Theaterfestival „Schöne Aussicht“
Internationale Gastspiele für jedes Alter
Zum Theaterfestival „Schöne Aussicht“ wurden die besten Stücke für ein junges Publikum eingeladen – zu erleben sind sie auch kostenlos mitten in Stuttgart und können nebenbei vielleicht ein wenig Trost spenden.
Von Adrienne Braun
Würde man die Menschen derzeit fragen, wie sie in die Zukunft blicken, würde ein Großteil vermutlich antworten: sorgenvoll. Das Morgen lässt sich nie vorhersagen, scheint sich im Moment aber besonders ungewiss anzufühlen. Ein Zustand, den das Junge Ensemble Stuttgart (JES) erleichtern will mit seinem Theaterfestival „Schöne Aussicht“. Vom 8. bis 15. Juni werden internationale Gastspiele gezeigt, die sich mit der Frage befassen „Wie gehst du mit Ungewissheit um?“
In der „Familie Grrr“ (12. Juni, 11 und 16 Uhr) scheinen die Wogen hochzugehen, in der Produktion der belgischen Compagnie hetpaleis stehen die Eltern kurz vor der Scheidung. Ihnen dabei zuzuschauen, könnte aber durchaus lehrreich und sogar humorvoll sein. Die JES-Intendantin Grete Pagan und Frederic Lilje, die die Stücke für ein junges Publikum ausgewählt haben, sind in Belgien besonders oft fündig geworden. „Grote Mensen“ der belgischen compagnie barbarie etwa ist eine absurde Horrorkomödie über Erwachsene, die vergeblich versuchen, ihr Leben in Ordnung zu halten.
Die Sprache soll keine Hürde darstellen
Dass Belgien und die Schweiz stärker vertreten sind bei der „Schönen Aussicht“, liege auch daran, dass manche Länder nicht „Kultur und speziell Kinder- und Jugendkultur“ förderten, sagt Grete Pagan, „das bedeutet aber nicht, dass dort keine tolle und relevante Kunst entsteht.“ Mehr als 200 Einreichungen sind beim Jungen Ensemble eingetrudelt, was die Bedeutung des Stuttgarter Festivals in der internationalen Theaterlandschaft zeigt. Bei der Auswahl habe man besonders auf eine „Vielfalt in den Theatersprachen“ geachtet, sagt Grete Pagan – schließlich wolle man dem Stuttgarter Theaterpublikum die Gelegenheit geben, „Ästhetiken, inhaltliche Perspektive und Formsprachen aus anderen Ländern“ kennenzulernen, so Frederic Lilje.
Dass Sprache dabei keine Hürde darstellen darf, versteht sich im JES von selbst, das inzwischen seine eigenen Produktionen und auch die offizielle Eröffnung am Samstag um 16 Uhr in Gebärdensprache übersetzt. Bei „Songs for no one“, einem dokumentarischen Stück über Jugend im Iran, wird zwar Farsi gesprochen, aber werden auch deutsche und englische Übertitel ergänzt.
Tanz und Akrobatik auf dem Marienplatz – kostenlos
Auf dem Programm stehen Stücke für alle Altersgruppen, also auch schon für Zweijährige. Die Londoner Compagnie Mimbre spricht mit „Lifted“ dagegen alle gleichermaßen an – die Mischung aus Tanz und Akrobatik wird kostenlos in der Stadt gezeigt: am Samstag um 12 und 15 Uhr auf dem Marienplatz und am Sonntag um 12 und 15 Uhr im Spielhaus im Unteren Schlossgarten. „Liftet“ thematisiert ganz konkret Unsicherheit – und wacklige Positionen, wenn eine Person zwei Personen trägt oder man um das perfekte Gleichgewicht von Körpern ringt.
„Schöne Aussicht“ ist auch eine Art Branchentreff der Kinder- und Jugendtheater aus Baden-Württemberg, die ebenfalls Stücke für alle Altersstufen zeigen. Gespielt wird in den verschiedenen Bühnen unterm Tagblatt-Turm, wie auch in der Rampe und der Grundschule Ostheim.
Das Programm gibt es unter www.jes-stuttgart.de.