Buch von Christoph Kramer

Ein Fußballstar schreibt einen Liebesroman

Der ehemalige Fußballweltmeister und TV-Experte Christoph Kramer hat ein Buch geschrieben. Und zwar nicht irgendeines – es ist ein Liebesroman.

Christoph Kramers Held in seinem Roman heißt Chris Kramer.

© IMAGO/Horst Galuschka/IMAGO/Horst Galuschka

Christoph Kramers Held in seinem Roman heißt Chris Kramer.

Von Eva-Maria Manz

Der Werdegang von Christoph Kramer ist nicht frei von Dramatik. Nach seinem Aus bei Borussia Mönchengladbach war der 34-Jährige vergangenes Jahr nirgends mehr als Fußballer gefragt, obwohl er sogar anbot, bei Vereinen unterhalb der Bundesliga „gratis“ zu spielen. Im wichtigsten Spiel seiner Karriere 2014 kollidierte Kramers Kopf mit einer Schulter, er stand mit Gehirnerschütterung orientierungslos auf dem Platz und fragte den Schiedsrichter: „Wo bin ich?“ Doch Kramers Schicksal nahm eine glückliche Wendung und plötzlich war er: Weltmeister.

Heute ist Christoph Kramer ein gefragter TV-Experte – und plötzlich Buchautor. Kramer hat nicht irgendein Buch geschrieben, sondern einen Liebesroman. Längst wissen wir, dass es dem Fußball nicht an Poesie fehlt („Lebbe geht weiter“, „Mal ist man der Hund, mal ist man der Baum“). Daher könnte man sich fragen, warum nicht schon sehr viel mehr Spitzenfußballer diesen schönen zweiten Karriereweg eingeschlagen haben. Dem „Spiegel“ erklärte Kramer: „Schreiben ist meine Art zu meditieren.“

Der Ex-Fußballer will das Romance-Genre erstürmen

Damit liegt Kramer voll im Trend, schließlich propagieren Influencerinnen auf Tiktok längst sogenanntes Journaling, bei dem man in einem Tagebuch alle seine Tätigkeiten und Emotionen festhalten soll, nicht zuletzt zugunsten der Seelenhygiene. Und längst veröffentlicht jeder Coach und jede zweite VHS-Lehrerin entweder ein Lebensratgeberbuch oder die Aufarbeitung der Familienhistorie. Im sogenannten Romance-Genre, das der Ex-Fußballer Kramer nun zu erstürmen versucht, trifft er zudem auf ein kaufkräftiges, fast ausschließlich weibliches Leserpublikum, das es ihm danken wird.

Kramer ist nicht der erste Spitzensportler, der sich als Literat versucht. Die Tennisspielerin Andrea Petkovic überraschte 2020 mit dem Roman „Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht“ – ihr Buch wurde sogar von den Feuilletons hoch gelobt. In ihrem zweiten Roman „Zeit, sich aus dem Staub zu machen“ verarbeitete sie vergangenes Jahr ihren Abschied aus dem Profisport. In Interviews zu ihrem literarischen Schaffen ging es, wenn auch meist etwas verklausuliert, oft darum, ob denn eine Spitzensportlerin überhaupt literarisch schreiben könne. Ja, geht anscheinend. Zumal wir längst in einer Arbeitswelt leben, in der jeder flexibel bleiben soll, auch einmal was Neues ausprobieren, sich umorientieren. Warum sollte das nicht für Spitzensportler gelten? Umgekehrt wäre es wohl schwieriger, wir werden keinen Daniel Kehlmann plötzlich ambitioniert auf den Fußballplatz springen sehen.

Zu wenige selbstkritische Männer im Spitzensport

Der Held von Christoph Kramers Roman „Das Leben fing im Sommer an“ ist besonders interessant, denn er heißt genialerweise Chris Kramer. Er hat Akne und kämpft, obwohl er öfter mal auf dem Fußballplatz glänzen kann, vergeblich um das schönste Mädchen der Schule. Denn die Mädchen dort interessieren sich leider nicht für Fußball. Seine Haare liegen nie richtig, er zittert auf dem Zehnmeterturm im Schwimmbad und muss immer bangen, ob es wirklich klappt mit der Profifußballkarriere.

Das ist Wasser auf die Mühlen all derer, denen es nicht gelungen ist, in eine Fußballkarriere hineinzustolpern und einen Weltmeisterpokal mit nach Hause zu bringen. Die sich vielmehr mit Mitte dreißig eingestehen, dass es nichts mehr wird mit der Profifußballkarriere und dass der Versicherungsjob auch Vorteile hat.

Von Kramer lernen heißt verlieren lernen. Und man könnte einwenden, selbstkritische Männer gibt es im Spitzensport noch viel zu wenig, sie haben es besonders schwer, man denke an den klugen, jungen Handballstar Juri Knorr. Solche Männer geben ein erfrischendes Gegenbild ab zur grotesk inszenierten Virilität von Fußballstars wie Ronaldo, die sich die meisten Mütter wohl eher nicht als Vorbilder für ihre Söhne wünschen.

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Erstellt:
11. März 2025, 16:56 Uhr
Aktualisiert:
11. März 2025, 17:03 Uhr

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