Die Welt in Bildern einfangen
Die 18-jährigen Backnanger Friedrich Kühnle und Lukas Maas fotografieren leidenschaftlich gerne. Dadurch nehmen sie ihre Umwelt im Trubel von Internet und sozialen Medien bewusster wahr. Im Oktober haben sie ihre Werke in einer Ausstellung in der Volksbank präsentiert.
Von Anja La Roche
Backnang. Pariser Häuserfassaden im goldenen Licht der untergehenden Sonne, ein Lebensmittelladen in Singapur oder ein kunstvoll eingefangenes Detail in der Backnanger Innenstadt – ob in ihrer Heimatstadt oder am anderen Ende der Welt, Friedrich Kühnle und Lukas Maas lieben es, mit ihren Kameras die Schönheit der Welt festzuhalten. Die beiden 18-jährigen Schüler des Max-Born-Gymnasiums haben die Fotografie als ein Hobby für sich entdeckt, bei dem sie sich stets technisch und künstlerisch weiterentwickeln und dabei die immer schneller werdende Welt in Zeiten von Social Media einen Moment vergessen können. „Ich nehme gerne meine Kamera mit und lasse mein Handy daheim“, sagt Friedrich Kühnle. „Fotografie ist zum Teil wie Meditation für uns“, fügt Lukas Maas hinzu.
Anfang Oktober durften die Schüler ihre Werke sogar in der Eingangshalle der Volksbank in Backnang ausstellen. Auf großformatigen Leinwänden schmückten die Fotos aus aller Welt eine Woche lang das Foyer. „Ich habe gesagt: Wir können ein bisschen Pep in Ihre Eingangshalle bringen“, erzählt Friedrich Kühnle, wie er mit seiner Idee auf den Vorstandsvorsitzenden der Bank, Jürgen Beerkircher, zugegangen war. Neben 15 Momentaufnahmen bildeten fünf schwarz-weiße Bilder mit architektonischen Motiven einen klaren Kontrast in der Ausstellung. Dass die Schüler die Möglichkeit hatten, ihre Fotos in der Volksbank auszustellen, dafür sind sie sehr dankbar.
Gegensätzliche Vorlieben: leere Landschaften und Streetfotografie
Generell ergänzen sich die beiden Freunde in der Auswahl ihrer Motive gegenseitig: Während Lukas Maas sich als Freigeist sieht und die Berge und menschenleeren Landschaften liebt, die sich bestens zum Philosophieren über die Welt eignen, fotografiert Friedrich Kühnle auch gerne Menschen, sowohl als Porträt als auch in spontanen Situationen im Stil der Streetfotografie.
Das Interesse an der Fotografie hat sich bei beiden schon in der Kindheit entwickelt, jeweils beim Ausprobieren der Kameras der Eltern. Vom spielerischen Herumknipsen bis hin zum Erlernen der Grundlagen in der manuellen Fotografie war es nicht weit.
Das beschleunigte sich, als im Frühjahr 2020 die Coronapandemie auch Deutschland lahmlegte und den Jugendlichen plötzlich ereignislose Tage bevorstanden. Mit Hilfe von Youtube-Videos konnten die Backnanger sich autodidaktisch neue Techniken aneignen, etwa wie sie ihre Kompositionen überlegter angehen oder Bilder mit speziellen Programmen bearbeiten. Ihre Fotos entwickelten sich von Schnappschüssen zu wohlüberlegten Motiven und Stilmitteln. „Man schießt enorm viele Bilder, aber am Schluss entscheidet die Qualität“, sagt Lukas Maas, der inzwischen sogar eine Drohne einsetzt, um das perfekte Foto aus hohen Lüften schießen zu können. Er nutzt dafür eine FPV-Drohne, bei welcher er durch eine Videobrille in Echtzeit sieht, was die an der Drohne befestigte Kamera einfängt. So kann er diese steuern und im richtigen Moment das Foto auslösen.
Der Reiz des Analogen
Friedrich Kühnle widmet sich seit einem Jahr vermehrt auch der analogen Fotografie und überlegt nun, seine Digitalkamera zu verkaufen. „Da kommt das Bild so raus, wie es ist“, sagt er. Bewusst gewählte Bildfehler wie Lichtfragmente, Unschärfe und knallige Farben seien Teil der Kunst, die nicht klinisch perfekt sei, dafür aber Emotionen transportieren könne. Obendrein gefällt ihm, dass der Fotograf sozusagen gezwungen ist, seine Motive noch bewusster auswählen, weil auf einer Analogkamera nur wenige Bilder gespeichert werden können. „Es fehlt in der heutigen Zeit, dass wir Bilder machen, die Bedeutung haben.“
Als einen Katalysator für ihre Fotografie bezeichnen die Backnanger überdies die Reisen, die sie bereits unternommen haben – gemeinsam mit der Familie, der Schule oder auch mit Freunden –, auf denen sie die fremden Städte und Landschaften durch ihre Kameralinsen erkundeten. Bei ihrer Studienfahrt nach London seien sie der Gruppe sogar mal abhanden gekommen, weil sie zu sehr mit ihren Kameras beschäftigt waren. Ein beliebtes Reiseziel für Lukas Maas ist zudem Kolumbien, das Herkunftsland seiner Mutter. Es sei ein enorm abwechslungsreiches Land, um dort mit der Kamera auf Motivsuche zu gehen.
Am Max-Born-Gymnasium erhalten die beiden Jungs viel Unterstützung
Dabei sind die Schüler sich ihrer Privilegien bewusst, die es ihnen ermöglichen, so viele Orte zu besuchen und mit professionellen Kameras einzufangen, „nicht nur das finanzielle, sondern auch das zeitliche Privileg“, betont Lukas Maas. Und auch der Unterstützung vonseiten ihrer Schule konnten sie sich stets sicher sein. So hat die Kunstlehrerin Sara Dahme ihnen geholfen, ihre Fotografien im Max-Born-Gymnasium auszustellen. Eine Freundschaft sei zudem über die Jahre hinweg zu ihrem Physiklehrer Gerald Dietze entstanden, der mit ihnen das Hobby der Fotografie teile – allerdings eher im Bereich der Astrofotografie – und ihnen stets mit Rat und Tat zur Seite stehe.
Für die beiden Backnanger Lukas Maas und Friedrich Kühnle ist dennoch klar, dass sie die Fotografie nicht zum Beruf machen wollen. Derzeit planen beide, nach ihrem Schulabschluss Betriebswirtschaftslehre zu studieren. Die Kamera bleibt ihnen aber als Werkzeug erhalten, das sie in ihrer Freizeit einsetzen können und das sicher noch viele tolle Gelegenheiten bieten wird – unter anderem, um vom schnellen Leben in Backnang und in der ganzen Welt abzuschalten.
Instagram Friedrich Kühnle und Lukas Maas teilen ihre Fotografien auf ihren Instagram-Kanälen friedrich_12347 und lks.maas.