„Federspiel“ im Backnanger Bürgerhaus: zwischen Tradition und Soundexperiment
Das österreichische Bläserensemble Federspiel präsentiert im Backnanger Bürgerhaus sein neues Album „Albedo“ und erntet lang anhaltenden Beifall. Traditionelle Blasmusik wird von den Musikern modern weitergeschrieben.
Von Thomas Roth
Backnang. „Albedo“ ist ein wissenschaftlicher Begriff und beschreibt das Maß für Rückstrahlvermögen von nicht selbst leuchtenden Oberflächen. Im übertragenen Sinn steht dieses Wort für Quellen, aus denen Künstlerinnen und Künstler Inspirationen schöpfen. Die können hell und dunkel sein, freudig oder traurig – und alles Mögliche dazwischen. Und so bewegen sich auch die Federspiel-Kompositionen zwischen einer samtig-matten Weichheit und ausgelassen daherkommenden Werken. Wie auch immer: Die Ergebnisse sind formidabel.
Neben launigen Moderationen besticht die musikalische Performance bei diesem Konzert der Cross-over-Reihe im Backnanger Bürgerhaus am vergangenen Sonntagabend in jeder Sekunde. Mit schierer Spielfreude erblasen und ersingen sich die Musiker vom ersten Takt an die Sympathien und die Bewunderung des Publikums. Mit sechsmal Blech – also Trompeten, Flügelhorn, Posaunen und Basstuba – und einmal Holz – nämlich mit der Klarinette von Frédéric Alvarado-Dupuy – tauchen die Virtuosen ihr Publikum in ein wahres Klangbad. Das geht von Pianissimo bis Fortissimo, von schwebend wie bei Simon Zöchbauers „Anthem“ bis hin zu ekstatisch wie bei den „Ausseer Schützentänzen“ – traditionell aus dem Salzkammergut und ursprünglich für Streicher geschrieben mit ihrem mitreißend-ausgelassenen Fünfachteltakt. Zöchbauer spielt seine Trompete auch schon mal ohne Mundstück, um andere Sounds zu kreieren, was Philip Haas mit dem Satz „Trompete ist auch mit Mundstück schon ein ziemlich undankbares Instrument, ohne erst recht“, kommentiert.
Seit 2022 ist der Trompeter Christoph Moschberger Mitglied im siebenköpfigen Federspiel-Ensemble und brilliert auch dort mit rasanten Läufen wie bei dem Titel „Calor“, einem eher nachdenklichen, experimentellen Stück. Interessant dabei sind die die Trompete begleitenden Arpeggien der Klarinette sowie die Vocal Percussion, die Beatbox-Einlage der Kollegen. Der Spaß am Ausloten von abgefahrenen Arrangements ist in jedem Moment spürbar. Die Freude am gemeinsamen Gestalten und Interpretieren der Stücke, ja jedes einzelnen Tons, ist wirklich faszinierend. Dazu kommt, dass jeder Musiker Raum hat, sich zu zeigen, und das auf recht lockere, gänzlich unverkrampfte Art.
Alpenländisch klingender Gesang, aber keine Jodler
Sauber intonierte Vokalparts erinnern an die Herkunft der Musiker. Alpenländisch klingender Gesang erklingt, wenn auch nicht wirklich Jodler. Der geneigte Zuhörer lernt dann auch den Unterschied zwischen Jodler und Dudler kennen, wenn Simon Zöchbauer zur Zither greift, um dann mit dem Basstubisten Roland Eitzinger und Frédéric Alvarado-Dupuy gemeinsam ein Lied zu singen – ein Ausflug in die Welt der „Stubenmusi“. Philip Haas verweist zuvor auf den ehemaligen österreichischen „Kindkanzler Kurz“, der meinte, man solle im Leben „situationselastisch“ reagieren. Haas präzisiert: „In der Musik ja, aber bitte nicht in der Politik.“
Neben musikalischen Finessen wie Call-Response-Passagen bei Matthias Werners „Imogen und Posthumus“ oder „Flow“ zwischen Trompete und Klarinette – bei „Flow“ garniert mit einem hervorragenden Basstuba-Feature für Roland Eitzinger – präsentiert Alvarado-Dupuy bei „Samtig-Matt“ ein selbst gebautes Instrument namens „Samtofon“, „angesiedelt zwischen kleiner Trommel, Stabspiel und Klempnerbedarf“, im Grunde nichts anderes als ein kleines, tragbares Marimbafon. Christian Amstätter, wie Moschberger auch erst vor kurzem zum Ensemble gestoßen, brilliert hier mal wieder mit einer wunderbaren Bassposaunenimprovisation. Stefan Obmann hatte an diesem Abend übrigens ganz souverän den Part von Thomas Winalek an Basstrompete und Posaune übernommen.
Das lustvolle Durchbrechen musikalischer Klischees, die unbändige Spielfreude, gepaart mit hoher technischer Präzision, und das alles garniert mit zum Teil ernsten, letztlich aber vorwiegend eher humorigen Moderationen, sind Merkmale dieses Konzerts von Federspiel. Moderne trifft auf Tradition, jazzige Harmonien und überraschende Harmoniewendungen treffen auf sphärische Klangcollagen und musikalische Sentiments. Mit „Basszus Trombitás“ von Matthias Zeil und „Soy“ von Ayac Jiménez und minutenlangem Beifall endet dieses Blasmusikkonzert der ganz besonderen Art.
Der Spaß am Ausloten vonabgefahrenen Arrangements
ist in jedem Moment spürbar.
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