Britpop-Comeback
Oasis: Die Gallagher-Brüder sind zurück
Noel und Liam Gallagher, die größten Streithälse des Rock’n’Roll, vertragen sich wieder. Zumindest planen sie im Sommer 2025 gemeinsam als Oasis einige Konzerte zu geben.
Von Gunther Reinhardt
Im November des Jahres 2002 war die Britpop-Welt noch in Ordnung. Damals gab es noch das Congresscentrum B in Stuttgart. Und dort spielten Oasis das Auftaktkonzert der Deutschlandtour, mit der sie ihr fünftes Studioalbum „Heathen Chemistry“ bewarben. Es war laut und gut, die Brüder Liam und Noel Gallagher würdigten sich wie gewohnt keines Blickes, und der größte Aufreger war, dass die Band ihren größten Hit „Wonderwall“ am Ende des Konzerts einfach vom Band abspielen ließ, während die Gallaghers schon im Tourbus saßen, um erst nach Frankfurt und dann nach München zu fahren, wo sie sich im Nachtclub des Bayerischen Hofs mit anderen Gästen eine filmreife Schlägerei liefert sollten, Liam zwei Schneidezähne verlor und das Konzert im Zenith abgesagt werden musste.
Comeback nach 15 Jahren
Doch wenn man ganz ehrlich ist, war die Britpop-Welt da schon längst nicht mehr in Ordnung. Die Streitlust der Gallagher-Brüder wurde mehr und mehr zum einzigen Markenzeichen der Band, während ihre Alben immer langweiliger wurden. Das ging zwar ein paar Jahre noch irgendwie gut. Als Oasis aber am 29. August 2009 bei „Rock am See“ in Konstanz auftreten sollten, sagte die Band nicht nur kurzfristig ab, sondern Noel Gallagher gab auch seinen Ausstieg bekannt – und eine Erfolgsgeschichte, die genau 15 Jahre zuvor begonnen hatte, als am 29. August 1994 das Oasis-Debüt „Definitely Maybe“ erschien, ging zu Ende.
In den vergangenen Tagen hatten sich bereits Hinweise verdichtet, dass Noel (57) und Liam (51) Gallagher keine Lust mehr auf Streit hätten und wieder zusammen auftreten könnten.
Und es ist fast ein bisschen schade, dass die Brüder mit ihrer Ankündigung, das Kriegsbeil zu begraben, nicht noch zwei Tage gewartet haben. Am 29. August 2024 wären erneut exakt 15 Jahre vergangen gewesen. Trotzdem ist die Parallelität erstaunlich: Nachdem es 15 Jahre lang Oasis gab und 15 Jahre Oasis nicht gab, kommt es jetzt zu einer Art Versöhnung.
Die Waffen sind verstummt
„The guns have fallen silent. The stars have aligned. The great wait is over. Come see. It will not be televised.“ Diese Sätze haben Noel und Liam Gallagher am 27. August auf X (ehemals Twitter) veröffentlicht: Die Waffen sind verstummt. Die Sterne haben sich ausgerichtet. Das große Warten ist vorüber. Sehen Sie selbst. Es wird nicht im Fernsehen übertragen.
The guns have fallen silent.The stars have aligned.The great wait is over.Come see.It will not be televised. pic.twitter.com/FaELtNlVMh — Oasis (@oasis) August 27, 2024
Tatsächlich geht es erst einmal nur um die Ankündigung einiger Konzerte im Jahr 2025: Am 4. und 5. Juli wollen Oasis in Cardiff auftreten, am 11., 12., 19. und 20. Juli in Manchester, am 25. und 26. Juli und am 2. und 3. August in London. Zudem sind am 8. und 9. August Konzerte in Edinburgh und am 16. und 17. August in Dublin geplant. Der Vorverkauf beginnt an diesem Samstag um 9 Uhr bei Ticketmaster.
Keine Termine auf dem europäischen Festland
Weitere Termine sind bisher nicht offiziell bekannt gegeben worden. Es ist allerdings ein noch geheimer Tourplan im Internet aufgetaucht. Falls dieser echt sein sollte, stehen 2025 auch noch Konzerte in Toronto, Chicago, New York City, Boston, Los Angeles und Mexico City an, nicht aber auf dem europäischen Festland.
Seit der Auflösung von Oasis ist einiges passiert. Noel Gallagher hat mit seiner eigenen Band Noel Gallagher’s High Flying Birds vier Studioalben und zahlreiche Hits produziert. Sein Bruder Liam hat erst als Beady Eye und dann unter seinem eigenen Namen in der Zwischenzeit sogar fünf Alben veröffentlicht und sich zuletzt mit John Squire von den Stone Roses zusammengetan.
Reunion-Gerüchte gab es häufig
Trotzdem trauern immer noch sehr viel Rockfans den glorreichen Oasis-Zeiten hinterher – und insgeheim geht es den beiden Streithälsen mit der großen Klappe wahrscheinlich nicht anders. Nur so lässt sich die – zumindest einstweilige – Versöhnung erklären. Reunion-Gerüchte hatte es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Vor allem aber Noel Gallagher fand immer sehr deutliche Worte, wenn er gefragt wurde, ob er sich vorstellen könnte, wieder mit seinem Bruder Musik zu machen.
Wer die Oasis-Erfolgsstory noch einmal im Schnelldurchlauf erleben will, kann sich den Dokumentarfilm „Oasis: Supersonic“ anschauen, der als Stream bei RTL+ im Abo oder gegen Gebühr bei Apple TV oder Amazon Prime verfügbar ist. Regisseur Mat Whitecross hatte freien Zugang zu den Archiven der Band, er kann kuriose Familienfotos und Videoschnipsel, die die Gallaghers bei Bandproben, bei ihren ersten Auftritten, beim Faxenmachen und natürlich beim Streiten zeigen, aneinanderschneiden.
„Definitely Maybe“ und „(What’s The Story) Morning Glory?“
Der Film ist nah dran, wenn er davon erzählt, wie Liam sich schon auf der Schule als der größte Angeber aller Zeiten inszeniert hat, wie Noel als Rowdy bei den Inspiral Carpets rausgeschmissen wird, wie die Band von Alan McGee,dem Chef von Creation Records, nur deshalb entdeckt wird, weil Oasis zusammen mit der Band von McGees Ex-Freundin ein Konzert geben. Mit „Definitely Maybe“ stand vor 30 Jahren das erste Album von Oasis in den Läden. Das zweite Album „(What’s The Story) Morning Glory?“ von 1995 gehört bis heute zu den bestverkauften Platten in Großbritannien.