Manegenzauber beim Sommerpalast-Varieté in Murrhardt
Anmut, Körperkraft, Koordination und Witz: All das gibt es am Samstagabend im Zirkuszelt des Murrhardter Sommerpalasts. Von Jonglage über Trapezkunst bis zu Handstandskunst ist den Zuschauerinnen und Zuschauer beim Varieté so einiges geboten.
Von Heidrun Gehrke
Murrhardt. Anmutige Hand-auf-Hand-Akrobatik bereitete den Auftakt zu einer begeisternden Vorstellung beim Murrhardter Sommerpalast am Samstagabend. Mehr als 300 staunende Besucher haben sich vom Manegenzauber anstecken lassen. „One apple a day“ – wenn an der Redewendung, wonach ein Apfel täglich den Arztbesuch entbehrlich macht, etwas dran ist, macht Max mit seiner Apfel-Jonglage gleich drei Ärzte arbeitslos: Er jongliert mit drei Äpfeln, die er während der eingebauten Wurftricks immer wieder in den Mund steckt und schneller verputzt hat als die aus dem Publikum auserkorene Assistentin und Wettapfelesserin Daniela. Sie schafft nicht mal einen, was die Leistung der Kau- und Schluckmuskeln von Max noch mehr unterstreicht. Hier bekommt der Begriff „lockeres Mundwerk“ eine ganz neue Bedeutung.
Die Stand-up-Comedians Benno und Max aus Berlin sagen ihre „Challenges“ jeweils selbst an, die sie dann mit Schmiss und amüsanten Plaudereien annehmen und kommentieren. Unfassbar synchron lassen sie Gummibälle in einer „Flummi-Performance“ zwischen Klappmöbeln springen und fackeln ein gemeinsames Feuerwerk der Diabolokunst ab – schließlich sind sie sogar Diaboloweltmeister. Das Publikum jubelt, als das Jo-Jo in ihren Profihänden sportlich und zackig durch die Luft wirbelt.
Mischung aus Muskelkraft, tänzerischem Ausdruck und Ballettelementen
Wenig später schwebt die Trapezkünstlerin Laya Lia Yo durch die Lüfte: Kunstvoll klettert sie an dem beweglichen Turngerät in die Höhe, biegt ihren Körper auf und an der Stange und den Seilen in ästhetische Posen. Fünf junge Talente haben auf der applausumringten Bühne ihr Können gezeigt. Mit einer Mischung aus Muskelkraft, tänzerischem Ausdruck, Elementen aus Ballett und Sportakrobatik sowie einem überaus stimmungsvollen Lichtdesign schaffen sie einen gelungenen Sommerpalast-Samstagabend. Hinter ihren scheinbar mühelosen Bewegungen, die perfekt auf die Musik abgestimmt das Zuschauen zu einem Genuss für alle Sinne machen, stecken jahrelange Disziplin und Training. Ihre Fähigkeiten haben sie an der Artistenschule Berlin erworben.
Moderator Johannes Warth kündigt Sina Kiekbusch an als eine Künstlerin, die bereits im Alter von zehn Jahren ihren Weg auf die Varieté- und Zirkusbühnen eingeschlagen hat. An der Artistenschule habe sie sich auf die Handstandskunst fokussiert, um „die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen“. Einen Perspektivwechsel beschert ihr träumerischer Tanz auf den Händen denn auch dem Publikum, als sie anmutig ihre durchgestreckten Beine in einen Luftspagat dreht und sich elegant um die eigene Achse in wechselnde Posen verbiegt. Staunende Blicke folgen ihren langsamen, meditativen Bewegungen, mit denen sie ihr Eigengewicht auf Händen in eine Pose hievt, bei der sie die Schwerkraft auszuhebeln scheint. Dazu lächelt sie am Schluss in die Sitzreihen, mit einem entspannten Gesichtsausdruck, so als habe sie sich nur mal eben gestreckt. Im zweiten Teil vereint sie Kraft und Körperspannung in einer ästhetischen Choreografie am Cyr Wheel – einer Form des Rhönrads.
Eine Mischung aus Kletteräffchen und Gummipuppe
Immer wieder brandet Applaus auf für die atemberaubenden Glanzleistungen und verträumten Kunststücke an den unterschiedlichsten Requisiten und Geräten. Beim Mastakrobaten Oskar Skrypko beeindruckt das hohe Maß an Kraft und Beweglichkeit, mit der er wie eine Mischung aus Kletteräffchen und Gummipuppe an einem senkrechten Mast herumtobt.
Johannes Warth sorgt munter plaudernd, mit Wortspielen für den roten Faden und hat selbst ein paar Tricks drauf. So vermittelt er unter Hinzunahme „mathematischer Berechnungen“ dem Publikum „unendliche Chinesischkenntnisse“ und bricht vorsätzlich einen kleinen Eklat im Zirkusrund vom Zaun, als er die Zuschauer in Gruppen einteilt und sie auf gut Schwäbisch anleitet, verbal aufeinander loszugehen – natürlich ohne ernst gemeinte Streitlust, sondern mit Happy End und der Lust daran, „die Dinge immer wieder neu in Bewegung zu bringen“. Dasselbe sagt er auch über die Artisten, die bewegende Momente unter der Zirkuskuppel geboten haben.