Jubiläum am 8. Juli: 15 Jahre Musée Würth
„Reinhold Würth schätzt Frankreich als unverzichtbaren politischen Partner“
Am 8. Juli feiert das Musée Würth in Erstein seinen 15. Geburtstag. Was bedeutet dieses Jubiläum? Würth-Kulturchefin C. Sylvia Weber antwortet.
Von Nikolai B. Forstbauer
Es wird ein Fest für alle. Mit weit offenen Türen wird an diesem Samstag, 8. Juli, im elsässischen Erstein der 15. Geburtstag des Musée Würth gefeiert. Sylvia Weber, Geschäftsbereichsleiterin Kunst und Kultur in der Würth-Gruppe, betont zum Jubiläum die regionale Verankerung des Musée Würth.
Frau Weber, an diesem Samstag, 8. Juli, gibt es wieder etwas zu feiern in Sachen Kultur bei Würth: 15 Jahre Musée Würth. Ganz grundsätzlich: Was bedeutet Ihnen dieses Ereignis?
Es ist ein sehr erfreuliches Datum. Seit der Eröffnung 2008 konnten wir 22 vielseitige Ausstellungen im Musée Würth realisieren, die jährlich mehrere zehntausend Kunstinteressierte besuchten, bis heute insgesamt über 600 000. Eine besondere Rolle spielten dabei immer auch französische Künstlerinnen und Künstler.
Wie kam es dazu?
Über die legendäre Pariser Avantgarde-Galeristin Denise René hat Reinhold Würth einst als Sammler die französische Kunst für sich entdeckt, allen voran die Abstraktion, wie etwa das faszinierende Werk von Hans Arp, Serge Poliakoff, Alberto Magnelli, Richard Mortensen, Victor Vasarely, Aurelie Nemours oder François Morellet, die sich folgerichtig im Ausstellungsprogramm des Musée Würth wiederfinden.
Hat Reinhold Würth selbst eine besondere persönliche Beziehung zu Frankreich?
Er betont immer wieder, wie wichtig ihm gerade die deutsch-französische Freundschaft ist und dass innerhalb Europas diese beiden Länder zusammenhalten müssen Mittlerweile arbeiten in Frankreich 4100 Mitarbeitende für Würth. Reinhold Würth schätzt Frankreich als große Kulturnation und als unverzichtbaren politischen Partner Deutschlands in Europa. So fand auch die monumentale Skulptur von Robert Jacobsen „Amitié – Freundschaft“ ihren festen Platz bei Würth Frankreich. Und er versteht das Musée Würth als kleinen Beitrag zur Pflege der deutsch-französischen Freundschaft.
Weil diese auch immer wieder neu zu begründen ist?
Angesichts der langen historischen Epoche von Kriegen zwischen unseren Ländern ist die Freundschaft alles andere als selbstverständlich. Persönlich pflegte Reinhold Würth diese Freundschaft übrigens durchaus mit dem Elsässer Tomi Ungerer, der sich ebenfalls dem europäischen Frieden sehr verpflichtet sah.
Reinhold Würth hat die Kombination von Verwaltung und regelmäßig wechselnder Präsentation von Kunst aus eigenen Sammlungsbeständen einst in Künzelsau mit dem Museum Würth „erprobt“. Ist dies noch immer die „Blaupause“ für die Projekte im Ausland?
In der Tat bildet die Sammlung Würth immer noch die Basis unseres Tuns, was bei mittlerweile 20 000 Exponaten ja auch gar nicht so schwierig ist. Jedoch werden immer wieder auch Leihgaben anderer Museen oder Sammlungen in unseren Ausstellungen ergänzt, die dann bei freiem Eintritt und maximalen Öffnungszeiten sowohl den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie eben auch allen Interessierten zugänglich sind. Man trifft sich also immer wieder gerne bei Würth zur Kunstbetrachtung, man schätzt die persönliche Begegnung und den ,barrierefreien‘ Zugang für die ganze Familie.
Das Musée Würth war wiederum mit das erste seiner Art im Ausland, wieder ein Modell also. Mit welchen Erfahrungen für den Konzern?
Tatsächlich wurden die ersten Auslandsdependancen für die Kunst bereits 1999 in Dänemark und Österreich gegründet, architektonisch jeweils integriert in die dortigen Verwaltungsgebäude. In Frankreich ist das Museum nun ein Nebengebäude zum Firmensitz und zählt mit 800 qm zu den größeren Einrichtungen. In der Würth-Gruppe insgesamt geht man heute sehr selbstverständlich mit der Sammlung Würth um – dank der mittlerweile fünf Museen in Deutschland und der zehn Dependancen von Norwegen bis Italien, die insgesamt übrigens über elf Millionen Besucherinnen und Besucher gezählt haben. Hinzu kommt das Angebot, Ausstellungen der Sammlung Würth in anderen Ländern zu erleben. So waren Sammlungsaspekte schon in Hongkong, Seoul, Taipei, Krakau, Prag, Palermo oder Mexiko City und New York zu sehen, um nur einige Orte aufzuzählen. Auch dort identifizieren sich durch die Ausstellungen dann die Kolleginnen und Kollegen genauso wie Kunden und ganz allgemein Kunstinteressierte mit der Sammlung Würth.
Erleben Sie Unterschiede in der Reaktion der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beziehungsweise der Gäste in Erstein und in Künzelsau?
Die Begeisterung über das Angebot ist tatsächlich ähnlich, wenn auch die Gäste nach Schwäbisch Hall und Künzelsau mitunter weitere Anreisen unternommen haben.
Kultur bei Würth ist stets begleitet von einem umfassenden Vermittlungsprogramm für jedes Alter. Wie ist das in Erstein?
Auch das Musée Würth begeistert mit einem ambitionierten Begleitprogramm aus Vorträgen, Workshops, Führungen, Theater, Konzerten – und natürlich aktuell mit einem Museumsfest zum 8. Juli.
Was waren aus Ihrer Sicht die Höhepunkte der Präsentationen in Erstein?
Es gab viele Höhepunkte. Die Einzelpräsentationen von so zentralen Protagonistinnen und Protagonisten wie Anselm Kiefer, Anthony Caro, Fernando Botero, Hélène de Beauvoir und Christo und Jeanne-Claude zählen sicherlich dazu. Letztere fand statt, als posthum ihr letztes Projekt des verhüllten Pariser Triumphbogens nochmals unzählige Menschen faszinierte. Doch auch die komplexen thematischen Ausstellungen, die den Akzenten der Sammlung Würth gewidmet sind – wie aktuell die Abstraktion, finden in Frankreich ein überaus interessiertes und offenes Publikum.
Mit anderen Sichtweisen?
Das ist für uns spannend, ja – dass sich länderübergreifend immer neue und andere Blickwinkel auf den Sammlungsbestand ergeben. Aber an sich möchte ich mich für mögliche Höhepunkte gar nicht festlegen müssen – und grundsätzlich bewegt natürlich das jeweils Aktuelle!
Nämlich?
Im Musée Würth derzeit „Radikal“ – geometrisch-abstrakte Werke der Sammlung Würth – gepaart mit einer Einzelschau von Lore Bert, eine Präsentation, die sehr direkt Sinn und Verstand berührt.
Und was werden die nächsten Attraktionen sein?
Pünktlich zum Jahr der Olympischen Spiele in Frankreich 2024 werden wir Sammlungsaspekte zu „Sport, Spaß und Spiel“ zeigen, ein Thema, das schon in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall erfolgreich mit Werken von Willi Baumeister bis Erwin Wurm zu sehen war.
Würth steht für Wachstum. Wo also werden wir dem Modell Museum Würth als nächstes neu begegnen?
Wir freuen uns sehr auf die Erweiterung der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall, an deren Umsetzung wir gerade mit den Projektbeteiligten intensiv planen.
Mit welchen Zeithorizonten?
Das möchten alle gerne wissen. Aufgrund der Komplexität müssen auch wir uns noch wenige Wochen gedulden.
C. Sylvia Weber in Kürze
Werdegang In Stuttgart studierte C. Sylvia Weber Bibliothekswissenschaften, in Würzburg Kunstgeschichte.
Macherin Seit 1991 ist sie Kuratorin der Sammlung Würth und Leiterin des Museums Würth in Künzelsau. Seit 2001 ist sie zudem Leiterin der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall. Seit 2013 agiert sie als Geschäftsbereichsleiterin Kunst bei Würth.