Drei Queens of Soul sorgen im Backnanger Bürgerhaus für Gänsehaut

Begleitet von der SWR Big Band verzaubern Fola Dada, Ida Sand und Onita Boone die Besucher beim grandiosen Saisonabschluss im Backnanger Bürgerhaus. Jede der drei Königinnen hat ihre eigene Stimmfarbe, ihren ganz individuellen Stil und ihr persönliches Auftreten.

Ida Sand begeisterte mit ihrer Stimme, die sich wie dunkler Samt um die Gehörgänge schmiegt, hervorragend in Szene gesetzt von der SWR Big Band. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Ida Sand begeisterte mit ihrer Stimme, die sich wie dunkler Samt um die Gehörgänge schmiegt, hervorragend in Szene gesetzt von der SWR Big Band. Foto: Tobias Sellmaier

Von Marina Heidrich

Backnang. Ein fulminanter Abend soll es werden, wenn man den einleitenden Worten von Johannes Ellrott Glauben schenken darf. Und der Kulturamtsleiter der Stadt Backnang hat nicht zu viel versprochen – die Abschlussveranstaltung der laufenden Saison im Bürgerhaus für den Bereich Jazz ist grandios. Ein Wort, das an diesem Abend unzählige Male fällt, während der Pause, nach Konzertende – wo man hinhört begeistertes Publikum und immer wieder dieses Adjektiv „grandios“. Der Saal im Bürgerhaus ist voll bestuhlt und ausverkauft und vor der Eingangstür warten tatsächlich an diesem Samstagabend zirka 60 hoffnungsvolle Menschen, um eventuell doch noch eine Karte zu bekommen.

Seit Februar zählt das Stuttgarter Orchester zu den Grammy-Preisträgern

Die SWR Big Band präsentiert das Programm „Queens of Soul“. Unbestritten gehört das 1951 von Erwin Lehn gegründete Orchester (damals unter dem Namen Südfunk Tanzorchester) zu den besten. Seit Februar dieses Jahres darf sich das Stuttgarter Ensemble auch unter die Grammy-Preisträger einreihen. Die Band eröffnet den Abend mit einem instrumentalen Jazzstandard von Eddie Harris: „Cold Duck Time“.

Dann betritt Fola Dada die Bühne. In Backnang kennt man die Sängerin mit der stets sonnigen Ausstrahlung bestens. Letztes Jahr erhielt die Stuttgarterin den Deutschen Jazzpreis. Fola Dadas Repertoire umfasst ein breites Spektrum quer durch viele Jahrzehnte. Songs wie „Rehab“ von Amy Winehouse und „Crazy in love“ von Beyoncé gehören dazu, aber auch Klassiker, wie das anspruchsvolle „You make me feel like a natural woman“, das aus Carol Kings Feder stammt und durch die legendäre Aretha Franklin große Bekanntheit erreichte. Dabei interpretiert Fola Dada die Lieder auf ihre eigene Art, mit einer warmen, weichen Stimme. Bereits nach dem ersten Lied wird es richtig heiß im Saal.

Auch Ida Sand hat ihre Fans. Die blonde, in Stockholm geborene Schwedin verblüfft mit einer rauchigen, dunklen Stimme. Ihre Mutter war eine anerkannte Kirchenmusikerin und Ida wurde in den 80er-Jahren von Gospel inspiriert. Und das hört man, obwohl ihre Texte meistens sehr weltlich angesiedelt sind. Eine Stimme, die sich wie dunkler Samt um die Gehörgänge schmiegt, angeraut und sinnlich. „Take me to the river“ von Al Green, „It’s your voodoo working“ oder der Klassiker „Chain of fools“ begeistern die Zuhörer. Zudem ist sie eine ausgezeichnete Pianistin, wie sie im zweiten Teil des Abends zu Liedern aus ihrer eigenen Feder wie „Brutal truth“, aber auch bei Nina Simones „I wish I knew how it would feel tob e free“ unter Beweis stellt.

Eine Stimme, hart wie Kristall und weich wie Wasser

Onita Boone, die dritte Soulkönigin, hat eine unglaubliche Bühnenpräsenz. Ihre Stimme umfasst nahezu fünf Oktaven. Und die beherrscht sie meisterhaft, brillant, klar, hart wie Kristall und weich wie reines Wasser. Die ehemalige New Yorkerin lebt seit vielen Jahren in Deutschland, stand aber schon mit Größen wie Whitney Houston oder Patty LaBelle auf der Bühne, hinter denen sich die Künstlerin nicht verstecken muss. Ihre Interpretation von „It’s a mans world“ hinterlässt Gänsehaut. Die kleine Frau mit dem rasierten Kopf beherrscht die Bühne, verzaubert das Publikum.

Was den besonderen Reiz des Konzerts ausmacht: Jede der drei Königinnen hat ihre eigene Stimmfarbe, ihren ganz individuellen Stil und ihr persönliches Auftreten. Zur ersten Zugabe formieren sich die Solistinnen zu einem Trio und interpretieren „This will be an everlasting love“ von Natalie Cole. Hier wird ganz deutlich, wie großartig diese unterschiedlichen Frauen auf der Bühne harmonieren.

Das Publikum geht mit

Bei der zweiten Zugabe hält es dann niemanden im Saal mehr auf den Stühlen, das Publikum klatscht stehend mit und bewegt sich zu den treibenden Klängen von „Proud Mary“, ein Arrangement, das sehr an die überaus dynamische Tina-Turner-Version angelehnt ist. Und dem musikalischen Leiter Klaus Wagenleiter liegt seine Wunschzugabe ohnehin sehr am Herzen, denn, wie er schmunzelnd berichtet, er hat zu diesen Klängen das erste Mal in seinem Leben geküsst.

Ein grandioser Abend – der Tenor der Besucher ist einstimmig. Die drei Queens of Soul haben für ein echtes musikalisches Erlebnis gesorgt. Aber eigentlich waren es sogar vier royale Komponenten: Die Leistung der SWR Big Band ist kaiserlich.

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Erstellt:
24. April 2023, 06:00 Uhr

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