Architekturpreis DIVIA
Marta Maccaglia erhält neuen Architekturpreis für Frauen
Architektinnen und ihre Arbeiten sollen mit dem DIVIA Award stärker sichtbar werden. Diese inspirierenden Arbeiten hat die Siegerin in Peru geplant.

© DIVIA AWARD/ELEAZAR CUADROS
Kindergarten Alto Anapati in Peru – auch für dieses Bauprojekt wird Marta Maccaglia ausgezeichnet.
Von Nicole Golombek
Marta Maccaglia ist die erste Gewinnerin des neuen Architekturpreises Diversity in Architecture (Divia) Award. Die italienische Innenarchitektin und Ausstellungsdesignerin erhält die mit 20 000 Euro dotierte Auszeichnung unter anderem für Bildungsbauten im peruanischen Amazonasgebiet.
Arbeit von Architektinnen sichtbar machen
Maccaglia (Jahrgang 1983) kam nach ihrem Studium im Rahmen eines Programms der italienischen Regierung nach Peru und wollte dort ursprünglich als Erzieherin arbeiten. Vor Ort fand sie jedoch eine verfallene Kindertagesstätte vor. Sie entschied sich zu bleiben und baute mit einer lokalen Nichtregierungsorganisation das Gebäude wieder auf. Sie gründete 2014 den gemeinnützigen Verein Semillas, zu Deutsch „Samen“, dessen Mitglieder setzen sich für den Zugang zu Bildung und für öffentliche Infrastruktur dort ein, wo sie längst nicht selbstverständlich ist.
Das heute interdisziplinäre Team aus nationalen und internationalen Fachleuten – darunter Architektinnen und Architekten, Spezialisten für kooperative Projekte, Bauherren und Handwerker – hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Schulen und öffentliche Einrichtungen im peruanischen Regenwald gebaut, insgesamt dreizehn Projekte. Maccaglia hat in ihren mehr als zehn Jahren Arbeit in Peru die Gebiete, Kulturen und Architekturen des Landes erforscht und lehrt seit 2015 zudem an der Universidad de Ciencias y Artes de América Latina.
Der Preis hat das Ziel, in einem ersten Schritt die Arbeit von Architektinnen stärker ins Licht der Öffentlichkeit rücken. Der Award ist der Diversität in der Architektur geschuldet und kann zukünftig auch anderen wenig anerkannten Gruppen gewidmet sein. Initiiert wurde diese Auszeichnung, die alle zwei Jahre vergeben werden soll, von den Architektinnen und Expertinnen für Diversität Ursula Schwitalla und Christiane Fath. Von 27 Nominierten hatten es fünf Architektinnen ins Finale geschafft: May al-Ibrashy (Ägypten), Noella Nibakuze (Ruanda), Tosin Oshinowo (Nigeria) sowie Katherine Clarke und Liza Fior (England).
Fünf Finalistinnen für den Preis
Info
BuchZu dem DIVIA Preis über inspirierende Architektinnen erscheint auch ein Buch: „Divia award 2023“, herausgegeben von Ursula Schwitalla und Christiane Fath, Diversity in Architecture e.V. Verlag Hatje Cantz, 92 Seiten, 160 Illustrationen, 30 Euro.
AusstellungDie Arbeiten der fünf Finalistinnen sind noch bis zum 14. Mai in einer Ausstellung im ANCB The Aedes Metropolitan Laboratory (Christinenstraße 18–19) in Berlin zu sehen.
BiennaleIn der Eröffnungswoche der 18. Architektur Biennale wird die DIVIA Preisträgerin mit einem Empfang im Palazzo Contarini Polignac am 19. Mai gefeiert.

© Eleazar Cuadros/DIVIA
Gewinnerin des DIVIA Awards 2023 ist die 1983 geborene Italienerin Marta Maccaglia.

© Eleazar Cuadros/ELEAZAR CUADROS
Kindergarten Alto Anapati in Peru – ausgezeichnet wurde die Siegerin unter anderem für diese Bauten.

© Eleazar Cuadros/Divia
Die Jury war beeindruckt davon, dass Maccaglia in ihrer Arbeit die kulturelle Relevanz eines Ortes betont und in allen Phasen des Projektes die Stimmen der einheimischen indigenen Gemeinschaften berücksichtigt. Kooperative Arbeit wird als der einzige Weg gesehen, um ein starkes Fundament für ein gesellschaftliches Miteinander zu schaffen.

© Eleazar Cuadros/ELEAZAR CUADROS
Alto Anapati. „Wir haben Marta Maccaglia als Preisträgerin ausgewählt, weil wir von der Beständigkeit ihrer architektonischen Haltung bei ihren Projekten beeindruckt waren, die von kleinen bis hin zu großen Projekten reicht, wobei jedes Projekt auch die lokale Kultur und die Besonderheiten des Ortes widerspiegelt“ – so lautet die Jurybegründung.

© Spark Creative/EJIONUEME NGOZI
Ebenfalls nominiert war Tosin Oshinowo (Jahrgang 1980) aus Nigeria. Nach ihrer Ausbildung im Vereinigten Königreich und mehrjähriger Berufserfahrung in verschiedenen Architekturbüros in Europa und Afrika kehrte die Architektin 2009 nach Lagos zurück. Im Jahr 2012 gründete Tosin Oshinowo das Architekturbüro cmDesign Atelier.

© Ngarannam Village © UNDP and Tolulope Sanusi
Zu den bekanntesten Projekten von Tosin Oshinowo gehören die Maryland Mall in Lagos sowie das UNDP-Wiederaufbauprojekt des Ngarannam Dorfes. Der Ort im Nordosten Nigerias wurde 2015 von der Terrororganisation Boko Haram zerstört und dessen Bevölkerung vertrieben. Tosin Oshinowo möchte mit ihren Bauten die „authentische afrikanische Bauweise“, den Afro-Minimalismus, in der Vordergrund bringen

© Athar Lina
May al-Ibrashy (Jahrgang 1969) aus Ägypten war nominiert für ihre Arbeit im Bereich der Erhaltung des kulturellen Erbes im Historischen Kairo. Die Architekturhistorikerin gründete Ende 2011 Megawra, ein gemeinnütziges Architekturbüro, das in Partnerschaft mit einer lokalen Kultur- und Stadtentwicklungsorganisation geführt wird. Sie sehen das kulturelle Erbe als einen der Hauptfaktoren für gesellschaftlichen Fortschritt und setzen sich im Sinne der Gemeinschaft in partizipatorischen Projekten für das architektonische Erbe der Kairoer Altstadt ein.

© DIVIA
Konservierung und Restaurierung des al-Imam al-Shafi’i Mausoleums, Luftaufnahme. Die Architektin und ihre Mitstreiter sehen das kulturelle Erbe als einen der Hauptfaktoren für gesellschaftlichen Fortschritt und setzen sich im Sinne der Gemeinschaft in partizipatorischen Projekten für das architektonische Erbe der Kairoer Altstadt ein.

© Roger Biziyaremye
Finalistin Noella Nibakuze (Jahrgang 1985), zog nach ihrem Architekturstudium in Südafrika 2012 in ihr Heimatland Ruanda zurück und gehörte so zur Gruppe der ersten fünfzig staatlich geprüften Architektinnen in Ruanda. Heute arbeitet Noella Nibakuze als Design Director im Kigali-Büro der MASS Design Group. Als solche agierte sie als Projektleiterin des 1400 Hektar großen Instituts für „Conservation Agriculture“ – Rwanda Institute für Conservation Agriculture (RICA).

© DIVIA/Iwan Baan
Landwirtschaftsinstitut, Ruanda. Mit ihrer Arbeit möchte Noella Nibakuze die Nutzung lokaler Materialien und Arbeitskräfte fördern und konzentriert sich dabei auf architektonische Gestaltung, Bauverwaltung, Gebäudetechnik und Nachhaltigkeit. Außerdem ist es ihr ein Anliegen, junge und ehrgeizige Frauen zu ermutigen, eine Karriere in den Bereichen MINT und Design einzuschlagen. Zusätzlich fungiert sie als Mentorin für Architekturstudierende und junge Berufstätige.

© DIVIA/© muf
Nominiert waren außerdem Katherine Clarke und Liza Fior von muf architecture/art, ein internationales, transdisziplinäres Architekturbüro, das 1995 in London gegründet wurde. Die Gründungspartnerinnen Katherine Clarke (Jahrgang 1961) und Liza Fior (Jahrgang 1962) widmen sich in ihrer Arbeit dem öffentlichen Raum.

© muf/Jason Lowe
Barking Town Square. Jedes Projekt von Katherine Clarke und Liza Fior ist ein Bestandteil eines komplexen Netzwerks im räumlichen, wirtschaftlichen und sozialen Gewebe. Ihre Projekte reichen von städtebaulichen Entwürfen bis zu kleinen temporären Interventionen in Landschaften und Gebäuden