Schulterschluss mit dem Bandhaus

Der Gemeinderat Backnang verlängert den Mietvertrag mit den Theaterbetreiberinnen Jasmin Meindl und Juliane Putzmann bis 2023, erhöht den jährlichen Zuschuss auf 78000 Euro und setzt die Vorgabe nach 50 Pflichtveranstaltungen wegen Corona aus.

Die Aufführung „Judith von Backnang“ als Freilichttheater auf dem Backnanger Freithof war ein Highlight der Bandhaus-Akteure. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Die Aufführung „Judith von Backnang“ als Freilichttheater auf dem Backnanger Freithof war ein Highlight der Bandhaus-Akteure. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Die Betreiberinnen des Backnanger Bandhaus-Theaters durchleben keine leichten Zeiten. Die Auswirkungen der Coronapandemie haben sie mit voller Wucht getroffen, in diesem Jahr haben erst sechs Veranstaltungen stattgefunden, ansonsten war das Theater geschlossen. Dessen ungeachtet hat jetzt der Gemeinderat den Pachtvertrag mit den Betreiberinnen Jasmin Meindl und Juliane Putzmann um zwei Jahre bis zum 31. März 2023 verlängert. Mehr noch. Die Stadträte haben nicht nur den jährlichen Zuschuss abgesegnet, sondern ihn sogar um 3000 auf 78000 Euro erhöht. Und sie haben ganz konkret auf die Pandemie reagiert. Denn eigentlich fließt der Zuschuss nur, wenn die beiden Theaterfrauen jährlich mindestens 50 öffentliche Veranstaltungen im Bandhaus-Theater auf die Beine stellen. Da das in diesem Jahr nicht möglich war, beschlossen die Stadträte, diese Regelung für den Zeitraum der Pandemie auszusetzen. Wie bisher wird für die Nutzung der Räume kein Pachtzins erhoben. Fällig ist lediglich eine Nebenkostenpauschale für Heizung, Strom, Wasser und Abwasser in Höhe von 350 Euro pro Monat.

Der Vertrag stammt aus dem Jahr 2012. Nun erklärte Janina Sülzle, die kommissarische Leiterin des Kulturamts Backnang, dass die Verwaltung die Aktivitäten des Bandhaus-Theaters weiterhin sehr positiv sehe. Das Theater stelle durch seine gute Theaterarbeit nicht nur eine wertvolle kulturelle Basisarbeit, sondern eine nachhaltige Bereicherung für das kulturelle Leben in der Stadt dar. Sülzle listete auf: „Die Aktivitäten reichen über Theateraufführungen, Lesungen, Eigenproduktionen, Amateurtheater mit der Backnanger Bürgerbühne, Konzerte bis zu Theaterfestivals.“ Seit fünf Jahren veranstaltet das Bandhaus-Theater zusätzlich die Backnanger Schultheatertage. Auch hätten die Betreiberinnen zuletzt mit Eigenproduktionen wie „Arsen & Spitzenhäubchen“, „Wunder gibt es immer wieder“, „Reise nach Oz“, und „Clara Schumann“ große Erfolge erzielt. Die Theatermacherinnen seien beim Publikum sehr beliebt und hätten „mit ihren Aktivitäten den Ruf des Theaters über die Stadtgrenzen hinaus transportiert und Backnang als Kulturstadt imagefördernd ins Gespräch gebracht“.

„Eine erfolgreiche Spielstätte, fest im städtischen Kulturleben verankert.“

Das Theater ist laut Sülzle im Stadtbild präsent und in der Bürgerschaft verankert. Zudem haben die Betreiberinnen viele theaterpädagogische Projekte durchgeführt, vor allem auch in Kooperation mit Schulen. Und auch bei städtischen Veranstaltungen hat das Theater mitgewirkt, so etwa bei der LiteraTour, dem Straßenfest oder dem Weihnachtsmarkt. Das Fazit lautete daher: „Das Bandhaus Theater hat sich als erfolgreiche Spielstätte fest im städtischen Kulturleben verankert.“

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt die gute Entwicklung des Theaters. So haben im Jahr 2018 laut Sitzungsvorlage 53 Veranstaltungen mit insgesamt 3710 Zuschauern stattgefunden, das bedeutete eine Auslastung von 70 Prozent. Im Vorjahr fielen die Zahlen noch besser aus. Die Auslastung kletterte bei 54 Veranstaltungen mit knapp 4000 Besuchern auf 73 Prozent. Zu der erfreulichen Entwicklung hat auch die Freilichtaufführung „Judith von Backnang“ beigetragen. Bei einem Vergleich mit dem Jahr 2016 wird die Verbesserung noch deutlicher, damals betrug die Auslastung nur 53 Prozent.

Doch dann kam Corona. Im laufenden Jahr haben wie gesagt sechs Veranstaltungen stattgefunden. Bis vor einer Woche noch waren die beiden Theaterfrauen davon ausgegangen, dass noch zehn Veranstaltungen bis zum Jahresende die Bilanz zumindest ein bisschen aufpolieren, das ist nun auch wieder Makulatur.

Coronabedingt nahmen Jasmin Meindl und Juliane Putzmann sicherheitshalber nicht selbst an der Gemeinderatssitzung teil. Vielmehr wurde im Gremium eine Videobotschaft ausgestrahlt. Darin zeigen sich die beiden noch optimistisch, mit einigen Finanzhilfen über den Herbst zu kommen. Sie erinnerten daran, dass sie 18000 Euro aus der Coronasoforthilfe und von der Bürgerstiftung erhalten hatten. Und erst wenige Tage zuvor wurden nochmals 15000 Euro Überbrückungshilfe genehmigt.

Ein dickes Dankeschön an die Adresse der Stadt sandte das Theaterduo auch deshalb, weil die Murr-Metropole das Bürgerhaus für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt hatte. So konnten einige Veranstaltungen unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen mit mehr Zuschauern als im Bandhaus realisiert werden. „Das ist für uns eine Riesenchance“, so die Einschätzung der beiden, die ankündigten, neue Formate zu entwickeln, „da sind wir mittendrin“.

Pia Täpsi-Kleinpeter (SPD) betonte die große Bedeutung des Theaters für die Stadt und erklärte: „Wir können von Glück reden, dass wir vor acht Jahren diese Entscheidung für das Bandhaus getroffen haben.“ Angesichts des wirtschaftlich schwierigen Jahres regte sie die Erhöhung des städtischen Zuschusses um 3000 Euro an. Fraktionskollege Heinz Franke meinte sogar, „angesichts des großen Lobs von Frau Sülzle hätte die Stadtverwaltung eigentlich sogar von alleine darauf kommen müssen, das wäre auch ein Zeichen von Wertschätzung“.

Es sei sinnvoll, den Passus, wonach die Betreiberinnen 50 Veranstaltungen pro Jahr anbieten müssen, zu streichen, betonte Ute Ulfert (CDU), „alles andere wäre in diesen Zeiten ja abstrus“. Michael Malcher (AfD) lenkte den Blick in eine andere Richtung. Er erklärte anfangs, es sei „zweifelsohne gut, dass die Stadt das Theater unterstützt, hier wird gute Arbeit geleistet“. Er hätte es sich sogar vorstellen können, dass die Streichung der Nebenkosten ein Thema wäre. Dann aber stellte er eine Rechnung auf, wie viel die Stadt pro Besucher einer Veranstaltung zuschießen muss. Er führte jedoch nicht aus, was er damit sagen wollte. „Ich lasse das einfach einmal so stehen.“ Als Siglinde Lohrmann (SPD) konterte, man könne Kunst und Kultur nicht aus kaufmännischer Sicht alleine betrachten, schob Malcher nach, es gebe auch andere Bereiche, die derzeit in heftigen Schwierigkeiten seien. Am Ende stimmte eine große Mehrheit der Vertragsverlängerung und der Zuschusserhöhung zu. Bei fünf Enthaltungen stimmte lediglich Steffen Siggi Degler (AfD) mit Nein.

Kommentar
Ein schönes Signal

Von Matthias Nothstein

Der Zeitpunkt für die Präsentation der Arbeit des Bandhaus-Theaters könnte schlechter nicht sein. Eben fährt die gesamte Nation aufgrund des zweiten Lockdowns sämtliche Kulturveranstaltungen auf null, und der Gemeinderat der Stadt Backnang muss über die Verlängerung des Pachtvertrags mit den Betreiberinnen des Bandhaus-Theaters entscheiden. Wobei – aus einem anderen Blickwinkel ist der Zeitpunkt auch ein guter. So konnten die Stadträte deutlich machen, wie viel ihnen das Bandhaus und somit das Kulturprogramm wert ist. In schwierigen Zeiten Solidarität zu üben ist besonders wertvoll und wichtig. Insofern ist es ein schönes Signal des Gremiums an die beiden Theaterfrauen: Wir schätzen eure Arbeit, wir halten zu euch und wir lassen euch nicht im Stich.

m.nothstein@bkz.de

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Erstellt:
2. November 2020, 06:00 Uhr

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