Thriller aus Unterweissach: Anschlagsideen für Anfänger

Unter dem Pseudonym Reinhold Walliser hat der Unterweissacher Helmut Mayer einen Thriller über mögliche Terroranschlagsvarianten geschrieben. Vier Attentäter und eine Attentäterin stehen im Fokus. Die Botschaft: Es kann jeden von uns treffen.

Die Idee für sein Buch hatte Helmut Mayer schon vor einigen Jahren. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Idee für sein Buch hatte Helmut Mayer schon vor einigen Jahren. Foto: Alexander Becher

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. 9/11. Charlie Hebdo. Der Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche. Nizza. Madrid. London. Halle. Hanau. Aber auch näher: Winnenden. Es bedarf nicht vieler Worte, um terroristische Anschläge und Amokläufe der vergangenen Jahre ins Gedächtnis zu rufen. Dennoch sei die Angst vor Terror durch die Coronapandemie und die Klimakrise in den Hintergrund gerückt, meint Helmut Mayer. Mit seinem Buch „Dunkelalarm: Eine Leiche fällt vom Himmel“, das er im November 2022 im Selbstverlag auf Amazon veröffentlicht hat, möchte er das Thema wieder ins Bewusstsein holen. Denn: „Die Gefahr ist da, es kann jeden treffen“, betont er. „Von den missglückten Anschlägen erfahren teils nicht einmal die Sicherheitsbehörden.“ Das weiß Helmut Mayer, weil er selbst jahrelang für die Luftsicherheitsbehörde des Landes Baden-Württemberg gearbeitet hat.

Wie würde ein Terrorist vorgehen,wenn er einen Anschlag planen würde?

Den Impuls, einen Krimi zu schreiben, hatte der Pensionär schon vor 20, 25 Jahren. Ihm sei aber „nix Gscheites“ eingefallen. In den zurückliegenden sechs, sieben Jahren habe es im Security-Bereich, in dem er vor dem Eintritt in den Ruhestand tätig war, jedoch etliche Begebenheiten gegeben, die ihn zum Nachdenken brachten. Die die Frage aufwarfen: „Wie genau würde ein Terrorist vorgehen, wenn er einen Anschlag auf die Luftsicherheit vorhätte?“, erklärt Mayer.

Vor ungefähr vier Jahren fing er damit an, konkrete Ansätze zu sammeln, einzelne Geschichten aufzuschreiben. Nun, nach dem Ende seines Berufslebens, habe er die Zeit gefunden, diese zusammenzustellen. Herausgekommen sei „ein kleiner Auszug dessen, was möglich wäre“, sagt Mayer. Aus heutiger Sicht, fügt er an, würde er sagen, das Thema Cyberkriminalität fehle.

Leser begleiten die Attentäter bei der Planung

Die Idee hinter dem Buch ist gut. In „Dunkelalarm“ begleiten die Leserinnen und Leser vier Attentäter und eine Attentäterin bei der Planung und der Vorbereitung ihrer Anschläge. Daneben spielen auch der Sicherheitschef des Stuttgarter Flughafens und ein Kleinganove eine Rolle. Aufgrund der kurzen Kapitel und häufiger Perspektivwechsel (Mayer schwankt zwischen der personalen und der auktorialen Erzählweise) fällt es jedoch schwer, sich auf die Figuren einzulassen, eine Verbindung zu ihnen aufzubauen. Dazu kommt: Die Beweggründe, aus denen seine Protagonisten handeln, sind für Mayer zweitrangig. Ihn interessiert hauptsächlich das Know-how hinter den geplanten Taten. Was sehr schade ist, weil das, was die Akteure antreibt, bei jedem Anschlag oder Amoklauf ja die große Frage ist, die Außenstehende umtreibt.

Dass Mayer sich mit dem Thema sehr gut auskennt und viel recherchiert hat, merkt man beim Lesen seines Buchs schnell – an manchen Stellen allerdings ein wenig zu deutlich: Seitenweise erinnert der Thriller eher an einen Wikipedia-Eintrag. Detailliert beschreibt der Autor beispielsweise, wie man eine Ladung Schwarzpulver mithilfe einer Batterie zur Explosion bringt. Lange Ausführungen zu TNT, Drohnenflug und Gepäckkontrolle verhindern zum Teil, dass Spannung aufkommt. Zumindest lässt sich das für das unserer Zeitung vorliegende Rezensionsexemplar sagen. Denn bei der Selbstpublikationsplattform, bei der Mayer veröffentlicht, kann der Buchinhalt jederzeit geändert werden. Die Bücher werden erst nach einer Bestellung gedruckt. Und der Autor hat bereits angekündigt, seinen Thriller weiter überarbeiten zu wollen.

Auf tiefgreifende technische Details hat der Autor bewusst verzichtet

Eine Inspiration für potenzielle Attentäter solle das Buch aber nicht darstellen, teilt Mayer in seinem Nachwort mit: „Auf einige tiefgreifende technische Details habe ich bewusst verzichtet, um keine Anleitung für eventuelle Möchtegerntäter zu schreiben. Informationen, wie sie in diesem Buch zu finden sind, können Sie mit etwas Recherche allesamt im Internet nachlesen.“

Dass das Erstlingswerk des Weissachers kein Lektorat durchlaufen hat, zeigen leider einige Grammatik- und Rechtschreibfehler. „Ich habe jetzt noch ein paar verbessert, die mir beim ersten Durchlesen durchgegangen sind“, teilt der Autor mit. Stilistisch fällt auf, dass Mayer seine Figuren gern adjektivreich beschreibt und häufig Phrasen nutzt wie „Diskussionen über Gott und die Welt“ oder „Honig ums Maul schmieren“.

Vermutlich unbewusst transportiert er mitunter rassistische Stereotype und ein überholtes Frauenbild. In einer Szene, die sich am Gate der Fluggesellschaft Alitalia abspielt, schreibt Mayer zum Beispiel, das „Gewirr aus südländischem Temperament wild gestikulierender Mammas und ihrer Kleinkinder sorgte für ein ausreichendes Maß an Unruhe.“ Dass Alitalia den Betrieb 2021 eingestellt hat, scheint Mayer entgangen zu sein, zumal er das Geschehen des Buchs in der Zukunft verortet. An anderer Stelle charakterisiert er zwei Schwestern: „Die Jüngere war mann- und kinderlos, sodass sie immer mal wieder unangekündigt bei ihnen aufkreuzte, um sie mit irgendwelchen Banalitäten oder ihrem Herzschmerz zu nerven.“ Ein paar Vergleiche sind dagegen sehr schön. „Es war faszinierend, sich in die Lüfte zu schwingen, die Landschaft aus dieser Vogelperspektive wie in einem Schulatlas neu zu entdecken“, beschreibt der Autor etwa eine Flugstunde. Da würde man gerne weiterlesen.

Reinhold Walliser: „Dunkelalarm: Eine Leiche fällt vom Himmel“

Autor Helmut Mayer, 64, wohnt in Unterweissach. Vor seinem Eintritt in den Ruhestand war er zehn Jahre lang im Bereich Security für die Luftsicherheitsbehörde des Landes Baden-Württemberg tätig. Sein Pseudonym Reinhold Walliser soll einen größeren Wiedererkennungswert bieten. Es setzt sich aus dem Vornamen seines Onkels und dem Geburtsnamen seiner Großmutter zusammen.

Buch „Dunkelalarm: Eine Leiche fällt vom Himmel“ hat Mayer Ende 2022 im Selbstverlag auf Amazon veröffentlicht. Das gebundene Buch, 237 Seiten, kostet 14,98 Euro, das Taschenbuch 6,90 Euro, die Kindle-Version 1,49 Euro. Bei Kindle Unlimited ist das Buch derzeit kostenlos. Von Mitte März an soll der Thriller auch für den E-Book-Reader Tolino erhältlich sein.

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Erstellt:
17. Februar 2023, 11:00 Uhr

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