Stehende Ovationen im Backnanger Bürgerhaus
Der Pianist Jochen Ferber hat im Backnanger Bürgerhaus ein kostenfreies Konzert gegeben, bei dem auch sein Humor nicht zu kurz kam.
Von Marina Heidrich
Backnang. Musik ist ein Erlebnis, das Seele und Körper eint. Für den Zuhörer bedeutet das im besten Fall ein Versinken in Klängen, verbunden mit einem Gefühl der absoluten Zufriedenheit und des Glücks und der Leichtigkeit, wenn er den Konzertsaal verlässt. Der Künstler auf der Bühne hingegen ist am Ende eines gelungenen Konzerts oft an der Grenze zur Erschöpfung. Salopp gesagt: brotfertig, aber glücklich. Es kostet psychische und körperliche Kraft, ein richtig gutes Konzert zu bestreiten, Kraft, die man dem Ausführenden während des Auftritts nicht anmerkt, solange der Adrenalinspiegel hoch ist und die Musik einen trägt. Hervorragende Musiker kennen das Gefühl – und einer von ihnen ist der Pianist Jochen Ferber.
Viel Applaus für den Pianisten
Nach einem gelungenen Abend am Sonntag im Backnanger Bürgerhaus nimmt Ferber stehende Ovationen eines begeisterten Publikums entgegen. Besonders gefreut haben dürfte er sich darüber, dass unter den Zuhörern auch einige ausgezeichnete Musiker anwesend sind, die dem Pianisten anerkennend Beifall spenden.
Die Zuhörer sind in den Genuss eines hochkarätigen Gratiskonzerts gekommen. Freiwillige Spenden, die an diesem Abend eingenommen werden, gehen an den Förderverein der Backnanger Jugendmusik- und Kunstschule, dessen Lehrkörper Jochen Ferber seit 2019 verstärkt. Drei Sonaten stehen auf dem Programm, jede für sich schon ein musikalisches Kleinod.
Jochen Ferber beginnt mit Joseph Haydns Sonata in Es-Dur H Opus 49 – der Haydn’sche Sonatentypus schlechthin mit einem einprägsamen Hauptthema im ersten Satz. Von Anfang an beweist er dabei sein Können. Virtuosität gepaart mit Gefühl. Klavier spielen ist für den gebürtigen Backnanger nicht nur Beruf, es ist Berufung. Als zweites Werk erklingt Beethovens Sonate in d-moll Opus 31, die „Sturmsonate“. Beethoven hat bei seinen mittleren bis späteren Kompositionen versucht, die Haydn’sche Sonatenform in etwas Eigenes zu wandeln, ihr seinen eigenen Stempel aufzudrücken.
Und tatsächlich ist nur der zweite Satz, das Adagio, im eigentlichen vorgegebenen Charakter gehalten. Der erste Satz beginnt mit einer Einleitung in der Dominante und beinhaltet bereits all die dramatischen Elemente, die man bei Beethovens Musik erwartet. Der dritte Satz, das Allegretto, besteht aus einem kleinen Motiv, das sich in Sechzehntelnoten fließend bis zum Ende durchzieht. Nach der Pause steht eine der bedeutendsten Klaviersonaten der Romantik auf dem Programm: Sonate in h-moll von Franz Liszt. Eigentlich eine Revolution in der damaligen Komponistenwelt, denn so richtig klassisch in Sonatenform aufgegliedert ist das Werk nicht. Clara Schumann schrieb 1854 sogar irritiert: „Das ist nur noch blinder Lärm, alles verwirrt.“
Bewandert in diversen Genres
Jochen Ferber gibt eine Einführung für das Publikum, erklärt und spielt die wesentlichen Motive an, bevor es losgeht: die absteigende dunkle Tonleiter, die Anfang und Ende der Sonate markiert, und das wiederkehrende Hammerschlagmotiv. Mit dem ihm eigenen trockenen Humor sorgt der Pianist für Lacher.
Er ist ein Multitalent, das sich nicht nur mit einer beeindruckenden Vita im klassischen Bereich zufrieden gibt, sondern immer auch über den musikalischen Tellerrand hinausgeschaut hat. Ferber ist in diversen Genres zu Hause und tritt auch als Sänger auf. An diesem Abend zeigt er jedoch seine herausragende Fähigkeit als Pianist mit einer atemberaubenden Darbietung von Liszts umfangreicher und vielseitiger Komposition.