Illusionistisch-konstruktive Arbeiten
In der Galerie im Backnanger Helferhaus wird am Sonntag die Ausstellung „Zeit der Quadrate“ von Hermann Heintschel (1931 bis 1998) eröffnet. Gezeigt werden Malerei und Druckgrafik. Gabriele Frik-Heintschel verwaltet das Lebenswerk ihres Mannes.
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© Alexander Becher
Vorabrundgang durch die Ausstellung mit Hermann Heintschels Witwe Gabriele Frik-Heintschel. Foto: A. Becher
Von Carmen Warstat
Backnang. Es sei nicht immer einfach, berichtet Gabriele Frik-Heintschel, die Witwe des 1998 völlig unerwartet verstorbenen Künstlers, sein Lebenswerk zu verwalten. Aber sie ist sehr nah dran an diesem Werk, hat sie doch fast alle Schaffensperioden ihres Mannes miterlebt, sein Arbeitsethos mitgetragen und auch viel bei ihm gelernt. Sachkundig spricht sie über dieses Werk, voller Hingabe und Emotionalität bringt Gabriele Frik-Heintschel es ihrem Gegenüber nahe und lässt so auch ein Bild von wesentlichen Zügen seines Schöpfers entstehen, der – sie bestätigt es – ein „Arbeitstier“ gewesen sein muss. 1931 in Böhmen geboren, wurde Hermann Heintschel 14-jährig ausgesiedelt und fand zunächst in Vaihingen an der Enz eine neue Heimat. Er absolvierte eine Ausbildung zum Werkzeugmacher und zog 1952 nach Stuttgart, wo er in diesem Beruf und später als freiberuflicher Konstrukteur arbeitete. Zwischen 1965 und 1967 zog es ihn für Studien nach Salzburg an die Internationale Sommerakademie der bildenden Künste – es sollte seine einzige Unterrichtung zu künstlerischen Themen bleiben, ansonsten war er zeit seines Lebens Autodidakt.
Fast ausschließlich bediente er sich eines geometrischen Formenvokabulars
Die Aufnahme in den Verband Bildender Künstler erfolgte 1967. Heintschel widmete sich nun seinen „Surface“-Objekten, begann parallel dazu mit dem Siebdruck und wandte sich später der Aquatinta-Farbradierung zu, einer Technik, die überaus arbeits- und zeitaufwendig ist, wie Gabriele Frik-Heintschel erläutert. Hautnah hat sie diese Zeit miterlebt und an vielen Arbeiten mitgewirkt. Spätestens mit der Werkgruppe „Zeit der Quadrate“ gelangte ihr Mann zur häufig als illusionistisch eingeordneten Darstellung der Räumlichkeit. Frik-Heintschel lacht und spricht von „Schubladen“ für die Experten. „Die brauche ich nicht“, sagt sie auch und ergänzt, dass Hermann Heintschel sich eher als Konstruktivist verstanden habe. In der Tat arbeitete der Künstler fast ausschließlich mit geometrischem Formenvokabular und verzichtete weitgehend auf Gegenständlichkeit. Auf diese Weise sei der Maler, häufig auch am Reißbrett arbeitend, seinen früheren Berufen treu geblieben, und natürlich hätten der Siebdruck und die Radierung sehr viel Handwerk in sich. In Backnang ist Hermann Heintschel den Kunstkennern kein Unbekannter: Bereits vor längerer Zeit schenkte die Witwe der Stadt eine von ihm selbst gebaute Presse für Radierungen.
Ausnahmen von seinem Verzicht auf das Gegenständliche gibt es: Mit „Chartres“ gelangen beeindruckend schlichte Darstellungen einer Kathedrale, und die collagierte Zeichnungsfolge „Horizonte“ (ab 1992) sowie die Werkgruppe „Triangulation“ (ab 1994) gesellen der allgegenwärtigen klaren Linie Handgeformtes zu: Striche, Bögen, Krümmungen auch, die nicht zu Kreisen oder Kreissegmenten werden und hier eine Hügellandschaft andeuten, ein Gewässer dort oder andere Naturobjekte, was immer der Betrachter darin sehen kann oder mag. Ebenfalls mit der „Triangulation“ wird die Abfolge der Arbeitsprozesse beim Radieren erhellt, noch einmal erläutert Gabriele Frik-Heintschel die Faszination, die mit den großen Mühen einherging. „Sorgfalt, Geduld, Präzision“ vorausgesetzt.
Ab 1997 gehörte Heintschels Interesse dem Renaissancemaler Jacopo Bellini, dem er großformatige Zeichnungen und Leinwandbilder („Hommage à Jacopo Bellini“) widmete. Die Vorlagen des italienischen Meisters zeigten noch Menschen, Hermann Heintschel aber ließ diese weg, wie seine Witwe erläutert, und machte „seine Version des Raumes“ daraus.
Unzählige Ausstellungen, Ausstellungsbeteiligungen und auch Auszeichnungen führten die Heintschels in die Kunsthallen der Republik und des Auslands. Gabriele Frik-Heintschel erinnert sich mit Begeisterung an die vielen Treffen mit anderen Künstlern und beispielsweise an eine gemeinsame Reise nach Portugal. Sie erzählt davon, wie sie die Arbeiten im Auto transportierten und improvisieren mussten. „Das Leben war toll“, schwärmt sie und weiß zugleich, welche schwere Last ihr Mann zu tragen hatte, denn die Tragödien der Flucht 1945 hatten ihn zutiefst geprägt.
Am Sonntag, 17. Oktober, um 11.30 Uhr wird die Ausstellung illusionistisch-konstruktiver Malerei und Druckgrafik mit einer Outdoor-Vernissage im Markgrafenhof eröffnet. Sie umfasst Werke aus 30 Jahren künstlerischen Schaffens (1968 bis 1998) von Hermann Heintschel . Die Witwe des Künstlers ist anwesend. Einführung: Ulrich Olpp.