Was Großmütter auf der Welt kochen
Es geht auch ohne Einbauküche
Man kann auch ohne teure Einbauküche satt werden. Gabriele Galimberti hat Großmütter auf der ganzen Welt besucht und fotografiert, was und wie sie kochen.
Von Adrienne Braun
Heimat ist ein trügerisches Gefühl und in der Vorstellung oft idyllischer als die Realität. Beim Essen kann man sich dagegen auf seinen Geschmack verlassen: Was einem in Kindertagen schmeckt, prägt die Vorlieben nachhaltig. Andere können da nur staunen, wenn dem einen bei Maisbrei mit Gemüse und Ziegenfleisch das Herz aufgeht und dem anderen bei Meeresschnecken mit Kochbananen das Wasser im Mund zusammenläuft. Auf die Tische dieser Welt kommen sehr unterschiedliche Speisen.
Was aber bereiten Großmütter in China oder Peru konkret zu, wenn sie ihre Lieben beglücken möchten? Das wollte Gabriele Galimberti genauer wissen. Deshalb hat sich der italienische Fotograf vor mehreren Jahren auf kulinarische Weltreise begeben und Großmütter gebeten, für ihn zu kochen. Die Fotos, die dabei entstanden, sind nun in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen zu sehen. Und es ist ein Buch dazu erschienen, in dem auch die Rezepte nachzulesen sind.
Wobei: Die wenigsten werden hierzulande das Lieblingsessen von Maria Luz Fedric von den Kaimaninsel nachkochen: frischer Leguan, den sie selbst auf dem Küchentisch zerteilt. Das sei ein Leichtes, sagt sie, schwieriger sei es, einen frischen Leguan zu fangen.
Ein besonderes Erlebnis war für den Fotografen das Kochen mit Regina Lifumbo in Malawi. Denn in dem kleinen Dorf gibt es keine Supermärkte. Deshalb erlegen die Bewohner oft selbst Mäuse, Schlangen und Kakerlaken. Regina hat für den Fotografen Raupen in Tomatensoße gekocht.
Es ist beeindruckend, wie stark sich die Regionen dieser Welt beim Essen unterscheiden. Die einen trennen die Zutaten sorgfältig, in Japan landet beim „Verstreuten Sushi“ dagegen alles in einer Schüssel. Fisch kommt in vielen Familien auf den Tisch, ob es in Brasilien Knoblauchgarnelen mit Reis sind oder in Peru Meerraben-Filets mit Gemüse. Fleisch ist vor allem etwas für die reichen Länder dieser Welt: Bei Inge Heimann aus Blaubeuren gibt es gern Rippenbraten, in Kanada ist dagegen Bisonkeule beliebt und in China Schweinebauch. In Spanien aß der Fotograf wiederum Herz, Leber und Lunge vom Milchlamm. Auch bei Isolina in Argentinien wird nicht an Tierischem gespart: Zu Querrippe vom Rind und Spareribs vom Schwein gibt es Kutteln, Blutwürste, Schweinswürste – und zwei Tomaten.
Für die Fotografien haben die Köchinnen ihre Zutaten ordentlich auf dem Tisch arrangiert, sodass man gut sehen kann, wer auf frische Zutaten setzt – und wer mal eben im Supermarkt Fertigprodukte kauft und mit mehr oder wenig handwerklichem Geschick verarbeitet. Wenn Balata Dorote von den Fidschi-Inseln Fisch zubereitet, liegt er vorher komplett auf der Arbeitsplatte. Auch die Kokosnuss ist selbstverständlich frisch geerntet, sodass sie sie erst einmal öffnen und das weiße Fruchtfleisch aus der Schale lösen muss.
Melanie aus Utah setzt für ihren Schokoladen-Toffee-Trifle dagegen vollständig auf das Supermarktsortiment: Backmischung, Schokolade, Butter, Karamellbonbons, Kondensmilch und Sahne. Auch für den deutschen „Armen Ritter“ kann man die Fertigzutaten flott im Supermarkt kaufen: Milch, Zucker, Butter, Mehl und Brot.
Auch die Küchen unterscheiden sich enorm. Zehntausende Euro teure Einbauküchen, ohne die hierzulande kaum einer meint auskommen zu können, haben die wenigsten auf dieser Erde. Satt werden sie offenbar trotzdem sehr gut – auch dort, wo man wie in Kenia in einer Lehmhütte auf einer kleinen Feuerstelle kocht, die aus vier Steinen und einem darüber gelegten Grillrost besteht.
Wie weltweit gekocht wird
Ausstellung im ZEPHYR der rem-Stiftungsmuseen C4 in Mannheim, bis 6. Juli 2025, geöffnet Di – So 10 – 17 Uhr.
BuchGabriele Galimberti: In Her Kitchen. Eine fotografisch-kulinarische Reise zu Großmüttern rund um die Welt. Hg. REM Mannheim, 2024, 28 Euro