Von Bach bis Schumann
Jochen Ferber überzeugt beim Klavierabend mit seinen Interpretationen zum Thema Fantasie

© Pressefotografie Alexander Beche
Jochen Ferber weihte den neuen Flügel im Gemeindehaus Heininger Weg ein. Foto: A. Becher
Von Christoph Rothfuß
BACKNANG. Einen spannenden und kurzweiligen Klavierabend bot der Backnanger Pianist Jochen Ferber am Samstagabend im Gemeindehaus Heininger Weg anlässlich der Einweihung des neuen Kawai-Flügels. Er hatte ein sehr vielseitiges Programm zum Thema „Fantasie“ zusammengestellt und nahm das zahlreiche Publikum mit auf eine Reise von Bach bis Schumann.
Als Eröffnung diente die Fantasie H-Dur von Ludwig van Beethoven: Es ist die Geschichte einer Suche, variativ-rhapsodisch und mit immer neuen Aufschwüngen und dramatischen Ausbrüchen. Zart-leidenschaftliche Läufe und beherrschte Akkorde stellte Jochen Ferber kontrastierend nebeneinander.
Wolfgang Amadeus Mozarts Fantasie d-Moll gestaltet Ferber zunächst düster-sinnierend und mit trotzigen Anläufen, von denen sich der letzte in schwindelerregende Höhen schraubt.
Ähnliche Charakteristika weist die Chromatische Fantasie und Fuge d-Moll von Johann Sebastian Bach auf. Da ist zunächst ein mächtiges Rauschen, bei dem Ferber seine stupende Fingerfertigkeit unter Beweis stellt, sodann ein ergreifendes Rezitativ und dann als Höhepunkt die Fuge: Sie weist ein sich beharrlich nach oben arbeitendes Fugenthema auf, welches der Pianist durch eine klangliche Steigerung der zweiten Themahälfte sinnfällig konturiert. Bach bietet alle Kunstgriffe und Kniffe der polyfonen Kompositionskunst auf, ohne je akademisch zu wirken. Die erste Programmhälfte schloss sich mit Beethoven.
Im Alter von 31 Jahren schrieb der Wiener Klassiker zwei Klaviersonaten, eine bekam den Titel „Mondscheinsonate“ und erfreut sich bis heute ungeheurer Popularität. Ferber zelebriert eine beklemmende Schönheit und nächtliche Verklärung. Mit schönem Klangsinn und graziler Leichtigkeit gepaart mit einem charmanten Augenzwinkern gestaltet der Dozent der Stuttgarter Musikhochschule den Mittelsatz. Der dritte Satz steckt voller, zur damaligen Zeit, irrwitzigen technischen Herausforderungen, nicht zuletzt Kondition und Treffsicherheit des Interpreten werden auf eine Probe gestellt. Ferber entledigt sich dieser Herausforderungen souverän und trägt gleichzeitig einer sorgfältigen musikalischen Gestaltung Rechnung.
Die zweite Programmhälfte war dann ganz der Romantik gewidmet. Verklärt-schimmernd erklingt Robert Schumanns „Des Abends“, Ferber leuchtet das Stimmengeflecht behutsam aus. Der „Aufschwung“ gerät großmännisch-impulsiv, bevor ein seelenvoller Gesang anhebt. Ein vorsichtig-tastendes „Warum?“ und schwärmerische „Grillen“ voll Menschlichkeit und Empathie. „In der Nacht“ spielt Jochen Ferber mit schweren Träumen verhangen und dunkel-dräuend. Die „Fabel“ steckt voller skurriler Grillpfeifereien und Schnurren mit einem herrlich deplatziert wirkenden Schuss Pathos. In „Traumes Wirren“ geht ein neurologischer Moriskentanz über die Bühne, ein wirbelnder phantasmagorischer Reigen und dann noch ein kulminativer Schlusspunkt: „Ende vom Lied“.
In der Fantasie f-Moll von Frédéric Chopin war ebenfalls beides zu erleben: der heroische und der zarte, zerbrechliche Chopin. Ferber bringt den straffen Rhythmus einerseits und die wunderschönen Klangfarben und blühenden Linien andererseits zusammen.