Stehende Ovationen für Jazzabend

Im Backnanger Bürgerhaus begeistern das Koschitzki/Pereira-Sextett mit den Latin-Jazz-Klängen von „Brazilian Blues“ sowie das „Jakob Manz Project“ mit seinem namensgebenden Ausnahmesaxofonisten.

Das Sextett rund um Stefan Koschitzki (links) und Fabiano Pereira brachte lateinamerikanische Klänge nach Backnang. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Das Sextett rund um Stefan Koschitzki (links) und Fabiano Pereira brachte lateinamerikanische Klänge nach Backnang. Foto: A. Becher

Von Miklós Vajna

Backnang. Es war eine Vielfalt in dem Konzert „Brazilian Blues“, das im Backnanger Bürgerhaus mit Stefan Koschitzki, Fabiano Pereira, Daniel Weiß, Benni Judd, Philipp Wiesmann aus Backnang-Maubach und Christiane Gavazzoni stattfand. Da gab es die mannigfachen Klangfarben: viele Blasinstrumente aus Blech und Holz, große und kleine, hoch und tief klingende Gitarren, einen Flügel mit Sphärensound und die verschiedenen Latin-typischen Percussioninstrumente; es hatten die selbst komponierten, abwechslungsreichen Stücke so poetische Titel wie „Ein neuer Tag beginnt“, „Fernweh“, „Ich tu alles für dich“, „Coronablues“ und „Die Schönheit des Regens im Herbst“, und optisch erweitert wurde die Show durch immer neue, wechselnde Bühnenlichtfarben: Nachtklub-Rot, Gold mit Schwarz, Froschgrün, Türkis mit Blau, Lila mit Violett, Schwarz mit weißem Lichtstrahlendom und Feuerlichter im Nebel.

Das Publikum ließ sich gerne mitnehmen in die von Tanzrhythmen und viel Gefühl geprägte Welt des „Latin Jazz“, melancholisch und doch voller Lebensfreude, mit einfallsreichen Soli, mehrstimmigem Gesang über Latin-Harmonien, atmosphärischen Bassläufen, pochenden Drumset- und Percussionrhythmen und bereichert durch einen coolen Hammondorgelsound. Die Darbietungen und Improvisationen wurden durchgehend von starkem Applaus begleitet. Das Thema Corona fand auch Erwähnung: Stefan Koschitzki, der Schöpfer des „Coronablues“, setzte sich beim Komponieren unter Zeitdruck, da er befürchtete, die Pandemie sei wieder vorüber, bevor er das Stück fertiggestellt habe. Und Fabiano Pereira fand Gemeinsamkeiten zwischen dem Klima in Brasilien und hinter der Coronaschutzmaske: sehr feucht und sehr warm. Zum Abschluss der ersten Programmhälfte erhielten die Künstler rote Rosen vom Kulturamtsleiter Johannes Ellrott.

Die in der Kulturregion Stuttgart wohlbekannte und durch die Verpflichtung nationaler und internationaler Jazzgrößen auch überregional sehr gut angenommene Jazzreihe im Backnanger Bürgerhaus möchte aber auch jungen hervorragenden Musikern die Möglichkeit bieten, sich in einem größeren und professionellen Rahmen zu präsentieren. Deshalb gehörte die Bühne in der zweiten Programmhälfte dem „Jakob Manz Project“ mit Jakob Manz (Saxofon), Hannes Stollsteimer (Piano), Frieder Klein (Bass) und Paul Albrecht (Schlagzeug).

Direkt, gradlinig, jung, ehrlich, dabei robust, enthusiastisch und authentisch: Das sind einige Attribute, die diese spannende und aufregende Band, beseelt vom inneren Feuer, beschreiben könnten. Ein Schlagzeuger mit ordentlich Drive, variablen Rhythmen und einfallsreichen Gags, ein Bassist, der auch mal für längere Zeit erhebende Mehrstimmigkeit zum Klingen bringt, und ein Pianist mit einer eigenen vielschichtigen Welt der Klavierklänge unterstützen kongenial den Solisten am Saxofon.

Trotz seines noch recht jugendlichen Alters von 20 Jahren hat Jakob Manz einen unverwechselbaren, sehr persönlichen Saxofonton und zieht, auch wenn er nur im Hintergrund agiert, alle Aufmerksamkeit auf sich. Die Zuhörer lauschen gebannt und voller Konzentration. Seine Improvisationen sind immer musikalisch schlüssig, es sind, obwohl spontan aus dem Augenblick entstanden, in Sekundenschnelle kreierte, gut durchdachte Kompositionen mit idealen musikalischen Phrasen, und auch die allseits von anderen Musikern nur zu gut bekannten Floskeln klingen bei ihm neu und frisch. Sein Instrument spricht, rezitiert und deklamiert und trifft genau ins musikalische Herz.

Die Zugabe nach der Überreichung der roten Rosen hatte sich das höchst begeisterte Backnanger Publikum redlich verdienen müssen: Die Band verschwand für einige Zeit, und erst nach länger anhaltendem, rhythmisch forderndem Applaus kam sie endlich zurück auf die Bühne, um zum krönenden Abschluss noch einmal wirklich alles zu geben: jugendlichen Spaß an hämmernder Lautstärke, fette Rhythmen, ohrenbetäubende entfesselte Klänge, opulentes Schlagzeugsolo und als knallige Draufgabe vom Lichttechniker kreisende, weiße, überaus blendende Lichtblitze. Auch das Publikum war entfesselt: Es gab Standing Ovations.

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Erstellt:
31. Januar 2022, 06:00 Uhr

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