Eine Geschichte so tief wie der Ozean
Die Tochter eines Leuchtturmwärters bricht auf ins Ungewisse
Sehnsucht - Emilia wird als Dienstmagd ausgenutzt, Edward steckt im falschen Leben. Beide müssen da unbedingt raus.
Ein Sturm bringt alles in Bewegung. Emilia, Tochter des Leuchtturmwärters, schafft es nicht mehr, rechtzeitig Zündhölzer für das Licht zu besorgen, und prompt zerschellt ein Schiff an den aus dem Meer ragenden Felsen.
Sowohl ihr einbeiniger, seit dem Tod der Mutter oft betrunkener Vater als auch sie sollen den Schaden abarbeiten. Er, eingesperrt im Leuchtturm, sie als Dienstmagd in einem unheimlichen Haus. Dort lernt sie das vermeintliche „Monster“ kennen, einen Jungen in ihrem Alter, der statt Beinen einen Fischschwanz hat. Dieser Edward ist das Kind des ständig abwesenden Admirals und Hausherrn und einer Meerjungfrau, die vor langer Zeit das Weite gesucht hat. Letzteres will der Junge nicht wissen, aber Emilia ahnt es.
Annet Schaap, Illustratorin von Beruf, hat mit ihrem Debütroman „Emilia und der Junge aus dem Meer“ alle wichtigen niederländischen Kinderbuchpreise gewonnen. Das versteht man absolut beim Klang dieser faszinierenden Erzählerstimme. Die Geschichte spielt in der Vergangenheit. Sie besticht als fein wie klug intoniertes Abenteuer voller handfester sozialer und zwischenmenschlicher Aspekte samt märchenhaften Elementen. Komponiert ist sie fast filmisch. Da denkt Emilia über etwas nach, im nächsten Kapitel steckt sie schon mittendrin in einer neuen Szenerie.
Die Sehnsucht nach einem liebevollen Vater, der sie annimmt, wie sie sind, prägt beide Kinder. Während Emilia vernachlässigt und aus Hilflosigkeit heraus ausgenutzt wurde, steckt Edward in einem falschen Leben fest, das der kaltherzige Vater aus gesellschaftlichen Gründen wünscht. Das Mädchen befreit nicht nur ihn, sondern auch sich selbst.
Das Ende markiert einen Aufbruch ins Ungewisse. Unwillkürlich spinnt man als Leser die Geschichte weiter – oder hofft auf eine Fortsetzung.