ARD-Romanze „Flunkyball“

Trinkspiele und Trugschlüsse

In der gut gespielten TV-Romanze „Flunkyball“ von Grimme-Preisträger Alexander Adolph lässt sich ein schüchterner Schüler auf eine verhängnisvolle Affäre ein.

Franz (Laurids Schürmann) und Zoe (Lena Klenke) küssen sich im Club.

© dpa/Luis Zeno Kuhn

Franz (Laurids Schürmann) und Zoe (Lena Klenke) küssen sich im Club.

Von Tilmann Gangloff

Der Titel wird dem älteren Teil des ARD-Publikums nichts sagen. Flunkyball ist ein unter Jugendlichen beliebtes Trinkspiel, das wie alle anderen Vergnügungen dieser Art bloß einen Zweck hat: in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Alkohol vernichten. Der übermäßige Verzehr von Bier, Wein und Schnaps ist natürlich auch Erwachsenen nicht fremd, aber deren Besäufnisse gehen zumindest anfangs meist gesitteter vonstatten. Vielleicht wollte Alexander Adolph mit dem Titel verdeutlichen, dass Eltern im Grunde keine Ahnung haben, was die Kinder treiben, wenn sie nicht in der Schule oder in der Uni sind; ganz gleich, wie groß ihr Verständnis ist und wie jung sie sich selbst noch fühlen.

Prompt bewegt sich auch die Liebesgeschichte des für seine ZDF-Reihe „Unter Verdacht“ unter anderem mit dem Grimme-Preis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichneten Autors und Regisseurs in ganz anderen Bahnen als sonstige Romanzen: Caro (Silke Bodenbender) sorgt sich um ihren Sohn Franz (Laurids Schürmann); der Siebzehnjährige ist ein Spätentwickler und hat anscheinend keine Freunde. Martin (Fabian Hinrichs) zerstreut ihre Bedenken: Ihm ging’s als Teenager nicht anders. Umso überraschter sind beide, als Franz eine junge Frau mit nach Hause bringt. Zoe (Lena Klenke) macht gerade Abitur, lebt bei ihrer Tante, hat die letzte Bahn verpasst und braucht ein Dach über dem Kopf. Als Caro und Martin mitkriegen, dass das Mädchen anscheinend keine Lust hat, allein im Gästezimmer zu schlafen, machen sie sich typische Elterngedanken: Wo sind die Kondome?

Verhütung ist aber gar kein Thema für das vermeintliche Liebespaar; und das bleibt nicht die einzige unerwartete Entwicklung der Handlung. Trotzdem ist „Flunkyball“ nicht so originell wie Adolphs letzte ARD-Arbeit, die clever konzipierte Mystery-Anthologie „Die nettesten Menschen der Welt“. Nachdem Zoe den schüchternen Franz aus seinem Dornröschenschlaf geweckt und auch die anfängliche Skepsis seiner älteren Schwester Milli (Clara Vogt) zerstreut hat, geht dem Film ein bisschen die Geschichte aus. Zwar stellt sich bald heraus, dass die junge Frau wohl doch nicht das brave Mädchen ist, für das die erfreuten Eltern sie halten, aber das gilt für Milli nicht minder. Dass Zoe die tiefen Gefühle des Jungen nicht erwidert, ist offenkundig, allerdings nicht für Franz; und dann ist Zoe von einem Tag auf den anderen spurlos verschwunden.

Gegen Ende resultiert immerhin eine gewisse Dramatik aus der Frage, wer „Zoe“ in Wirklichkeit ist und ob Franz sie doch noch retten kann, zumal er auf der Suche nach dem Mädchen eine Parallelwelt entdeckt: Die einen schlafen in unterirdischen Passagen, weil sie kein Zuhause haben, andere treiben sich im Drogenpark rum, und ein Typ fordert von Franz eine sexuelle Gegenleistung für eine Information, die sich als völlig nutzlos entpuppt.

Tatsächlich ist es gerade diese Rohheit, die den Reiz des Films – neben den beiden Hauptdarstellern – ausmacht. Adolph und Kameramann Patrick Orth haben konsequent auf touristische Bilder verzichtet und zeigen München von seinen weniger schönen und daher weniger bekannten Seiten.

Flunkyball. Mittwoch, 20.9., ARD, 20.15 Uhr

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Erstellt:
18. September 2023, 16:12 Uhr

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