Ein altes Fußballbuch als Ausgangspunkt
Zur neuen Kunstausstellung „Klacks“ des Heimat- und Kunstvereins im Backnanger Helferhaus wird am Sonntag erstmals zu einer Outdoor-Vernissage eingeladen. Nicole Ostheimer und Fabian Baur zeigen Zeichnungen und Installationen.
Von Claudia Ackermann
BACKNANG. „Die letzten Monate waren kein Klacks“, sagt Ulrich Olpp, Vorsitzender des Backnanger Heimat- und Kunstvereins. Deshalb habe man für die Ausstellung, die die Reihe Doppelpass fortführt, den Titel „Klacks“ gewählt. Es ist bereits die zweite Kunstausstellung im Helferhaus in Coronazeiten. Während die letzte ganz ohne Vernissage auskommen musste, wird eine Ausstellungseröffnung nun auf dem Markgrafenhof zwischen Helferhaus und Stadtturm unter freiem Himmel stattfinden.
Nicole Ostheimer hat zehn Jahre lang in London gelebt, wo sie Produktdesign studierte. Seit acht Jahren ist sie zurück in Deutschland und wohnt in Backnang. Sie gibt Kurse an den Kunstschulen in Winnenden und Waiblingen sowie teilweise auch in Backnang.
In der Ausstellung in der Galerie des Heimat- und Kunstvereins zeigt Nicole Ostheimer eine Reihe, die in London entstanden ist. Dort ist sie in einem Secondhandshop auf ein Buch über Fußball aus den 1960er-Jahren gestoßen. „Die Engländer sind fußballverrückt“, sagt sie bei einem Vorabrundgang durch die Ausstellung. Das Buch hat sie inspiriert, aus den Berichten und Fotos darin etwas völlig anderes zu machen.
Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Spielern in Aktion hat sie mit Tusche übermalt, sodass ganz neue Geschichten entstehen. Der Torwart, der auf dem Boden liegt, während er noch mit Armen und Beinen den Ball abwehren will, wird zur Krake mit Fangarmen. Aus der gesamten Spielsituation macht sie eine geheimnisvolle Unterwasserwelt, in der die Akteure Taucheranzüge mit historisch anmutenden Helmen tragen. In anderen Fotos von Spielen verwandelt sie die Fußballer in archaische Fabelwesen.
Die „wahnsinnige Dynamik eines Fußballspiels“ hat sie inspiriert, die Figuren mit ihren Bewegungsabläufen in andere Welten zu versetzen. Da kämpfen etwa Gladiatoren mit Dämonen. Ein Foto wurde in der Dämmerung aufgenommen, sodass die Spieler nur als Schatten zu erkennen sind. Mit weißer Farbe macht Nicole Ostheimer Gestalten daraus, die fast wie futuristische Hologramme wirken. Auch Textstellen in dem Buch hat sie geschwärzt, sodass nur einzelne Worte übrig bleiben, die ganz neue Geschichten erzählen. Das originale Fußballbuch ist zu den Bildern in einer Vitrine ausgestellt.
In anderen Räumen der Ausstellung, die auf zwei Stockwerken zu sehen ist, zeigt Nicole Ostheimer eine Mischung aus abstrakten Federzeichnungen oder Zeichnungen mit Tinte auf Reispapier. Letztere sind als Illustrationen zu Lyrik des Pfälzer Dichters Andreas Kohm entstanden. „Wie eine emotionale Wetterkarte“ seien die Zeichnungen zu den Gedichten entstanden.
Fabian Baur ist in Backnang aufgewachsen und lebt in Weissach im Tal. Im alten Rathaus in Cottenweiler betreibt der freischaffende Künstler die Kreativwerkstatt „Die Klammer“, wo er Kunstkurse für Kinder von fünf bis 15 Jahren gibt. Sein Atelier hat Fabian Baur, der an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart studiert hat, im Backnanger Spinnerei-Areal. Direkt neben der Künstlerwerkstatt von Peter Haußmann aus Weissach im Tal. In der Ausstellung ist über die gesamte Breite einer Wand ein fünfgeschossiges Element angebracht, in dem sich 200 kleine Skulpturen befinden. Sie bestehen jeweils aus zwei verschiedenen Materialien, die sich gegenseitig ohne Klebstoff halten müssen, erläutert Fabian Baur. „Alle sind durch meine Hosentasche gewandert.“ Es sind meist Fundstücke wie ein verbogener Nagel, eine Glasscherbe oder Teile von Kunststoffmüll, die er aufgesammelt hat. „Makroplastik“ ist der Titel der Installation. Außerdem zeigt Baur Tierplastiken aus Ton wie etwa ein Lama, eine Ziege, Robbe oder Hyäne. Zu den Ausstellungsräumen der Galerie des Heimat- und Kunstvereins kann er noch den Riecker-Raum des städtischen Graphik-Kabinetts mitbenutzen, in dem es zurzeit keine Ausstellungen gibt. Die speziellen Klimaanforderungen für Grafiken – und dies im Zusammenhang mit den kleinen Räumen – sind mit den Coronaschutzmaßnahmen nicht vereinbar. In dem abgedunkelten Raum wird eine Videoinstallation zu sehen sein. Es geht um Entwässerungsgräben, Watt und Kuhfladen, verrät Baur. Die Aufnahmen sind an der Nordsee entstanden.
Die Outdoor-Vernissage zur Ausstellung „Klacks“ von Fabian Baur und Nicole Ostheimer ist am Sonntag, 5. Juli, um 11.30 Uhr im Markgrafenhof neben dem Helferhaus (ohne Bestuhlung und Bewirtung).
Der Besuch der Ausstellungsräume kann nur mit Mund- und Nasenschutz und unter Einhaltung der Abstandsregel erfolgen. Deshalb wird das Aufsichtspersonal nur eine bestimmte Anzahl an Besuchern gleichzeitig einlassen.
Bis zum 2. August kann die Ausstellung im Backnanger Helferhaus, Petrus-Jacobi-Weg 5, besichtigt werden.
Öffnungszeiten sind: Dienstag bis Freitag von 17 bis 19 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 14 bis 19 Uhr.