Konzert in der Stiftskirche mit „The Gregorian Voices“
Ein Kyrie, mehrere Ave Maria und ein Laudate Dominum waren in der Backnanger Stiftskirche zu hören bei einer Aufführung von „The Gregorian Voices“ aus der Ukraine.
Von Miklós Vajna
Backnang. Acht studierte männliche Sänger aus Lemberg und Umgebung bereisen mit ihrem Programm – gregorianische Liturgiegesänge und Choräle sowie russisch-orthodoxe Kirchenmusik einerseits, neu für Gesangsensemble arrangierte Popklassiker andererseits – ganz Deutschland und haben im Jahr etwa 300 Auftritte.
Die Backnanger Stiftskirche ist am Samstagabend gut besucht, auch die Empore wird genutzt. Ein violettes Licht beleuchtet den Altarraum und erzeugt eine mittelalterliche Klosteratmosphäre. Nach der Begrüßung und einem Spendenaufruf für die Ukraine durch den Tourmanager schreiten „The Gregorian Voices“, authentisch in braune Mönchskutten gekleidet und mit Kerzen in der Hand, singend durch den Mittelgang. Nicht so ganz authentisch ist die fehlende Tonsur, nur bei zwei Mitgliedern ist sie naturgegeben vorhanden, die anderen Köpfe tragen moderne Frisuren.
Erste Stücke ohne Dirigat und ohne Applausunterbrechung
Der erste musikalische Block ist von meditativen gregorianischen Liturgiegesängen geprägt, im Wechsel einstimmig und mehrstimmig vorgetragen, bereichert durch Soloeinlagen. Die schlüssig aufeinander folgenden Stücke mit meist besinnlichem Charakter sind ohne Dirigat und werden nicht durch Applaus unterbrochen.
Die nächsten Vorträge sind länger, bewegter und differenzierter und lassen den nötigen und gerne gespendeten Beifall zu. Sie sind im russisch-orthodoxen Bereich anzusiedeln, es gibt ein Kyrie, mehrere Ave Maria und ein sehr bewegtes Laudate Dominum. Dieses ist leider für die Akustik der Stiftskirche im Tempo zu schnell und im Klang zu viel: Die vielfältigen Klänge und das starke Nachhallen erzeugen Unklarheiten, die musikalischen Ereignisse lassen sich nicht mehr nachvollziehen.
Im zweiten Teil mit bekannten Stücken aus dem Rock-, Pop- und Soulbereich – differenziert und abwechslungsreich im russisch-orthodoxen Stil bearbeitet mit zum Teil ergreifenden Harmonien und Jazzharmonien – erklingen „Halleluja“ (Leonard Cohen), „Sound of Silence“ (Simon&Garfunkel), „My Way“ (Francois), „You Raise Me Up“ (Lövland) mit einem sehr schönen, zu Herzen gehenden Sologesang und zum Abschluss „Sailing“ (Sutherland).
„The Gregorian Voices“, in der 1000 Jahre alten Chortradition der Ukraine wurzelnd, sind geprägt von der osteuropäisch-orthodoxen Musik. Sie singen a cappella mit überragender Intonation und Abstimmung. Leider war da der kurze Einsatz einer Melodica, klanglich und wegen der nicht optimal passenden Intonation des Instruments störend. Die Stimmen sind kraftvoll, prägnant und obertonreich und erfüllen mit Leichtigkeit den Klangraum der Kirche.
Klangergebnis in den Fortissimostellen ist überwältigend
Im Unisono entstehen weite Räume, in der komplexen Mehrstimmigkeit eine klangfarbenreiche Vielfalt. Neben dem fülligen Wohlklang in den opulenten Bearbeitungen ist das Klangergebnis in den Fortissimostellen durch den „Stahl in der Stimme“ überwältigend und schier ohrenbetäubend. Die gekonnt und spannungsvoll vorgetragenen Werke erreichten durch die Präzision und adäquate emotionale und musikalische Umsetzung die begeisterten Zuhörer.
Der Beifall der Stiftskirchenbesucher steigerte sich im Verlauf und war gegen Ende des Konzerts enthusiastisch, mit Standing Ovations und Bravorufen. Als Zugabe erklangen einstimmig gesungen „Thank You for the Music“ (Abba) und zum Abschluss ein gesungenes Gebet für die Ukraine.