Jon Hamm über seine neue Serie

Don Draper mal anders

Bekannt wurde Jon Hamm vor allem durch seine Hauptrolle als Werbefachmann Don Draper in der preisgekrönten TV-Serie „Mad Men“, jetzt steht er im Mittelpunkt der Reihe „Your Friends and Neighbors“ – als Manager, der die Menschen in seinem Umfeld beklaut.

Jon Hamm in „Your Friends and Neighbors“

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Jon Hamm in „Your Friends and Neighbors“

Von Patrick Heidmann

Im Jahr 2007 gelang Jon Hammmit der Serie „Mad Men“ der Durchbruch. Anlässlich der Serie „Your Friends and Neighbors“, in der er den Hedgefondsmanager Cooper spielt, der nach dem Verlust seines Jobs in den Villen der Nachbarschaft zu klauen beginnt, erzählt er, was ihn daran reizt.

Mr. Hamm, „Your Friends and Neigh-bors“ ist die erste Serie seit „Mad Men“, an der Sie nicht nur als Hauptdarsteller, sondern auch als Produzent beteiligt sind. Was reizte Sie an diesem Stoff?

Es war zunächst einmal der Mann hinter dem Stoff, der mich interessierte. Ich bin schon lange ein Fan der Romane und Kurzgeschichten von Jonathan Tropper, und auch einige TV-Serien hatte er ja bereits entwickelt. Wir lernten uns irgendwann kennen, und bei einem gemeinsamen Mittagessen erzählte er mir von der Idee, aus der dann schließlich „Your Friends and Neighbors“ wurde. Wir fanden beide, dass ich ganz gut in dieses Szenario passen würde, das ihm vorschwebte. Einige Monate später schickte er tatsächlich das Drehbuch zu einer Pilotfolge, und ich war begeistert. Meine Hoffnungen hatten sich erfüllt.

In welchem Sinne?

Dass Jonathan ein Autor ist, der immer einen Schritt weiter geht und wirklich etwas zu sagen hat. „Your Friends and Neighbors“ ist eben nicht nur eine Serie über einen Typen, der seine Nachbarn beklaut. Sondern es geht um Themen und Ideen, die größer und bedeutungsvoller sind und etwas zu sagen haben über uns als Menschen, als Gesellschaft. Ich liebe gute Unterhaltung ganz besonders, wenn sie mehr als bloß Kurzweil zu bieten hat. Und bei Jonathan war ich diesbezüglich an der richtigen Adresse, während er wohl auch gleich ahnte, dass er wiederum von meinem Mitwirken profitieren würde.

Ist es stressiger, wenn man nicht nur vor der Kamera steht, sondern auch als Mitproduzent Verantwortung trägt?

Was die Arbeit an „Your Friends and Neighbors“ besonders anstrengend machte, war eher die Tatsache, dass ich mittlerweile über 50 Jahre alt bin. Nicht dass ich nicht noch gut in Form wäre. Aber ich muss schon sagen: ein so hohes Arbeitspensum wie bei dieser Serie war früher leichter wegzustecken. Es gibt nicht viele Szenen in den neun Episoden, in denen ich nicht zu sehen bin, entsprechend viel hatte ich zu tun. An manchen Drehtagen hatte ich zwölf und mehr Seiten Text, das ist schon stattlich. Aber zum Glück liebe ich meine Arbeit. Am Set zu sein, mit Regisseuren, Kollegen zu kollaborieren – das macht mir einfach Spaß, als Schauspieler wie als Produzent. Und gerade bei dieser Serie habe ich die Auseinandersetzung mit dem Stoff und meiner Figur als besonders bereichernd empfunden.

Vergleichbar mit „Mad Men“, wo Sie ja auch einen Antihelden verkörperten?

Die beiden Erfahrungen lassen sich schwer vergleichen, einfach weil „Mad Men“ ein so großer Zeitraum meines Lebens war. Über sieben Staffeln und fast zehn Jahre entwickelte meine Beziehung zu dieser Rolle damals natürlich eine Intensität und Tiefe, die wirklich nicht alltäglich ist. Bei „Your Friends and Neighbors“ wussten wir während der Dreharbeiten noch nicht, dass es überhaupt eine zweite Staffel geben wird. Das ist also eine ganz andere Situation. Aber das Vergnügen, diese neue Figur zu spielen, war wirklich enorm.

Die Serie ist keine Komödie, aber dennoch spielt Humor eine große Rolle.

Wir wollten keine Geschichte erzählen, die unerbittlich düster ist, auch wenn sie das Zeug dazu gehabt hätte. Stattdessen haben wir bewusst die Absurdität betont, die sich aus den Situationen ergibt, in denen Cooper sich wiederfindet. Wenn er sich irgendwie aus der Klemme helfen und improvisieren muss. Da war klar, dass sich daraus zahllose sehr witzige Situationen ergeben.

Wer Sie bei „Saturday Night Live“ gesehen hat, weiß um Ihr komödiantisches Talent. Wie haben Sie die Kraft von Humor entdeckt?

Ich war schon seit meiner Kindheit ein Comedy-Fan. Ich glaube, die ersten Bücher und Platten, die ich aus der Bücherei ausgeliehen habe, waren von Steve Martin, Cheech & Chong oder Bob Newhart, all diesen Siebziger-Jahre-Komikern. Sogar Richard Pryor, sehr zum Entsetzen meiner Mutter. Als Kind eines alleinerziehenden Elternteils hat man viel Zeit für sich, und ich fand all diese Sachen höchst komisch. Natürlich auch „Saturday Night Live“. All diese Dinge waren sehr entscheidend in meiner Entwicklung. Ich habe früh verstanden, dass die Fähigkeit, Menschen zum Lachen zu bringen, vor allem ein Weg ist, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Und dass man so Geschichten erzählen kann. Die Comedians, die ich geliebt habe, nutzten den Humor immer als Mittel zum Storytelling, von Bill Cosby über George Carlin bis eben Pryor. Sie haben ihre Geschichten erzählt und die Leute zum Lachen gebracht, das war entscheidend.

Was bedeutet Ihnen Nachbarschaft?

Das ist eine Frage nach meinem Geschmack. Auch weil Nachbarschaft gerade in den USA eine völlig unterschiedliche Bedeutung hat, je nachdem, wo man sich befindet. In New York wohnt man meistens Wand an Wand mit seinen Nachbarn, während jemand beispielsweise in Teilen von North Dakota kilometerweit fahren muss, um auf Nachbarn zu treffen. Und trotzdem kennt letzterer paradoxerweise seine Nachbarn womöglich besser als der, der in der Großstadt jeden Abend die Schritte in der Wohnung über sich hört. Ich selbst bin in Mehrfamilienhäusern groß geworden, erst bei meiner Mutter, dann bei meinem Vater. Wer die Nachbarn sind, wusste ich immer. Das war wichtig, denn gerade als Kind einer alleinerziehenden Mutter ging es bei Nachbarschaft um mehr als die Möglichkeit, sich mal einen Becher Zucker zu borgen. Da schwang immer auch die Sicherheit mit, dass ich wusste, wo ich zur Not klingeln und Hilfe finden kann. Das hat sich mir eingeprägt, sodass ich mich auch heute in Los Angeles, wo die meisten Menschen nebeneinander wohnen, ohne sich zu kennen, meinen Nachbarn immer vorstelle.

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Erstellt:
11. April 2025, 14:56 Uhr

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