Tiny Houses
Die schönsten Minihäuser der Welt
Auch kleine Wohnflächen können innovativ und vor allem ressourcenschonend gestaltet werden. Ein prachtvoller – und großer – Bildband zeigt, wie Architekten aus aller Welt das Konzept der kleinen Häuser umgesetzt haben.

© ©El Sindicato Arquitectura/Taschen Verlag
Das Wohnhaus „Parasitic House“ von El Sindicato Architekten ist zwölf Quadratmeter klein und entstand 2019 auf dem Dach eines Hauses in Quinto, Equador.
Von Tomo Pavlovic
Es gab mal Zeiten, das stand der Begriff des kleinen Hauses für ein bescheidenes Leben in engen, dunklen Räumen. Schon deswegen waren auch die namhaften Architektenbüros so gut wie gar nicht daran interessiert, sich auf diesem Feld zu engagieren, mit Ausnahme kleindimensionierter Reihenhäuser im Sozialen Wohnungsbau in der Weimarer Republik.
Nach dem Zweiten Weltkrieg änderten sich allmählich die Maßstäbe auf den Baustellen, und mit dem Wohlstand im Wirtschaftswunder wuchsen auch die Wünsche und Ansprüche. Das Einfamilienhaus war und ist bis heute: ein deutscher Traum, der aber in den letzten Jahren immer seltener zu realisieren war. Die Menschen träumen aber trotzdem. Minihäuser mit Wohnflächen von 20 bis 50 Quadratmetern entsprechen nicht dem traditionellen Wohnverständnis, liegen aber im Trend.
Warum aber sehnen sich Menschen eigentlich nach einem Leben in einem solchen Tiny House? Damit ist vor allem eine Lebenshaltung verbunden: Minimalistisch zu leben, sich zu beschränken, mit wenig auszukommen, das scheint für viele eine zukunftsweisende, weil ressourcenschonende Existenz zu sein. Und natürlich geht es um den Wunsch nach dem eigenen Häuschen, nach den eigenen vier Wänden, am besten in der schönen Natur.
Doch ein Minihaus einfach irgendwo romantisch am Waldrand abstellen, ist nicht möglich. Tiny Houses unterliegen zumindest in Deutschland als Wohnnutzung der Baugesetzgebung. Der in Karlsruhe ansässige Tiny House Verband (tiny-house-verband.de) informiert über rechtliche und bauliche Themen. Wegen der hohen Auflagen gibt es in Deutschland auch vergleichsweise wenige Tiny Houses.
Deshalb lohnt auch ein Blick jenseits des eigenen Landes, um die Vielfalt an Möglichkeiten beim Bau von Minihäusern zu erfassen, die mittlerweile von namhaften Architektinnen und Architekten geplant und umgesetzt werden. Der Taschen-Verlag hat nun in einem großzügigen Bildband die schönsten und herausragendsten kleinen Häuser rund um die Welt gesammelt.
Häuser inmitten idyllischer Landschaften
Die Fotos aus Amerika, Australien oder Chile sind oft atemberaubend, die Schwere des Bildbandes ist es ebenfalls, seine Größe entspricht ungefähr einem Tiny House! Scherz beiseite, die vorgestellten Häuser stehen meist in einer idyllischen Naturlandschaft, nicht selten an einer Küste oder einem Ufer, die etwas Größeren finden ihren Platz in Städten, meist eingepfercht auf Restgrundstücken zwischen zwei großen Wohnhäusern.
Eines der kleinsten und architektonisch gelungensten Tiny Houses heißt sinnigerweise „Klein“, ist schwarz, besitzt ein gedrehtes Dach und wurde 2018 in Upstate New York errichtet.
Auf 17 Quadratmetern in einem Wald hat der dänische Architekt Bjarke Engels von BIG Architekten alles untergebracht, was ein Mensch zum Leben benötigt. A 45, so der Werksname des Gebäudes, ist ein vollständig recyclefähiger Prototyp, der schnell demontiert und anderer Stelle wiederaufgebaut werden kann – vorausgesetzt man hat ein Fundament und eine Genehmigung vom Baurechtsamt.
Supercool ist auch das gestapelte Holzstrandhaus des chilenischen Architekten Felipe Croxatto. Vor dem raffiniert einfachen Haus nichts als der Pazifik, der Sand und die Vögel. Wer träumt da noch von einem klassischen Einfamilienhaus mit Carport?
Info
„Homes for our Time – Small Houses“ von Philip Jodidio ist im Taschen-Verlag erschienen, hat 424 Seiten und kostet 60 Euro. www.taschen.com

© Cristóbal Palma/Taschen Verlag
Traum am Strand: „La Loica“ and „La Tagua Cabins“ in Matanzas, Chile, 2019, vom chilenischen Architekten Felipe Croxatto. Die beiden Gebäudeteile sind 19 und 24 Quadratmeter groß und bieten einen Blick auf den 80 Meter tiefer liegenden Pazifik.

© Amber Hooper/Taschen Verlag
Blick in Cameron Andersons „Gawthore’s Hut“ in Australien. Die schicke 40-Quadratmeter-Wohnhütte entstand 2020.

© Kai Nakamura/Taschen Verlag
Das 51 Quadratmeter große „House Tokyo“ wurde, wie der Name sagt, in Tokio, Japan, entworfen und zwar vom Architekten Hiroyuki Unemori. Das Holzhaus mit einer Grundfläche von 27 Quadratmetern entstand 2019. Die Fassade besteht aus verzinktem Stahlblech

© Krista Keltanen/Taschen Verlag
Kivi und Tuuli Sotamaa entwarfen das Haus „Meteorite“ in Kontiolahti, Finnland, im Jahr 2020. Das Haus ist 65 Quadratmeter groß.

© Fernando Guerra FG+SG/Taschen Verlag
Von Fran Silvestre stammt das „NIU N 70“ von 2021 in Valencia, Spanien. Das 70-Quadratmeter-Haus ist eine Fertigkonstruktion, besteht aus einem großen Raum mit Bad und kostet 151 200 Euro.

© © Lightforge - Dennis Radermacher - www.lightforge.co.nz/Taschen Verlag
Barry Connor schuf diese „Skylark Cabin“ 2020 in Neuseeland.

© Archmopheres/Taschenverlag
Blick in die Natur: Ortraum-Architekten, gegründet von Martin Lukasczyk aus Deutschland, “ haben das 16 Quadratmeter kleine Holzhaus aus Brettsperrholtz mit einer Verkleidung aus sibirischer Lärche entworfen, es heißt „Kyntilä“ und befindet sich in Finnland an einem See in einem Naturschutzgebiet.

© ©James Brittain Photography/Taschen Verlag
Das Wohnhaus rechts im Bild ist das „Enough House“ von MacKay-Lyons Sweetapple in Kanada.

© Leonardo Finotti/Taschen Verlag
„Minimod Curucaca“ findet sich in Brasilien zwischen Bäumen . Das 70-Quadratmeter-Gebäude wurde von MAPA Architekten entworfen und soll einen „primitiven Rückzugsort in zeitgenössischer Neuinterpretation“ darstellen. Es wurde mit einfachen Materialien wie Wellblech, Brettsperrholz gebaut, das Dach ist begrünt.

© Leonid Furmansky 2020/Taschen Verlag
Blick in Jaime Chiocos Minihaus „Tiny Victories 2.0“in Austin, Texas, USA, es wurde 2019 gebaut.

© Yumeng Zhu/Taschen Verlag
Das „Intertwine House“ von Chong Wang vom Architekturbüro Wonder in ländlicher Umgebung von Peking, China, aus dem Jahr 2019. Es misst 100 Quadratmeter, schafft es also gerade noch unter die kleinen Häuser des Buches. Es basiert auf einem Backsteinbau, an der Südseite kam ein Gebäudeteil mit Satteldach hinzu, gedeckt mit grünen Keramikfliesen.

© Taschen Verlag
Ausführliche Informationen zu den Architektinnen und Architekten und zu den Häusern unter 100 Quadratmetern findet sich in dem Buch „Small Houses“, erschienen im Taschen Verlag. Der bildreiche Band enthält auch einen lesenswerten Essay über die Geschichte und Theorie zu Tiny Houses und warum gute Architektur auch auf wenig Quadratmetern funktioniert.

© Taschen Verlag/Taschen Verlag
Blick ins Buch, das auch auf Doppelseiten die Gebäude und ihre Umgebung zeigt. Dies ist das „Permanent Camping Zwo“ in Australien von 2020 von Architekt Casey Brown: Eine 34 Quadratmeter Außenterrasse und ein 16 Quadratmeter großer Wohnturm.

© Jong-Seok Byeon/Taschen Verlag
Diees 66 Quadratmeter große vierstöckige Turmhaus „Seroro“ steht seit 2020 in Seoul, Südkorea, wo Grundstücke extrem teuer sind. Entworfen wurde es vom Architekturbüro Smaller Houses (gegründet von Minkwook Choi), das sich auf kleine Gebäude spezialisiert hat

© Marc Goodwin, Archmospheres/Taschen Verlag
Blick auf eine Doppelseite im Buch: 30 Quadratmeter misst das Kivijärvi Resort /Niliaitta Prototyp, das seit 2020 in Kivijärvi, Finnland,in einem Nationalpark steht. Entworfen wurde es von Studio Puisto Architekten. Da das Gebäude vom Boden abgehoben steht, ergibt sich für die Bewohner eine neue Perspektive auf die Landschaft. Als Isolierug dient Ökowolle, auf Kunststoff wurde bei der Konstruktion komplett verzichtet.

© Koji Fujii / TOREAL/Taschen Verlag
BEeindruckend ist auch Takeshi Hosakas „Love2 House“, erbaut in Tokio, Japan, im Jahr 2019. Es misst gerade mal 19 Quadratmeter. Das Konzept ist inspiriert von der Edo-Zeit, als so genannte Nagaya entstanden, extrem kleine 9,6 Quadratmeter große Häuser für vierköpfige Familien.