Musikalische Träumereien mit Salut Salon in Backnang
Das Ensemble Salut Salon brennt im restlos ausverkauften Backnanger Bürgerhaus ein furioses musikalisches Feuerwerk ab. Die drei Frauen bieten dem Publikum an Geige und Piano eine hoch virtuose Performance jenseits von Genregrenzen.
Von Thomas Roth
Backnang. Seit rund zwei Jahrzehnten sind die Musikerinnen von Salut Salon an der Seite von Angelika Bachmann mit ihren Programmen sehr erfolgreich unterwegs. Bachmann ist eine ausgesprochen virtuose Violinistin und für die meisten der dargebotenen Arrangements oft bekannter Stücke verantwortlich. Apropos Arrangement: Wenn ein solches für vier Musiker geschrieben wurde und, wie jetzt im Backnanger Bürgerhaus, die Cellistin Maria Well krankheitsbedingt verhindert ist, muss hurtig umarrangiert oder – im schlechten Fall – das Konzert abgesagt werden. Letzteres Szenario widerspricht offensichtlich der Mentalität dieser Musikerinnen, die man getrost als Powerfrauen bezeichnen darf. Und so haben sich die verbliebenen drei Damen innerhalb eines Tages ans Werk gemacht – mit dem Ergebnis, dass die Geigerin Meta Hüper und die estnische Pianistin Kristiina Rokashevich an der Seite Bachmanns im Backnanger Bürgerhaus ein furioses musikalisches Feuerwerk abbrannten.
Trotz geänderter Arrangements ein erfolgreiches Konzert gespielt
Und das voller Energie, voller Humor, mit feinem Gesang und wildem Hexengekreisch, mit Glockenspiel und Sounds von einem mit dem Geigenbogen gestrichenen Metallband, mit Zugflöte und natürlich mit Oskar, der Puppe an der Hand Hüpers, ebenfalls am Glockenspiel. Um es vorweg zu nehmen: Die in Rekordzeit geänderten Arrangements haben prächtig funktioniert. „Das war unser Ziel und wir haben es wohl ganz gut gemacht“, so Bachmann nach dem Konzert. Mit Piazzollas „Libertango“ eröffnet das Trio seinen Konzertabend und auch der zweite Teil beginnt mit Piazzolla, hier mit der eher ruhigen „Romance del Diablo“. Andere bekannte Stücke wie Vivaldis „La Notte“, das traditionelle Lied „Ich hab die Nacht geträumet“ oder Schumanns „Träumerei“ servieren die Musikerinnen in ähnlich abwechslungsreichen und musikalisch anspruchsvollen Arrangements. Ein cleverer Ansatz: Man kennt das Stück schon, die Tür ist also bereits offen, und erlebt dabei dennoch Neues, Überraschendes. Bei „Die erste Walpurgisnacht“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, einem Höhepunkt des Konzerts, hört man sofort mal wieder dessen kompositorische Extraklasse und gerade auch hier die musikalische und technische Klasse der Protagonistinnen.
Neben Musik bieten Bachmann, Hüper und Rokashevich humorvolles Entertainment
Sind Hexen ausschließlich weiblich? Oder doch divers? Bei Salut Salon werden gern Fragen dieser Art gestellt, sehr zur Belustigung des Publikums. Neben Musik bieten Bachmann, Hüper und Rokashevich humorvolles Entertainment, das meiste einstudiert, manches aber auch spontan. So kann sich beispielsweise Angelika Bachmann mit dem Namen Backnang nicht so recht anfreunden. „Backnang gibt doch ästhetisch keinen Sinn, es müsste doch ‚Backnak‘ heißen.“ Und besonders Hexen haben es den Musikerinnen angetan. Meta Hüper rezitiert lustvoll und mit schrillem Hexenlachen aus Shakespeares „Macbeth“. Auch Goethes „Hexeneinmaleins“ mit Musik von Franz Wittenbrink steht auf dem Programm: „Du musst versteh’n! Aus Eins mach Zehn, und Zwei lass geh’n und Drei mach gleich, so bist du reich, verlier die Vier, aus Fünf und Sechs, so sagt die Hex’, mach Sieben und Acht, so ist’s vollbracht, und Neun ist keins und Zehn ist Eins, das ist das Hexeneinmaleins.“ Wie schön, diese Worte mal wieder zu hören. „Hedwig’s Theme“ von John Williams, garniert mit Bachmann-Variationen, und ein jiddisches Lied („Son“) präsentieren Salut Salon neben anderen an diesem Abend – und auch eine Hommage an den 2011 verstorbenen, österreichischen Liedermacher, Poeten und Schauspieler Ludwig Hirsch hat es ins Programm geschafft. Meta Hüper singt dessen bekanntesten Song „Komm, großer, schwarzer Vogel“ in einem Arrangement von Franz Wittenbrink, wenn auch, wie sie vorab sagte, etwas norddeutsch gefärbt, in sehr anrührender, überzeugender Art und Weise. Welch schöne Geste.
Neben vielen Momenten voller Humor, manchmal an der Grenze des Klamauks, immer aber mit einer gehörigen Portion Selbstironie, neben skurrilen Wort- und Klangkaskaden und lieblichen Melodien spürt man bei Salut Salon doch immer eine stets präsente Urgewalt an Temperament, die jederzeit losbrechen kann, sei es in Form von Hexengeschrei oder eben in Form des reinen Musizierens: Einerseits sind da pianistische Klangperlen im Stile Chopins oder Franz Liszts. Auch dabei sind furiose Geigenparts mit allem, was der Liebhaber dieser Musik schätzt: Flageolettmelodien, Doppelgriffe, Glissandi, Pizzicati, Springbögen, Arpeggien und Hochgeschwindigkeitsläufe, sodass die Geigenbögen Haare lassen. Und aber eben auch als anrührende Zugabe ein Wiegenlied des georgischen Komponisten Sulchan Zinzadse mit dem Titel „Nana“: Ein Lied über eine Mutter, die davon träumt, mit ihrem Kind wieder in die Heimat zurückkehren zu können.