Gruschtelkammer geht in die letzte Saison
Kleinkunstbühnenchef Charley Graf kündigt das Ende der in der Szene deutschlandweit bekannten Kulturstätte an. Vor allem der geplante Abriss des langjährigen Domizils Sängerhalle Oberbrüden und die vergebliche Suche nach einer adäquaten Spielstätte waren ausschlaggebend.
Von Ingrid Knack
Auenwald. „Vor 31 Jahren hatten wir eine Vision, von der viele behauptet haben, es wäre Utopie. Heute wissen wir, dass aus der Gruschtelkammer eine große Erfolgsgeschichte wurde. Das Jahresprogramm 2022/2023 gibt dieser Geschichte ein Happy End.“ Wer sich auf der Homepage der Gruschtelkammer über das Programm in der kommenden Saison der renommierten Kleinkunstbühne informieren möchte, bekommt zunächst diese Sätze zu lesen.
Ist es wirklich wahr? Hört die Bühne, in der sich fast all die Großen vor allem des Kabaretts die Klinke in die Hand gegeben haben, nun wirklich nach dieser Saison auf? Gruschtelkammer-Chef Charley Graf sagt dazu auf Nachfrage: „Das haben Sie richtig erkannt. Es ist das letzte Jahresprogramm der Gruschtelkammer. Danach ist Schluss.“ Schon sei langem sei bekannt, dass das Stammdomizil, die Sängerhalle in Oberbrüden, abgerissen werde, erklärt Graf. Von einer Wohnbebauung auf dem Areal war bisher die Rede. Eine Nachfolgelösung konnte trotz aller Bemühungen des Fördervereins Kleinkunstbühne nicht gefunden werden. „Die Auenwaldhalle ist für Kleinkunst nicht geeignet und einfach viel zu teuer. Außerdem soll sie irgendwann renoviert werden. Nur wann ist unklar, also hätten wir keine Planungssicherheit. Mit der Mehrzweckhalle in Hohnweiler wurde eine große Chance vertan, sie kleinkunsttauglich zu bauen. Trotz vieler Angebote aus umliegenden Städten und Gemeinden hat der Vorstand beschlossen, aufzuhören“, versichert Graf.
Auf Dauer wäre es unbezahlbar
Dann kam noch Corona hinzu. In dieser Zeit mit vielen Auflagen haben die Gruschtelkammer-Mitglieder praktisch alles gegeben, um dem Publikum Kulturgenuss zu ermöglichen. Graf: „Im Besonderen haben uns diese zwei Jahre gezeigt, dass es für uns auf Dauer unbezahlbar wäre, dort ein Jahresprogramm zu realisieren. Jedes Mal muss die Technik neu aufgebaut werden, hinzu kommen Be- und Abstuhlen und – was ich sehr schade finde – noch hohe Mietkosten an die Gemeinde. Und – natürlich ist das sehr subjektiv – dort wirkt Kleinkunst bei weitem nicht so gut wie in einer kleinen, engen Location wie der Sängerhalle.“
Keine Reaktionen von Gemeindeseite
Nun könnte man meinen, in Auenwald werde alles dafür getan, die Bühne weiterleben zu lassen, die so viel Werbung in ganz Deutschland für die schwäbische Kommune gemacht hat. Und sicherlich kennt deutschlandweit nahezu jeder in der Szene den Namen Gruschtelkammer. Gibt es also Reaktionen vonseiten der Gemeindeverwaltung oder des Gemeinderats? Graf winkt ab: „Nein, obwohl ich eine Zusammenarbeit für einzelne Veranstaltungen angeboten habe, gibt es noch keine Reaktion. Auenwald ist weit über die Region hinaus bekannt geworden durch die Gruschtelkammer. Es wäre unendlich schade, wenn es zukünftig diese Form der Kultur nicht mehr gäbe.“
Mit dem Auftritt des Kabarettisten Lars Reichow wird die Spielzeit eröffnet
Wenigstens noch eine Saison lang können sich die Fans der Gruschtelkammer über eine Mischung aus Kabarett, Comedy und Musik freuen. Eröffnet wird die Spielzeit im Oktober mit Lars Reichow, den Graf als einen der profiliertesten Kabarettisten Deutschlands bezeichnet. Auch Christoph Sieber kommt nach Auenwald. „Er ist vor zirka 25 Jahren zum ersten Mal bei uns aufgetreten, da war er fast noch ein Kind. Heute gehört er zur ersten Liga der Kabarettisten und hat seine eigene Fernsehsendung“, freut sich Graf.
Zu den alten Bekannten gehört auch Bernd Kohlhepp. „Bernd Kohlhepp alias Hämmerle musste einfach beim letzten Programm dabei sein. Er ist ein echter Freund“, versichert Charley Graf. Zum ersten Mal zu Gast in Auenwald ist Matthias Egersdörfer. „Er macht ein sehr derbes, fränkisches Programm, bei dem es viel zu lachen gibt.“ Für die Comedyfreunde wurde Fatih Çevikkollu eingeladen, „der bei seinem letzten Auftritt die Sängerhalle zum Beben gebracht hat“.
Fritz Karl kommt mit seiner Frau nach Auenwald
Ein besonderes Highlight sei der Abend mit Elena Uhlig und Fritz Karl, sagt der Initiator der Gruschtelkammer. „Die beiden, die ja auch ein Paar sind, spielen das Programm ,Beziehungsstatus erledigt‘. Da beide viel beschäftigte Künstler sind, machen sie solche Live-Aufführungen nur sehr selten und fast ausschließlich in Österreich. Aber mir ist es gelungen, Fritz Karl – nach seinem Auftritt bei uns im Herbst 2021 mit den oberösterreichischen Concert-Schrammeln – dafür zu gewinnen, nun mit seiner Frau nach Auenwald zu kommen. Da bin ich ehrlich gesagt richtig stolz auf mich.“
Schwäbisch, anspruchsvoll und urkomisch werde es dann an dem Abend mit „Herzdropfa“ und Chris, dem Liedermacher. „Christoph Jäger und sein Partner Sepp Steinkogler begeistern mit wunderbaren Musikstücken, immer wieder unterbrochen durch derbe, älblerische Comedy“, beschreibt Graf diesen Programmpunkt. Weitere Künstler aus der Region sind Thomas Weber und James Geier. „Mit dem Chef des Kabirinetts in Großhöchberg sind wir freundschaftlich verbunden und wollten schon immer mal, dass er in der Gruschtelkammer auftritt.“ Nicht fehlen darf Pe Werner. Sie trat schon in Auenwald auf, als die Kleinkunstbühne startete. ,„Pe Werner, zusammen mit ihrem kongenialen Pianisten Peter Grabinger, wird ein traumhaftes Weihnachts- und Abschiedsprogramm auf die Bühne bringen. Das wird auch für mich ein hoch emotionaler Abend“, verrät Graf.
Auch die Gruschtelkammer-Theatergruppe bereitet sich wieder auf mehrere Theaterabende im April und Mai vor.
„Eine unvergessliche, wunderbare Zeit“
Und welches Fazit zieht Charley Graf? „Trotz vieler Steine, die man uns in den Weg gelegt hat, war es eine unvergessliche, wunderbare Zeit in Auenwald. Künstler wie Konstantin Wecker, Richard Rogler, Gerhard Polt, Heinz Rudolf Kunze, Walter Sittler, Thomas Freitag und unzählige andere Top-Stars ansagen zu dürfen, war mir eine große Ehre und Freude. Ich hoffe nur, um das noch mal zu bekräftigen, dass Auenwald nicht zum weißen Fleck in Sachen Theaterkultur wird. Das wäre sehr, sehr traurig.“
Onlinereservierung Coronabedingt können in dieser Spielzeit die Karten nur online gekauft werden. Auf der Homepage www.gruschtelkammer.de klickt man auf die gewünschte Veranstaltung. Dort können die Besucher den Saalplan und die freien Plätze einsehen. Karten können nur paarweise erworben werden. Einzel-
plätze werden nicht angeboten. Jede Veranstaltung wird immer vier Wochen vor dem Termin im Internet zum Verkauf geöffnet. Nach Bezahlung der Karten erhalten die Käufer per E-Mail ihre Eintrittskarte, die sie entweder ausdrucken oder auf ihr Smartphone laden können. In der Halle sind die Plätze entsprechend nummeriert.
Location Alle Veranstaltungen finden in der Auenwaldhalle statt. Der Saal ist mit hervorragender Licht- und Tontechnik ausgestattet. Es gibt zwei Großleinwände. Zudem gibt es eine Bewirtung (Snacks und Getränke).