenen eher zickig rüberkam.
In welchen Situationen hat man Sie „zickig“ gesehen?
Es waren Situationen, in denen man einfach genervt ist. Zum Beispiel beim Umstyling. Das hat insgesamt bestimmt 15 Stunden gedauert. Es war kalt in der Halle, es roch überall nach der Haarfarbe und die Eindrücke waren überwältigend. Ich musste fünf Stunden warten, bis ich dran kam und habe mich die ganze Zeit gefragt, was wohl passieren wird. Wenn die Interviewer dann ständig mit ihren Fragen kommen, antwortet man vielleicht bei der zwanzigsten Frage nicht mehr so nett.
Und diese Antwort wird dann genommen?
Genau. Mir war alles zu viel. Meine Haare sind mein Schatz, ich wollte sie auf keinen Fall abschneiden. Ich habe nicht wirklich wegen des Make-ups geweint, das habe ich gesagt, um den Interviewer abzuspeisen. Als ich es später reflektiert habe, wurde mir bewusst, dass ich wegen der Anspannung geweint habe. Das habe ich versucht zu verstecken, aber die Kameras lassen sich nicht abschütteln. Ich bin auf die Toilette geflüchtet, um mich wieder zu beruhigen, aber nach zwei Minuten kam jemand von der Produktion und sagte mir, dass wir weiter machen müssen. Ab da wurde ich dann regelrecht von der Kamera verfolgt.
Bei der Umstyling-Folge geht es also in erster Linie darum, die Emotionen der Kandidatinnen herauszukitzeln und einzufangen.
Auf jeden Fall. Danach war mir auch sehr bewusst, dass es um eine Unterhaltungsshow geht und dann konnte ich alles nicht so ernst nehmen.
Ihre Haare wurden in der Folge braun gefärbt, nun sind sie wieder blond. Haben Sie sich mit der Veränderung nicht wohl gefühlt?
Meine Reaktion darauf war, dass ich es schon irgendwie mochte, mich aber daran gewöhnen musste. Das Problem war aber, dass sich das Braun immer wieder rausgewaschen hat. Mein Haar wollte das Braun einfach nicht annehmen (lacht). Ich bin gerne eine Blondine und fühle mich so einfach wieder mehr wie ich. Ein Kurzhaarschnitt wäre für mich nicht in Frage gekommen. Dann wäre ich ausgestiegen. Man muss nicht alles machen für die Unterhaltung anderer.
In der neunten Folge sind Sie ausgeschieden. Vorher gab es ein Fotoshooting für die Sedcard, zu dem alle Kandidatinnen morgens aus dem Schlaf gerissen wurden. Anschließend ist der Fotograf Yu Tsai mit Ihnen und einigen anderen Kandidatinnen sehr rüde umgegangen.
Normalerweise lasse ich in so einem Tonfall nicht mit mir reden. Aber in diesem Moment war ich eingeschüchtert. Eigentlich gibt es zwischen Fotograf und Model eine Zusammenarbeit, man geht aufeinander ein und arbeitet miteinander, nicht gegeneinander. Ich hatte aber das Gefühl, dass er gegen mich und noch ein paar andere Frauen arbeitet. Er hat mir auch keine konstruktive Kritik gegeben, was ich sehr schade und unfair fand. Danach hatte ich schon verstanden, dass es für mich vorbei sein würde und das war auch in Ordnung.
Was haben Sie mitgenommen aus dieser Zeit bei GNTM?
Die Erfahrung und dass das Modeln mir wirklich Spaß macht. Außerdem habe ich mir damit einen Kindheitstraum erfüllt.
Zur Person
GNTM-Kandidatin Jule-Malin Gscheidle ist 21 Jahre alt und lebt in Stuttgart. Erste Erfahrungen als Model hat sie bereits vor ihrer Teilnahme bei „Germany’s Next Topmodel“ bei Fotoshootings gesammelt. Sie studiert Immobilienwirtschaft, will das Studium erfolgreich abschließen und anschließend als Maklerin arbeiten. Auf Instagram ist sie unter dem Name julemalic aktiv.