Ein Zauberer und Clown am Schlagzeug

Stewart Copeland, einst ein Punkstar bei The Police, lässt in Stuttgart als Solist sein großes Werk Revue passieren

Pop - Stewart Copeland, einst ein Star mit The Police, lässt in Stuttgart als Solist sein großes Werk Revue passieren.

Ein Schlagzeuger: Zumeist spielt er im Hintergrund, erhält zwischendurch Applaus als Solist, tritt wieder zurück, überlässt anderen die Show. Am Sonntagabend ist das anders. Stewart Copeland ist kein gewöhnlicher Schlagzeuger. Er spielte Progressive-Rock mit der britischen Band Curved Air, bevor er 1977 das Genre wechselte und mit Gordon Sumner, einem Musiker, den die Welt als Sting kennt, eine der erfolgreichsten Bands im Umfeld von Punk und New Wave gründete: The Police wurden Superstars.

Am Sonntag in Stuttgart denkt er zurück an diese Zeit, sagt: „I was a punk rocker. I had this band, called The Police. It rose very suddenly, very quick.“ Was Copeland und Sting, sehr unterschiedliche Charaktere, zu jener Zeit teilten: „The feeling of vertigo. The rocketship was rising so fast and earth was so far below, that we began to wish, we had never gotten out of bed.“ Ihnen wurde schwindlig: The Police explodierten wie eine Rakete, verloren die Erde fast aus dem Blick, und so wünschten sie sich, lieber daheim im Bett geblieben zu sein. Ein Song, der dieses Gefühl genau beschreibt, erschien 1981 auf dem Police-Album „Ghost in the Machine“. Stewart Copeland hat ihn neu arrangiert, spielt ihn nun mit dem Babelsberger Filmorchester: „Darkness“.

„Stewart Copeland lights up the Orchestra“ – diesen Titel trägt der Abend, der ausschließlich instrumentale Stücke bringen wird, die Copeland zumeist nach dem Ende von Police komponierte, vor allem als Filmmusiken. Die Musiker des Babelsberger Filmorchesters schließen den Schlagzeuger ein, der sich, ein wenig erhöht, in seiner transparenten Schallkabine mit Charme, Witz und gewaltiger Euphorie inszeniert. Stewart Copeland, heute 66 Jahre alt, ist ein hochgewachsener, schmaler Mann in schwarzem Hemd, mit schwarzem Stirnband und schlohweißem Haarschopf.

Er breitet seine Arme aus, er schlägt die Becken mit weiter, theatralischer Geste – und er kann sich das erlauben, an die Trommeln zu rühren wie ein Zauberkünstler an einen Zylinder. Copeland ist ein Könner, ein Schlagzeuger, der perfektes Spiel mit selbstverständlicher Leichtigkeit vorführt. Einer, der sich gar nicht in den Vordergrund drängen muss, der die Szene heiter und souverän beherrscht, der die volle dynamische Breite seines Instrumentes raffiniert ausspielt, leise, fein und differenziert, wuchtig – und immer im Dialog mit dem Babelsberger Filmorchester, von dem Copeland gar nicht genug schwärmen kann an diesem Abend.

Mit diesem Orchester spielt Stewart ­Copeland eine Auswahl seiner Kompositionen für Film und Videospiel – zu „Rumble Fish“, gewürzt mit Anekdoten über Francis Ford Coppola, zu „Spyro the Dragon“, zu „Wall Street“, Stücke, die um einen rhythmischen Kern gebaut sind, den Orchestermusikern jedoch auch Raum lassen.

Er tauscht schließlich den Platz mit Troy Miller, dem Dirigenten des Babelsberger Filmorchesters, dirigiert selbst, lässt einen neuen Klang entstehen, gibt dazu das Tänzchen: ein Könner, in dem auch ein Schalk, ein Clown, ein großer Showman stecken. Die Fans seiner berühmten Band entlässt Stewart Copeland am Sonntag indes auch nicht ganz unbeschenkt – obschon sich „Don‘t stand so close to me“ und „Miss Gruschenko“ seltsam gewandelt ausnehmen, so wie hier gekleidet in einem Arrangement aus Blech und Holz.

Zum Artikel

Erstellt:
26. März 2019, 03:04 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen