Endometriose: Der schmerzhafte Weg zu einer Diagnose
Die chronische Krankheit sorgt bei Betroffenen nicht nur für Schmerzen, sie kann sogar der Erfüllung des Kinderwunschs im Weg stehen. Im Endometriose-Zentrum in Schorndorf geht es täglich darum, Patientinnen das Leben mit ihrer Krankheit zu erleichtern.
Von Carolin Aichholz
Schorndorf. Von Schmerzen beim Einsetzen der Periode sind viele Frauen vom Beginn der Pubertät bis zur Menopause betroffen, doch manchmal steckt hinter diesen Schmerzen auch eine chronische Krankheit wie Endometriose, die sowohl die Lebensqualität als auch die Lebensplanung der betroffenen Frauen stark beeinträchtigen kann.
Dabei handelt es sich um eine gutartige, jedoch chronisch verlaufende Erkrankung. Der Gebärmutterschleimhaut ähnelndes Gewebe wächst dabei auch außerhalb der Gebärmutter. Dieses Gewebe kann sich periodisch mit dem Menstruationszyklus auf- und wieder abbauen. Da es nicht mit der Blutung ausgeschieden werden kann, staut es sich im Körper in Form von sogenannten Endometrioseherden. Sie können sich etwa an den Eierstöcken, aber auch im Bauch- und Beckenraum, am Darm oder im Bauchfell ansiedeln. Für die Betroffenen ist es oft eine sehr schmerzhafte Erkrankung, nicht nur während der Dauer der Menstruation. Endometriose ist die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung, nach Schätzungen leiden bundesweit rund zwei Millionen Frauen daran, also ungefähr jede zehnte Frau. Trotz der vielen betroffenen Frauen war Endometriose lange nicht sonderlich im Fokus der Öffentlichkeit.
Seit 2015 gibt es in der gynäkologischen Abteilung der Rems-Murr-Kliniken in Schorndorf das einzige Zentrum im Rems-Murr-Kreis, das sich auf die Behandlung der Krankheit spezialisiert hat. Jens Haßfeld unterstützt die Leiterin des Zentrums, Aynur Cekici, seit einem Jahr bei der Beratung und Behandlung der Patientinnen. Bei akuten Schmerzen wird den Frauen möglichst schnell ein Termin ermöglicht, sonst kann die Wartezeit auch einige Wochen dauern.
Die Ärzte im Endometriose-Zentrum arbeiten mit ihren niedergelassenen Kollegen dabei Hand in Hand. „Wenn Endometriosezysten an den Eierstöcken im Ultraschall gut zu erkennen sind, werden die Patientinnen zügig in die Klinik überwiesen“, so Haßfelds Erfahrung. „Es gibt jedoch Endometrioseerkrankungen, die sehr schmerzhaft sein können und im Ultraschall kaum auffallen. In solchen Fällen dauert es mitunter etwas länger, bis Patientinnen eine Klinik aufsuchen, wo per Bauchspiegelung die Diagnose gestellt werden kann.“
Ursache der Erkrankung ist unbekannt
Eine solche Bauchspiegelung wird unter Vollnarkose durchgeführt und ermöglicht einen Blick auf die inneren Organe und eben auch auf die Endometrioseherde. Viele ungeklärte Beschwerden im Bauchraum werden so überprüft, auch die Ursache für das Ausbleiben einer Schwangerschaft kann auf diese Art festgestellt werden. Bei sehr jungen Patientinnen sind Gynäkologen mit der Bauchspiegelung zurückhaltender.
Darum ist der Weg zu einer Diagnose oft nicht nur schmerzhaft, sondern auch langwierig, das weiß Haßfeld aus seinem Arbeitsalltag im Endometriose-Zentrum. „Tatsächlich haben die Patientinnen oft einen längeren Leidensweg hinter sich, bis die Diagnose feststeht.“
Über die Entstehung der Krankheit gibt es zwar Theorien, aber keine zuverlässige Antwort. Haßfeld ist es darum wichtig, seinen Patientinnen zu vermitteln, dass ihre Erkrankung nicht an ihrem Lebenswandel liegt und sie nichts dafür können. Doch die Möglichkeiten zur Behandlung der Krankheit sind begrenzt. Endometriose kommt in Stadien von eins bis vier vor und kann ganz unterschiedliche Auswüchse haben, die nicht immer mit dem Schmerzempfinden der Patientin übereinstimmen. Das macht es als Arzt besonders schwierig, die Krankheit einzuschätzen. Das genaue Abfragen, wann wo welche Schmerzen auftreten, und sich ausreichend Zeit für die Patientin zu nehmen, sind sehr wichtig. „Denn die Fälle sind oft sehr unterschiedlich und dementsprechend muss auch der Therapieplan immer individuell angepasst werden“, sagt der leitende Oberarzt.
Operationen können kompliziert werden
Wenn Schmerzmittel alleine nicht helfen, gibt es die Möglichkeit, hormonelle Medikamente einzusetzen. Diese sollen die Endometrioseherde austrocknen. Doch falls sie in Organe einwachsen, müssen die Herde operativ entfernt werden. Das erfordert dann viel Fachwissen und oft auch eine Zusammenarbeit der jeweiligen spezialisierten Fachärzte und -chirurgen.
Das größte Problem an Endometriose ist für viele Frauen, dass sie Probleme haben, schwanger zu werden. Die Krankheit ist die häufigste Ursache unfreiwilliger Kinderlosigkeit. Gynäkologe Haßfeld weiß aus seiner Erfahrung, dass der Wunsch, schwanger zu werden, bei vielen Patientinnen überhaupt der Grund dafür ist, dass Endometriose diagnostiziert wird. „Der größte Teil unserer Patientinnen ist 35 bis 40 Jahre alt und versucht schon eine Weile, schwanger zu werden, wenn sie zu uns kommen.“
Nach diesem Wunsch müssen Arzt und Patientin auch den Therapieplan anpassen. Denn während der hormonellen Behandlung ist eine Schwangerschaft nicht möglich, da die Hormone den Eisprung unterdrücken. Eine „Endometriosesanierung“, also die operative Entfernung der Endometrioseherde, ist oft die einzige Möglichkeit. „Ungefähr ein halbes Jahr lang stehen die Chancen dann ganz gut, auf natürlichem Weg schwanger zu werden“, sagt Haßfeld. Sollte das nicht klappen, führt der weitere Weg meist in die Kinderwunschkliniken.
Um Endometriose operieren zu können, benötigt man spezielle Erfahrung und muss auch als Operateur seine Grenzen kennen, sich weiterbilden und am Ball bleiben.
Die Aussichten der Patientinnen sind nicht sehr rosig. Da es sich um eine chronische Erkrankung handelt, gibt es auch keine Heilung. Das „natürliche Ende“ der Endometriose tritt dann mit Beginn der Menopause ein. „Doch das einer 25-jährigen Patientin zu sagen, ist natürlich frustrierend für die Erkrankte“, weiß Jens Haßfeld.
Da die Krankheit nun jedoch mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit rückt, könnte immerhin der Weg zu einer Diagnose für die Betroffenen einfacher werden.
Weiterführende Informationen Die Klinik in Schorndorf bietet eine offene Endometriosesprechstunde an. Diese findet immer montags von 12.30 bis 16 Uhr oder nach Vereinbarung statt. Für einen Termin ist bei gesetzlich versicherten Patientinnen eine Überweisung des Facharzts notwendig. Mehr Informationen gibt es online unter https://t1p.de/RMK-Endometriosezentrum oder per E-Mail an gynaekologie.schorndorf@ rems-murr-kliniken.de.