„Emil und die Detektive“ im Bandhaus-Theater in Backnang pfiffig und frisch in Szene gesetzt

Die Junge Bürgerbühne erzählt die Geschichte mit viel Schwung und erntet bei ihrer Aufführung von Erich Kästners Klassiker kräftigen Applaus.

Die 20 Rollen des Theaterstücks werden von nur sieben Darstellern gespielt. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die 20 Rollen des Theaterstücks werden von nur sieben Darstellern gespielt. Foto: Alexander Becher

Von Klaus J. Loderer

Backnang. „Emil und die Detektive“ ist ein populäres Kinderbuch von Erich Kästner. Die Junge Backnanger Bürgerbühne im Bandhaus-Theater brachte die 1929 erschienene Geschichte um einen Jungen, dem in der Eisenbahn sein Geld gestohlen wird und der es mithilfe Berliner Jungs zurückbekommt, kurzweilig auf die Bühne.

Premierenfieber am Freitagabend: Die Junge Backnanger Bürgerbühne stellte ihre neue Produktion im Bandhaus-Theater vor. Sollte es Lampenfieber gegeben haben, so wurden dieses nach einer Stunde mit einem kräftigen Schlussapplaus belohnt. Eine strahlende Regisseurin Juliane Putzmann verteilte Rosen an die Mitwirkenden. Annedore Bauer-Lachenmaier, die als Regieassistentin die Produktion betreute, machte Werbung fürs Mitspielen bei der Backnanger Bürgerbühne, einem 2013 gegründeten Amateurtheaterverein.

„Emil und die Detektive“ für die Bühne zu adaptieren erfordert besondere Überlegungen, denn in der Erzählung kommen viele Ortswechsel vor. Wie bringt man einen Friseursalon in einer Kleinstadt, ein Eisenbahnabteil, Straßen, eine Hotelhalle oder eine Straßenbahn auf eine kleine Bühne? Juliane Putzmann hat bei ihrer Bearbeitung dazu genaue Überlegungen angestellt und eine Erzählerin eingefügt. Ihre pfiffigen Einfälle sorgen im Publikum immer wieder für überraschtes Kichern. Die Straßenbahn etwa wird raffiniert stilisiert. Dazu muss eine Personengruppe nur geschickt aufgestellt sein und sich entsprechend bewegen, dazu ein Schild mit der Liniennummer und schon entsteht der Effekt einer fahrenden und bremsenden Straßenbahn. Doch bei der Backnanger Produktion kommt neben dem neunköpfigen Ensemble noch ein weiteres Element dazu, nämlich eine Musikkulisse, die für einige Illusionen sorgt. Cindy Velz an der Klarinette, Pia Sophie Stahl mit diversen Instrumenten, Gerhard Kleesattel am Klavier und Robin Schwarz am Schlagzeug machen die Produktion fast zu einem kleinen Musical. Pia Sophie Stahl kommt als Sängerin eine besondere Rolle zu, denn ihre Songs verbinden die einzelnen Szenen.

Auf ein Bühnenbild wird abgesehen von einigen Requisiten wie den so wichtigen altmodischen Telefonen fast verzichtet. Aber nur fast, denn die Mitte der Bühne nimmt ein zylindrisches Objekt ein, das später überraschend ein aufwendiges Innenleben offenbart. Aufgeklappt dient es als Kaffeehaus, Hotelrezeption und Hotelzimmer. Dieses liebevoll detailliert gebaute Interieur ist die Welt des Diebs Grundeis. Der hat dem schlafenden Emil im Zug den Umschlag mit dem Geld entwendet und ahnt nicht, dass dieser zentrale „Turm“ beobachtet wird von den Detektiven, einer Gruppe von Jungs, die Emil zufällig kennengelernt hat, als er selbst den Dieb mit der Straßenbahn verfolgte. Sitzt Grundeis im Hotel hinter roter Plüschgardine, guckt er am Ende verdattert durch ein vergittertes Fensterchen aus dem Gefängnisturm.

Wie das Stück viele Schauplätze hat, gibt es auch viele auftretende Personen. Die mehr als 20 Rollen werden von sieben Darstellern gespielt, die man nach sechs Wochen Probezeit kaum mehr als Amateure bezeichnen kann. Wie sehr sich die jungen Leute in die Produktion eingebracht haben, kann man am sehenswerten Ergebnis sehen. Da ist die Titelrolle Emil: Emma Frosch als anfangs schüchterner Junge vom Land, der sein schlechtes Gewissen wegen eines Streichs an der Nasenspitze sichtbar mit sich herumträgt. Auf der Bühne verfolgt ihn in einer surrealen Sequenz Wachtmeister Jeschke, streng gespielt von Marlene Heitkämper, die später als klug die Verfolgungsjagd organisierender Professor agiert und als großzügiger Journalist Emil in der Straßenbahn vorm Schwarzfahrerdasein rettet.

Für den schnellen Rollenwechsel reicht schon eine entsprechende Kopfbedeckung. Lisa Fühl spielt die überarbeitete Mutter und wechselt, kaum mehr wiederzuerkennend, als burschikose Großmutter in eine rauchig tiefe Stimmlage. Serina Wiesenthal radelt als Cousine Pony Hütchen wuselig über die Bühne. Volitzin Walker ist als kleiner Dienstag ganz unglücklich, dass er/sie nur das Telefon hüten muss. Zwei weitere „Jungs“ verkörpern Hannah Unger und Annalena Ceskutti, die auch noch weitere Rollen zu spielen haben. Eine große Bühnenpräsenz hat Robin Schwarz als Gustav nicht zuletzt wegen seiner Hupe und wegen seiner Doppelfunktion als Schlagzeuger. Tim Fiechtner überragt schon wegen seiner Größe das gesamte Ensemble und ist mit Zylinder und Gehrock eine aus der Zeit gefallene Figur, zumal das Kostüm mit Sandalen kontrastiert wird. Fiechtner mimt einen geradezu bösartigen Grundeis und schreitet, selbstgefällig seinen (nicht echten) dicken Bauch haltend, durch die Szenen.

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Erstellt:
4. Dezember 2023, 06:00 Uhr

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