Herrlich abgedrehtes Konzert mit viel Humor
Fusk-Trio in Professor Pröpstls Theater im Backnanger Bandhaus – Jazz-Maniacs sprengen musikalischen Grenzen

© Pressefotografie Alexander Beche
Das Fusk-Trio bescherte dem Publikum einen Abend mit viel Jazz und Swing. Foto: A. Becher
Von Thomas Roth
BACKNANG. Expressiv, energiegeladen, lässig wirkend und doch hoch konzentriert und – wenn möglich – immer ein breites Grinsen im Gesicht: Kasper Tom an den Drums, Andi Lehmann am Kontrabass und Bassklarinettist Rudi Mahall konzertieren am Samstagabend im Bandhaus bei Professor Pröpstl.
Das Programm: Eigenkompositionen des Dänen Kasper Tom, der das Publikum auch durch das Programm führt. Dabei wird er von seinem Landsmann Andreas Lehmann unterstützt. Fast philosophische Kommentare gibt es gratis dazu von Rudi Mahall. Kasper Tom Christiansens Stücke tragen Titel wie Circles, Pennies oder Dirk Dild. Letzteres ist wohl als Imperativ zu verstehen: Pflanzt endlich mehr Dill an. Ein anderes Stück ist Autofahrern gewidmet. Diesen „Bossa Nova Swing“ kommentiert Mahall mit „Willkommen beim Andreas-Scheuer-Trio“.
Neben diesen Verbalentertainments steht eine Musik, die stets swingt und zum Teil von Kasper Tom ausnotiert ist. Die Improvisationsteile indes bieten zuvorderst dem Bassklarinettisten Mahall die Möglichkeit, drüberzuspielen. Dies tut der Franke mit Hingabe. Beeinflusst wurde sein Spiel stark von Eric Dolphy und Bandleader Tom äußert dazu: „Viele Journalisten sehen uns in der Tradition von Coleman. Ich sehe uns eher bei Monk oder Dolphy.“ Wie immer auch: Das lustvolle Sprengen von melodischen und harmonischen Grenzen ist dem Trio wichtig, was nicht bedeutet, dass Toms Stücke keiner Form unterliegen. Es ist beeindruckend, wie nach atem(be)raubenden Klarinetten-Soli, denen zu folgen ob der rasenden Geschwindigkeit nicht einfach ist, dann doch überraschend und wieder auch nicht – es sind schließlich absolute Profis am Werk – die drei wieder auf den Punkt zusammen sind.
Die Cues sind selten erkennbar, sieht man mal vom kurz auf den Kopf gelegten Stick ab, was heißen soll: Mein Drum-Solo ist vorbei, jetzt wieder du. Ein wunderbarer Effekt sind auch Mahalls punktuell eingesetzte, meist gehauchte Assistenztöne zu den Soli seiner beiden Kollegen. Auch das ist pur gelebte Musik. Wie die drei Jazzer im „Song für Otto“ die vermutete Gefühlslage Ottos, dem Hund von Rudi Mahall, der an einem kalten Wintertag nicht mit aufs Konzert in die Dänische Botschaft in Berlin durfte, präsentieren, auch das ist witzig einerseits, musikalisch sehr beeindruckend andererseits. Die Musik von Fusk lässt dem Hörer trotz ihrer unglaublichen Dichte oder gerade deshalb Raum für Assoziationen. Ob die angenommene Gefühlslage des Hundes oder des Herrchens oder beides musikalisch interpretiert wird, wer weiß es schon. Auszuschließen ist bei diesen Jazz-Maniacs auf jeden Fall gar nichts. Womit wir wieder bei den Grenzen wären: Die gilt es zu sprengen. Musikalische Anarchie in ihrer positiven, sympathischen Art.
„Zur Belohnung bekommt ihr noch was Abstraktes“: Mit diesen Worten leitet Mahall den Zugabenteil ein. Und tatsächlich wird es dann fast ganz „free“. „Wir waren ja noch gar nicht fertig, wir mussten nur kurz was absprechen“, so Mahall. Ein herrlich abgedrehtes, musikalisch beeindruckendes Konzert geht mit viel Swing und Beifall zu Ende.