Tonnenschwere Kunst zieht ein
Der Bildhauer Peter Haußmann zeigt während des ersten Backnanger Kultursommers zwei Skulpturen auf dem Stiftshof. Das stählerne Bett und der stählerne Stuhl fordern zum Nachdenken über die Kunst und den Preis des Nichtbeachtens auf.

© Alexander Becher
Ein Bett aus Stahl und ein Stahlstuhl zieren einen Kultursommer lang den Backnanger Stiftshof. Fotos: A. Becher
Von Ingrid Knack
BACKNANG. Wenn der Bildhauer Peter Haußmann seine Arbeiten im öffentlichen Raum aufstellt, sind immer auch ein Lkw und ein Ladekran mit im Spiel. So wie jetzt, als zwei Skulpturen des Weissachers auf dem Backnanger Stiftshof ihr Kultursommer-Quartier beziehen. 500 Kilogramm schwer ist jedes Objekt – auch eine beschriebene Tafel gehört zum Ensemble –, da kann man allein mit Muskelkraft nichts mehr bewirken.

© Alexander Becher
Schweres Gerät ist vonnöten, um die Kunst von Peter Haußmann (rechts) zu bewegen.
Die beiden Objekte fügen sich ideal in das Ensemble ein.
Die Kunstwerke warten nun auf die Besucher, ihr Urheber ist gespannt darauf, was sich wohl diesmal so alles rund um seine Skulpturen ereignen wird auf dem Stiftshof, der nun auch zu einem „Platz zum Nachdenken über Kunst und den Preis des Nichtbeachtens“, wie auf der Tafel geschrieben steht, geworden ist. „Nicht nur was man tut, sondern auch was man nicht tut, hat Auswirkungen“, sagt Peter Haußmann. Abgesehen vom Angebot, nahe des auf dem Stiftshof beheimateten Amtsgerichts wenigstens einen Moment lang mit sich und der Gesellschaft ins Gericht zu gehen, ist es auch durchaus erlaubt, einfach mal den Kopf abzuschalten und sich vielleicht auf dem Bett oder dem Stuhl niederzulassen. Bei den Heimattagen vor vielen Jahren in Schorndorf, als das Bett im Park beim Schloss stand, waren es Punks, die diesen Ort für sich entdeckt hatten. Der Standort der Kunst wurde zu ihrem Treffpunkt. Ihrem Platz zum Verweilen. Ihrem Kommunikationsplatz.
Ein zweites Bett aus Stahl aus Haußmanns Werkstatt stand einmal vor der Herrenberger Stiftskirche. Auf vielen Hochzeitsfotos ist es heute zu finden. Auch so kann das Spiel mit der Kunst aussehen. Erstaunlich ist, dass insbesondere der Stuhl trotz seines enormen Gewichts eine gewisse Leichtigkeit ausstrahlt. Es sieht so aus, als sei er auf der Stahlplatte, einem „Industrierelikt oder genauer: einem einstigen Maschinenteil“, wie Haußmann erklärt, einfach abgestellt worden und könne auch verrückt werden. Diesen Eindruck erzielt der Künstler durch einen Kniff: Schweißnähte sind nicht zu sehen. Die Kunstwerke fügen sich in den Platz ein, als gehörten sie selbstverständlich dorthin. Der Stahlstuhl und die hellen Granitsteine, das Stahlbett und der Kies, sind ideale Nachbarn. Und der Künstler ist sich sicher: „Der Stuhl und das Bett, die zusammen mit der Tafel einen neuen Raum schaffen, werden benützt werden.“