Trickfilm-Festival Stuttgart
Die Welt im Spiegel der Animationsfilme
Das Animations-Event im Herzen der Stadt kehrt mit vollem Programm zurück – und hofft auf viele Zuschauer.

© ITFS
Um Katzen, Aliens und menschliche Selbsthinterfragung geht es in „Sandwich Cat“, einem satirischen Wettbewerbsbeitrag des Spaniers David Fidalgo.
Von Bernd Haasis
Einreichrekord, 2300 Filme aus 77 Ländern: Ungebrochen scheint die Leidenschaft der Animationskünstler, eigene Welten zu erschaffen. Von diesem Dienstag an sind ihre Werke beim Stuttgarter Trickfilm-Festival (ITFS) zu sehen. Im Zentrum steht wieder der Internationale Wettbewerb mit Kurzfilmen aller Techniken, Puppen-, Zeichen-, Lege- und 3-D-Trick. Thematisch geht es gleich im ersten Programm zum Auftakt zur Sache mit Filmen über Klimawandel, Liebeskummer, Nachhaltigkeit und Elfmeter-Ängste.
„Viele Filmemacher reflektieren die gesellschaftlichen Umbrüche der letzten Jahre, oft dystopisch, manchmal auch satirisch“, sagt die Programmkuratorin Annegret Richter. Sie ist eingesprungen, als das Festival im Sommer 2022 überraschend führungslos wurde – genau wie der Geschäftsführer Uwe Schmitz-Gielsdorf. Sie führen das Bewährte weitgehend fort und haben auch die Wettbewerbe „Young Animation“ (Studierendenfilme), „Tricks for Kids“ (Kinderfilme) und „AniMovie“ (Langfilme) behalten.
Viele Filme bearbeiten große Fragen und Umbrüche der Gegenwart
Unter den Langfilm-Premieren ist „Charlotte“ (28.4., 18.30 Uhr, Gloria 1) ein kanadischer Film über Charlotte Salomon, reale deutsch-jüdische Malerin der 30er Jahre. „Hölderlins Echo“ ( Sa, 29.4., 18.30 Uhr, Gloria 1) von Susanne Marschall und Hannes Rall widmet sich wichtigen Stationen im Leben des Dichters. Aus dem Gastland Südafrika kommt unter anderem der Spielfilm „Khumba – das Zebra ohne Streifen am Popo“ (Fr, 28.4., 15 Uhr, Schlossplatz).
Den Ehren-Trickstar bekommt die lettische Animatorin Signe Baumane. Die erklärte Feministin bringt unter anderem ihren Spielfilm „My Love Affair with Marriage“ mit (Donnerstag, 20 Uhr, Cinema), in dem Rollenzuschreibungen der Protagonistin körperlich zusetzen.
Nun muss nur noch das Publikum zurückkommen, das sich 2022 infolge der Pandemie eher zurückhielt. Uwe Schmitz-Gielsdorf verspricht: „Beim diesjährigen Festival wird niemand etwas vermissen.“
Was das Festival über die Wettbewerbe hinaus bietet, lesen Sie in unserer Bildergalerie.
Informationen zum 30. Internationalen Trickfilm-Festival Stuttgart
Kinoprogramm Der Internationale Kurzfilm-Wettbewerb, der Studierenden-Wettbewerb „Young Animation“, der Langfilm-Wettbewerb „AniMovie“ und der Kinderfilmwettbewerb „Tricks for Kids“ laufen in den Innenstadtkinos Gloria 1, Gloria 2 und Cinema. Dort gibt es auch die Best-of-Animation-Programme sowie Studio-, Hochschul- und „In Persona“-Programme über Einzelkünstler zu sehen.
Open Air Die eintrittsfreie Großleinwand auf dem Schlossplatz geht am Mittwoch um 15 Uhr mit Kinderprogramm in Betrieb. Nachmittags gibt es thematische Schwerpunkte, am 27.4. zu Europa, am 29.4. zu Nachhaltigkeit und Umwelt. Jeweils um 20.15 Uhr läuft bis inklusive Sonntag ein Spielfilm. Den Auftakt macht Marjane Satrapis Iran-Drama „Persepolis“ (2007). Am Sonntag um 11 Uhr bietet die Staatsoper ihre Matinee, diesmal zum „Räuber Hotzenplotz“.
Galas Eröffnung ist an diesem Dienstag (19 Uhr, Gloria 1), Preisverleihung am Sonntag (19 Uhr, Gloria 1).
Tickets Ein Einzelticket kostet 13 Euro (ermäßigt 11), der Festivalpass 89 Euro (54). Kartenverkauf in der Gloria-Passage. Informationen hier.

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Disney feiert 100. Geburtstag: Walt Disney hat der Animationskunst die Tür zum großen Publikum geöffnet. Nun feiert der von ihm am 16. Oktober 1923 gegründete Unterhaltungskonzern seinen 100. Geburtstag. Zum Stuttgarter Festival kommt deshalb der Zeichentrickstar Andreas Deja, geboren in Dinslaken und verantwortlich unter anderem für den Schurken Scar in „König der Löwen“ (1994) und den Schurken Jafar in „Aladdin“ (1992). Deja bringt sein Regiedebüt „Mushka“ mit (Sa, 29.04., 15.30 Uhr, Cinema), in dem ein ukrainisches Mädchen einen Sibirischen Tiger rettet (im Bild). Beim Open Air auf dem Schlossplatz laufen zwei Spielfilme der Disney-Tochter Pixar, die bisher kaum auf großer Leinwand zu sehen waren. „Soul“ (Do, 20.15 Uhr) erzählt die Geschichte eines Jazzpianisten, der in einen Gully fällt und stirbt, aber eine Hintertür zurück ins Leben findet, „Lightyear“ (Sa, 20.15 Uhr) ein Abenteuer des Space Rangers Buzz Lightyear, der aus dem „Toy Story“-Universum stammt.

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Schlampige Räuber und eine Prinzessin: Fürs junge Publikum bietet das Festival den Wettbewerb „Tricks for Kids“ mit animierten Kurzfilmen sowie einige Langfilme. Rasmus A. Sivertsen zeigt in „Three Robbers and a Lion“ (im Bild; ab 6, Do, 27.4., 16 Uhr, Gloria 1) drei unordentliche Räuber, Marya Zarif und André Kadi in „Dounia und die Prinzessin von Aleppo“ (ab 8, Fr, 28.4., 14 Uhr, Gloria 1) die Flucht eines syrischen Mädchens, Arnaud Demuynck und Rémi Durin erzählen in „Yuku and the Himalayan Flower“ (ab 4, Sa, 29.4., 14 Uhr, Gloria 1) von einer Maus, die eine sagenumwobene Blume finden möchte. Im Open läuft am Nachmittag Familienprogramm, am Mittwoch (26. 4.) um 15 Uhr „Die Mucklas und wie sie zu Petersson und Findus kamen“ und um 17 Uhr die halbstündige Kinderbuch-Verfilmung „The Gruffalo“.

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Trickfilme schärfen das Bewusstsein: Viele Filmemacherinnen und Filmemacher widmen sich den Themen Klimaschutz, Artenvielfalt, Umwelt und Nachhaltigkeit. Ihre Filme laufen gebündelt im Wettbewerb „Trickstar Nature“ (Mi, 26. 4., Gloria 1; So, 30. 4., 20 Uhr Cinema). Die Bandbreite ist groß: Füchse, Krokodile und Elefanten führen in „A World in Chaos“ (Ungarn, im Bild) von David Crisp sehr menschliche Diskussionen über aktuelle Themen, in „Spirit of the Forest“ (Indien) von Kalp Sanghvi, Nandini Rao und Nirupa Rao erinnert ein Waldgeist eine Siebenjährige daran, die Natur zu respektieren – das Festival spiegelt auch diesmal ganz unterschiedliche Mentalitäten und Traditionen. Erstmals zeigt das Festival diesmal auch ein auf Familien zugeschnittenes „Trickstar Nature“-Family--Kids-Programm. Es ist am Samstag (29.4., 15 Uhr) Teil des Nachhaltigkeitstages beim Open Air.

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Die Podien der Animationsprofis: Internationale Experten für Animation, Effekte sowie interaktive und immersive Medien versammeln sich von 25. bis 27. April bei der Konferenz FMX im Haus der Wirtschaft . Um die Tricks in „Avatar“ und „Im Westen nichts Neues“ geht es da, um Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit. Die FMX ist nicht öffentlich, aber manche Gäste treten beim ITFS auf: Bei einer Vorführung von Guillermo del Toros Oscar-prämiertem Puppentrickfilm „Pinocchio“ (Do, 27.4., 20.30 Uhr, Gloria 1) wird Georgina Hayns (im Bild) Rede und Antwort stehen, die als Head of Character Creation die Figuren miterschaffen hat. Gemeinsam veranstalten ITFS und FMX die Animation Production Days. Künstler treffen dort Produzenten, 50 Animationsprojekte mit einem Volumen von rund 200 Millionen Euro sind diesmal im Rennen.