Neu im Kino
Wieder unterwegs: die „Kundschafter des Friedens“
Sie sind längst Kult geworden: die „Kundschafter des Friedens“, die Regisseur Robert Thalheim 2017 erstmals ins Kino gebracht hat. Nun sind die Ex-DDR-Spione in der Fortsetzung unterwegs – und machen Kuba unsicher.
Von Martin Schwickert
Mit „Kundschafter des Friedens“ gelang Robert Thalheim vor acht Jahren eine höchst amüsante Agentenkomödie, die mehr als 400 000 Zuschauende in die Kinos lockte und vor allem, aber nicht nur im Osten Kultpotenzial entwickelte. Als Mischung aus James Bond und Olsenbande war die Genre-Persiflage angelegt, die vier ehemalige Agenten des DDR-Auslandsgeheimdienstes aus dem ruhmlosen Ruhestand in den aktiven Dienst katapultierte.
Mit Henry Hübchen, Michael Gwisdek, Thomas Thieme und Winfried Glatzeder konnte Thalheim vier Legenden des DEFA-Films rekrutieren, die mit komödiantischer Teamfähigkeit und selbstironischer Nonchalance als Undercover-Agenten der ganz alten Schule reüssieren konnten. Der klangvolle Filmtitel bezog sich auf die euphemistische Wortschöpfung mit der im sozialistischen Jargon die eigenen Agenten nicht als ordinäre Spione, sondern als „Kundschafter des Friedens“ bezeichnet wurden.
Eine Insel als Geschenk
Nun liefert Thalheim das lang erwartete Sequel, für das er bis auf den verstorbenen Michael Gwisdek die alte Crew noch einmal an Bord bringen konnte. Der Film beginnt mit DDR-Nachrichtenbildern des Staatsbesuches von Fidel Castro im Jahre 1972 – der damalige DDR-Staatschef Erich Honecker sprach im Zusammenhang mit der Karibikinsel immer vom „tapferen Kuba“, weil es sich gegen die Übermacht des Nachbarn USA behaupten musste. Der kubanische Revolutionsführer besuchte somit auf der Basis tiefster Freundschaft, aber dennoch unter hohen Sicherheitsvorkehrungen die DDR-Hafenstadt Rostock, und schenkt dem sozialistischen Bruderstaat als Zeichen der Verbundenheit symbolisch eine kleine Landzunge auf Kuba, die fortan Thälmann-Insel genannt wird.
Was die authentischen Nachrichtenbilder nicht zeigen und filmisch nahtlos hinzugedichtet wird: Hinter den Kulissen sorgen die „Kundschafter des Friedens“ für die Sicherheit Castros und vereiteln in letzter Sekunde einen Anschlag des amerikanischen Klassenfeindes. Oberspion Falk (Henry Hübschen), Logistiker Locke (Thomas Thieme), Romeo-Agent Harry (Winfried Glatzeder) und die Technikerin Tamara (Katharina Thalbach) werden zu Geheimdienstlegenden und auf einem Foto zusammen mit Fidel abgelichtet.
Fünfzig Jahre später treffen sich die Vier auf der Beerdigung ihres früheren Chefs wieder, der sich mit der Wende 1989 nach Kuba auf ebenjene Thälmann-Insel abgesetzt hatte, aber nun doch in (Ost-)Berliner Erde begraben werden wollte. Zu den Feierlichkeiten reist auch die Tochter des Verstorbenen, Helene (Corinna Harfouch) an, mit der Falk vor einigen Dekaden eine flammende Affäre hatte.
Das Testament muss verschwinden
Und Helene braucht die Hilfe des ausrangierten Agentenquartetts. Ihr Vater hat die Thälmann-Insel seiner kubanischen Pflegerin vermacht, die dessen Vertrauen erschlichen habe und die Immobilie nun an US-Investoren verkaufen will. Nun soll im Tresor des Anwalts das neue gegen das frühere Testament eingetauscht werden, in dem Helene als Erbin eingetragen ist. „Wenn jemand den Sozialismus rettet, dann wir“ lautet prompt die Arbeitshypothese, wobei Locke als Honorar eine All-Inclusive-Überwinterung im Luxusresort aushandelt.
Und so geht es nach Kuba (gedreht wurde in Spanien und auf den Kanaren), wo der Sozialismus schon immer ein wenig cooler war als in der spießigen DDR. Aber auch hier ist nicht mehr alles so, wie es die linken Nostalgiker in Erinnerung haben. Während die Touristen mit revolutionsromantischem Liedgut und Quizshows bei Laune gehalten werden, hat die kapitalistische Habgier auf der kubanischen Insel Einzug gehalten.
Alle Klischees des Agentenfilms werden bedient
Auch die Fortsetzung von „Kundschafter des Friedens“ lebt vom komödiantischen Zusammenspiel des Schauspielquartetts, das im fortgeschrittenen Alter noch einmal richtig aufdrehen darf. Den verstorbenen Michael Gwisdek, der im ersten Teil mit Hübchen urkomische Wortgefechte ausgetragen hat, vermisst man schmerzlich, auch wenn Katharina Thalbach als unkorrumpierte Revolutionsromantikerin eine gute Ergänzung bietet.
Die Handlung ist deutlich klamottiger als im ersten Teil, der subtilen Witz und echte Albernheit besser miteinander verbunden hatte. Nichtsdestotrotz schaut man der Viererbande mit Vergnügen bei der Arbeit zu. Von der Verfolgungsjagd mit einem alten MZ-Motorrad bis hin zu Henry Hübchen im weißen Smoking werden hier genussvoll die Genreklischees des Agentenfilms ironisiert. Dass der Film einen realistischen Blick auf das heutige Kuba richtet, sollte man allerdings nicht erwarten. Thalheim geht es vielmehr darum, die nostalgische Sicht auf das Sehnsuchtsland der Revolution sanft zu konterkarieren und den subjektiv empfundenen Verlust der sozialistischen Ideale komödiantisch zu thematisieren, ohne dabei allzu sehr in die Tiefe zu gehen.
Kundschafter des Friedens 2. Deutschland 2024; Regie: Robert Thalheim. Mit Henry Hübchen, Katharina Thalbach, Winfried Glatzeder, Katharina Thalbach. 96 Minuten. Ab 12 Jahren