Paradoxe Lösungen von anfangs kleinen Problemen

Kabarettist Rüdiger Hoffmann präsentiert sein Programm „Alles mega“ in der Gruschtelkammer Auenwald und ist dabei wie immer richtig gut drauf – und am Ende singt das Publikum in der Auenwaldhalle mit. Themen wie Partnerschaft, Power-Diät, Pärchenclub oder Pubertät beleuchtet er auf seine einzigartige Weise.

Sein „Ja, hallo erst mal, ich weiß gar nicht, ob Sie’s schon wussten“ ist Kult. Rüdiger Hoffmann spielt mit der Langsamkeit, seine Pointen zünden. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Sein „Ja, hallo erst mal, ich weiß gar nicht, ob Sie’s schon wussten“ ist Kult. Rüdiger Hoffmann spielt mit der Langsamkeit, seine Pointen zünden. Foto: A. Becher

Von Klaus J. Loderer

Auenwald. „Ich weiß gar nicht, ob Sie’s wussten?“ Das ist das sprachliche Markenzeichen des Kabarettisten Rüdiger Hoffman, mit dem er üblicherweise seine Gedanken einleitet. In der Auenwaldhalle sorgt das schon für die ersten Kicherer. Gruschtelkammer-Vorsitzender Charley Graf begrüßte Hoffmann am Donnerstag denn auch als Megastar des Kabaretts. Mit seinem trockenen Humor gewann Rüdiger Hoffmann das Publikum schnell für sich.

Er hat schon eine besondere Art, Geschichten aus dem Alltag zu erzählen. Die Banalitäten des Alltags können bei ihm wie enorme Katastrophen wirken. Es ist die Perspektive des scheinbar Unbedarften, der aus alltäglichen Sachen Pointen formt. Er gibt den Naiven, der kein Wässerchen trüben kann, und zeugt doch von erstaunlichem Raffinement, wenn es darum geht, aus ungewöhnlichen Situationen finanziellen Gewinn zu schlagen.

Lukrative Geschäfteeines scheinbar Unbedarften

Das geschieht etwa in der Geschichte über die Vermietung von Kellerräumen. Hoffmann erzählt dies aus der Perspektive eines sich für wohltätig haltenden Menschen, der etwas gegen Wohnungsnot tun will. Dazu sollen Sauna und Heizungsraum dienen, die als Wellnessloft und Themenzimmer Route 66 ausgeschrieben werden. Letztlich bleiben die Räume dann doch unvermietet, weil sich herausstellt, dass mit der Bewirtung der auf die Wohnungsbesichtigung Wartenden viel mehr Geld zu verdienen ist als mit der Miete. Mit vielen Nebensträngen und Nebenpointen kommt Rüdiger Hoffmann auf immer paradoxere Lösungen anfangs ganz kleiner Probleme. Dazu muss man sich einen bedächtigen, fast verschlafen wirkenden Sprechstil vorstellen, der so wirken soll, als würde die Zunge nur stolpernd den ohnehin schon langsamen Gedankengängen hinterherkommen. Überhaupt mimt Hoffmann einen schlicht begabten Menschen, der sich nur für Fußball, Autorennen und Bier interessiert. Zur Spitze treibt er dieses Wesen in der Geschichte, wie er und seine Bekannte ihr erotisches Leben reaktivieren möchten. Beim Besuch eines Swingerclubs sind für ihn nur das Bier und der Flachbildschirm interessant und ihm wird wohl nie klar, von welcher Art Sandwich seine Freundin hinterher schwärmt.

„Alles mega“ ist der Titel des aktuellen Programms. Das einleitende „Ich bin auch richtig gut drauf“ klingt bei Hoffmann allerdings eher deprimierend – aber das gehört zur Show. „Endlich wieder vor richtigen Menschen spielen“, dieses Aufatmen nahm man ihm allerdings nach der kulturellen Durststrecke der letzten beiden Jahre sofort ab. Die menschliche Staffage seiner Alltagsgeschichten bilden seine Bekannte, wie er seine Ehefrau üblicherweise nennt, und sein heranwachsender Sohn. So erzählt er, wie er seiner Bekannten etwas Gutes tun wollte, was aber ordentlich danebenging. Das Leben dieses Menschen kreist um ihn selbst. Die einfach so unterstellte Annahme, dass dies den Mitmenschen auch gefällt, bildet die Basis der Pointen. So staunt und grinst das Publikum über dieses introvertierte und stoisch egoistische Wesen.

Zu den Alltagsdingen, die Rüdiger Hoffmann aufs Korn nimmt, gehört auch das Abnehmen. Es ist die wohl beleibtere Bekannte, die das erfolglos probiert. Wir hören von gescheiterten Versuchen, Gewicht zu verlieren. Obwohl er als Partner eifrig mithilft, indem er besondere Delikatessen vor ihren Augen genießt. Weder Low Carb noch die Kohlsuppendiät funktionierten wirklich. Es wirkt einzig die Manni-Diät, also der Besuch von Mannis Imbissstand mit heftigen Folgen für die Verdauung. Die Winde seiner Bekannten ziehen sich wie ein roter Faden durch das Programm. Diese sorgen für einen aufblähenden Gummianzug bei einer Fetischparty. Interessanterweise passieren die peinlichen Dinge immer ihr – etwa Abführmittel vor einem Musicalbesuch zu nehmen. Er scheint sich eher durch das Leben zu mogeln. So erleben wir das Universum eines Menschen, der den ökologischen Fußabdruck reduziert, indem beim Familienurlaub er allein auf die Malediven reist. Überhaupt dürfen das mit der Nachhaltigkeit in diesem Haushalt allein Bekannte und Sohn ausbaden. Durch Pärchenurlaub mit Splattershowdown zur Behebung der Beziehungskrise kichert sich das Publikum ebenso wie durch die Pubertät des Sprösslings. Böse parodiert Rüdiger Hoffmann Stimmbruch und Zahnspange.

Immer wieder streut Rüdiger Hoffmann einen Song ein. Darin wird sein hintergründiger Humor noch deutlicher. Harmlos beginnend, kumulieren seine Songs in spitzen Pointen. Da bastelt er aus bekannten spanischen Wörtern einen Song zusammen, der eigentlich gar keinen Inhalt hat, und doch witzig wirkt. Mit dem Finalsong „Alles mega“ schließt sich schließlich der Kreis zum Titel des Programms. „Alles mega“, singt der ganz Saal schließlich mit.

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Erstellt:
12. März 2022, 16:00 Uhr

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