Zentrum für Kulturelle Teilhabe mit neuem Großprojekt

Kunstministerin Olschowski in der Diversity-Offensive

In Berlin sollen Kulturschaffende eine Antidiskriminierungsklausel unterschreiben – Baden-Württembergs Kunstministerin Petra Olschowski (Grüne) setzt lieber auf Teilhabe als Motor für Kultur und Gesellschaft.

Petra Olschowski (Grüne) ist Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg

© mwk/Lena Lux

Petra Olschowski (Grüne) ist Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg

Von Nikolai B. Forstbauer

Die Kulturszene in Deutschland führt aktuell heftige Debatten. Auslöser ist eine Antidiskriminierungsklausel, die der Berliner Kultursenat eingeführt hat. Wer sich um Fördergelder des Kultursenats bewirbt, muss diese unterschreiben und sich so zu einer vielfältigen Gesellschaft und gegen jede Form von Antisemitismus gemäß der Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance und ihrer Erweiterung durch die Bundesregierung bekennen. Weiter erklären die Antragssteller, sicherzustellen, dass die Fördergelder an keine Vereinigungen fließen, die als extremistisch oder terroristisch eingestuft werden.

Darf man Kunst auf diese Weise regeln wollen? Baden-Württemberg überrascht mit einer pragmatischen und zugleich zukunftsweisenden Antwort: Seit zwei Jahren gibt es ein Zentrum für Kulturelle Teilhabe Baden-Württemberg. Damit, heißt es offiziell, „steht den Kultureinrichtungen sowie Kulturakteurinnen und -akteuren des Landes seine zentrale Anlaufstelle zur Verfügung, die dazu beiträgt, die Vermittlungsarbeit weiter zu verbessern und Kunst und Kultur zu den Menschen zu bringen“. An diesem Donnerstag, 18. Januar, geht das Zentrum über die bisherigen Förderprogramme hinaus in die Offensive: Gestartet wird das „bundesweit erstes Diversity Audit im Kulturbetrieb“ – und es geht um große Fragen für die Kultureinrichtungen im Land. „Wie wird die Vielfalt unserer Gesellschaft bei uns abgebildet? Wie verstehen wir Vielfalt, wie beziehen wir sie ein und fördern sie?“.

Ministerin Olschowski: „Von größter Relevanz“

Petra Olschowski (Grüne), Baden-Württembergs Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, sieht das Großprojekt als weiteren konsequenten Schritt auf dem von ihr bereits als Staatssekretärin initiierten Weg zu mehr Teilhabe. Mit ernstem Hintergrund. „Die Arbeit des Zentrums für Kulturelle Teilhabe ist von größter Relevanz“, sagt Olschowski. „Gegenwärtig“, so die Ministerin weiter, „werden hitzige Debatten darüber geführt, wie in Kunst und Kultur mit unterschiedlichen Formen von Diskriminierung umgegangen wird. Ich bin sehr froh, dass wir mit dem Zentrum eine vom Land getragene Einrichtung haben, die sich mit einer durch und durch demokratischen Haltung gegen jede Form von Ausgrenzung und für mehr Kulturelle Teilhabe stark macht. Für Rassismus, Antisemitismus, Queerfeindlichkeit und andere Diskriminierungsformen soll in Baden-Württemberg kein Platz sein“.

Statt einer Verordnung wie in Berlin also eine ständige Befragung und immer stärkere Verankerung der Idee der Teilhabe als Mittel gegen jedwede Diskriminierung? Birte Werner, Leiterin des Zentrums für Kulturelle Teilhabe, sagt hierzu: „Ob Inklusion, Partizipation oder Mitsprache von Kindern und Jugendlichen: In enger Partnerschaft mit den Geförderten stellt das Zentrum die Weichen für mehr Kulturelle Teilhabe und unterstützt dies durch passende Beratungs- und Förderangebote und entsprechende Vorhaben.“ Die Bestandsaufnahme realer Vielfalt als neuer Schritt verlangt Partner – zuvorderst ist dies der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Er bietet das Diversity Audite für die Hochschulen im Land sowie in anderen Bundesländern bereits an.

Neue Zugänge eröffnen und sichern

2,4 Millionen Euro jährlich stehen für das Zentrum für Kulturelle Teilhabe als Einrichtung für Beratung, Vernetzung und Förderung zur Verfügung. Zentrales Programm bisher ist „Weiterkommen!“ – es geht darum, „Strukturen in Kultureinrichtungen weiterzuentwickeln, Barrieren zu senken und Zugänge zu schaffen – und zwar auf Dauer“. 115 Vorhaben wurden oder werden gefördert – mit der Konsequenz zugleich, dass kleinere Kultureinrichtungen im gerne beschworenen ländlichen Raum organisatorischen und finanziellen Rückenwind für neue Projektimpulse bekommen. Das Zentrum für Kulturelle Teilhabe, Ergebnis auch des 2018 landesweit initiierten Forums „Dialog | Kulturpolitik für die Zukunft“, erweist sich mehr und mehr als Absicherung neuer Zugänge zu Kunst und Kultur. Da ist der Schritt in eine Bestandsaufnahme der Vielfalt, ist das Diversity Audite, nur konsequent.

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Erstellt:
18. Januar 2024, 07:12 Uhr

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