Neue Saison mit Frieder Bernius
Stuttgarter Dirigent setzt auf Nummer sicher in unsicheren Zeiten
Der Stuttgarter Originalklang-Crack stellt die Konzertpläne mit seinem Kammerchor und seinen Orchestern bis zum Sommer 2025 vor. Diesmal hält sich der große Entdecker und Ausgräber ans Bewährte und Vertraute.
Von Martin Mezger
Die Zeiten sind unsicher. Umso mehr sucht das Publikum die Sicherheit des Bewährten und des Vertrauten: So nimmt der Dirigent Frieder Bernius die Schwierigkeit der aktuellen Programmplanung wahr. Sonst ein großer Entdecker, halten sich Bernius und sein Musik Podium Stuttgart in dieser Saison eher an Nummer sicher – und damit ans gesichert Hochkarätige, zum Beispiel Händels „Messiah“ in der Ludwigsburger Friedenskirche (22. Dezember 2024, 17 Uhr).
Oder Mozarts Requiem in der Fassung von Franz Beyer in der Stuttgarter Markuskirche (23. März 2025), ergänzt immerhin mit weniger Bekanntem: Mozarts „Misericordias Domini“ und der Symphonie funèbre des aus dem Odenwald stammenden schwedischen Hofkomponisten Joseph Martin Kraus, entstanden 1792 zur Trauerfeier für den ermordeten König Gustav III.
Sicher wie das Amen in beiden Kirchen ist die stilkundige Vorbereitung, die der Originalklang-Crack Bernius seinem Kammerchor Stuttgart und seinen Orchestern (Barockorchester, Hofkapelle und Klassische Philharmonie) angedeihen lässt – getreu seiner Überzeugung: „Man braucht Zeit, um die historische Aufführungspraxis beherrschen zu können.“ Halbe Sachen sind seine Sache nicht. Das ganze Originalklangglück wird allerdings getrübt von der Stuttgarter Konzertraumsituation: Der Beethovensaal ist dafür zu groß, der Hegelsaal kommt, Bernius zufolge, beim Publikum nicht gut an. Folglich weicht der Dirigent in konzerttaugliche Kirchen oder den hervorragend klingenden Saal der Musikhochschule aus.
Dort führt Bernius am 28. Februar 2025 mit seinem Chor als 20-stimmigem Solistenensemble eine eigens zusammengestellte Pasticcio-Messe auf, die einer Zeitreise gleicht – vom römischen Kolossalbarocker Benevoli bis zu Grahams Lacks Sanctus von 1990 und Samuel Barbers Agnus Dei von 1967.
Auf Schloss Solitude gibt es als Open Air Griegs „Peer Gynt“-Schauspielmusik mit der Sprecherin Isabelle Redfern, die Ibsens Drama aus der Sicht der Mutter des Titel-Antihelden, erzählt (25. und 26. Juli). Am 19. Juli gastieren Bernius und seine Ensembles im Schwäbisch Gmünder Heiligkreuz-Münster mit Mozarts Requiem und der „Missa Dei Filii“ von Zelenka – einst von Bernius wiederentdeckt, heute einer der ganz Großen des Spätbarock. Auch mit neuen CD-Veröffentlichungen von Zelenkas „Missa Gratias agimus tibi“ und Conradin Kreutzers Stuttgarter Oper „Der Taucher“ ist Bernius wieder ganz der Jäger vergessener Musikschätze.
Musik Podium: Programm unter: www.musikpodium.de