Kevin Dispan arbeitet seit Jahren auf das Amt hin
Bürgermeisterwahl Großerlach Der Verwaltungsfachmann ist einer von vier Kandidaten für die Bürgermeisterwahl. Er ist in Liemersbach aufgewachsen und noch immer in der Gemeinde verwurzelt. Seit Jahren verfolgt er das Ziel Bürgermeister zu werden.
Von Kristin Doberer
Großerlach. Kevin Dispan ist mitten im Wahlkampffieber, als er in Großerlachs Ortsmitte den Tante-M-Laden betritt. Spaziergänge mit der Schulleitung der Grundschule oder mit Vereinsvorsitzenden, Besuche bei Gewerbetreibenden und Institutionen in der Gemeinde stehen aktuell auf der Tagesordnung des Kandidaten für die Bürgermeisterwahl Ende Januar. Der Halt im Tante-M-Laden findet, zumindest diesmal, auch nicht zum Einkaufen statt. „Mir ist es wichtig, nicht nur ein Name auf dem Wahlzettel zu sein, sondern mich auch bei den Leuten vorzustellen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen“, sagt er. Unter anderem eben auch mit Anita Adolf und Alex Klimenko, die seit etwa einem Monat als Franchisenehmer den Tante-M-Laden betreuen. Wie die Rückmeldung der Kunden ist, will der Kandidat wissen. Und ob der Laden aktuell wirtschaftlich gut läuft. „Als einziger Nahversorger liegt es mir am Herzen, dass sie sich hier halten können“, erklärt Kevin Dispan den Betreibern. Diese sind bisher zufrieden. Abgesehen von einigen Diebstählen, sei der Laden nach der Wiedereröffnung gut angelaufen. „Die Diebe hatten wir alle auf der Kamera, die wurden ausfindig gemacht“, meint der Betreiber.
Ziel: Unternehmen in Großerlach halten
In den vergangenen Tage hat sich Kevin Dispan bereits mit zahlreichen Gewerbetreibenden der Gemeinde getroffen. Denn eines seiner Themen im Wahlkampf ist es, Unternehmen in Großerlach zu halten und weitere für den Standort zu gewinnen, zum Beispiel durch eine Erweiterung des Gewerbegebiets. Aber nicht nur die Vereine und Fraktionen wollte er abklappern, sondern auch alle Ortsteile von Großerlach, vor jedem Ortsschild habe er ein Foto gemacht, unterwegs ist er auch immer wieder mit den Bewohnerinnen und Bewohnern ins Gespräch gekommen. „Mir geht es auch darum, selbst die kleinsten Ortsteile mitzunehmen“, sagt er. Zumindest bei den beiden neuen Betreibern des Tante-M-Ladens kommt das sehr gut an. „Ich finde es gut, dass Sie sich dafür die Zeit genommen haben“, meint Alex Klimenko.
Diese Zeit für so einen aufwendigen Wahlkampf hat Kevin Dispan, weil er sich dafür Urlaub genommen hat. Seit März 2023 arbeitet er als stellvertretender Kämmerer sowie Leiter der Fachgruppe Haushalts- und Rechnungswesen bei der Stadt Remseck am Neckar. Zuvor war er bei der Stadtverwaltung Marbach am Neckar und Tamm in der Kämmerei tätig (siehe Infotext). Bei seinen bisherigen Stationen habe er also nicht nur einen sehr guten Einblick in die Verwaltungsarbeit und die Finanzführung von Kommunen bekommen, sondern auch bereits Personalverantwortung übernommen und sich regelmäßig mit Gemeinderäten ausgetauscht.
Förderung des Ehrenamts als Herzensprojekt
Weitere Themen
Mit Haushalt kennt er sich als Kämmerer also schon mal aus. Dass der Großerlacher dabei nicht allzu viel Spielraum neben den Pflichtaufgaben lässt, sei ihm bewusst. Gleichzeitig stehen in den kommenden Jahren so einige herausfordernde Projekte auf dem Plan: die Ortskernsanierung, die in die Jahre gekommene Kläranlage und das Betreuungsangebot in der Gemeinde, um nur einige zu nennen. „Hier muss man sicher auch mal kreative Lösungen finden“, sagt Dispan mit Blick auf die finanzielle Handlungsfähigkeit der Gemeinde. Trotzdem sei es ihm wichtig, neben den Pflichtaufgaben auch andere Themen anzugehen. Die Förderung des Ehrenamts sei ein Herzensprojekt: „Ehrenamtliche übernehmen in der Gemeinde so viele wichtige Aufgaben, das müssen wir fördern“, betont er. Das gehe los mit einer gut ausgerüsteten Feuerwehr, müsse aber nicht zwingend finanziell oder materiell sein. „Gerne würde ich mehr Raum für Begegnungen auch zwischen verschiedenen Vereinen schaffen, um Synergien zu nutzen.“ So brauche nicht jeder Verein einen Grill, nennt er ein Beispiel. Auch könne er sich mehr Kooperationen zwischen Schule und Vereinen vorstellen, um einerseits den Nachwuchs in den Vereinen zu fördern, andererseits aber auch den Kindern in der Gemeinde ein breiteres Freizeit- und Sportangebot zu bieten. „Ich glaube, da ist viel möglich, man muss es nur angehen.“
Auf das Bürgermeisteramt habe er schon lange hingearbeitet. Doch wenn er sich so sicher ist, warum kam die Bewerbung dann erst kurz vor Schluss? Dispan lacht, diese Frage habe er in den vergangenen Wochen wohl so häufig beantworten müssen, wie keine andere. Für die späte Bewerbung habe es mehrere Gründe gegeben. „Mein Ziel war es immer, Bürgermeister zu werden. Die Frage war nur, wann der richtige Zeitpunkt dafür ist.“ Er habe sich einfach ganz sicher sein wollen. Die Nachricht, dass Christoph Jäger nicht mehr antreten wolle, habe ihn sehr überrascht. „Da war dann klar, jetzt ist der Zeitpunkt fast perfekt.“ Außerdem habe er noch weitere Dinge bedenken müssen. Zum Beispiel die Aufgabe seines aktuellen Status des Beamten auf Lebenszeit für den Beamtenstatus auf Zeit. Auch mit seinem jetzigen Arbeitgeber, dem Oberbürgermeister von Remseck, habe er unbedingt vor einer öffentlichen Bekanntmachung absprechen wollen. „Er steht da hinter mir und hat mir auch einige Tipps mit auf den Weg gegeben“, erzählt Dispan. Und nicht zuletzt wollte er das über die Weihnachtsfeiertage auch erst mit seiner Familie besprechen. „Der Zuspruch meiner Familie ist mir dabei unglaublich wichtig. Wahlkampf kann man schließlich gar nicht alleine stemmen.“ So haben ihm Familie und Freunde nicht nur beim Verteilen von Flyern und beim Aufhängen von Wahlplakaten geholfen, sondern auch beim Erstellen einer Website. Aufgrund der Feiertage und Silvester habe es dann etwas gedauert, bis er seine Bewerbung offiziell machen konnte. „Das war alles andere als eine Kurzschlussreaktion“, fasst er zusammen.
In der Gemeinde fest verwurzelt
Aufgewachsen ist der 30-Jährige in Liemersbach, in Großerlach ging er zur Grundschule und bis vor zwei Jahren – da wechselte er nach Fornsbach – spielte er außerdem Fußball bei den Sportfreunden Großerlach. In der Gemeinde sei er also fest verwurzelt, auch wenn es ihn beruflich in den vergangenen Jahren in andere Kommunen geführt habe. Aktuell wohnt Dispan noch in Marbach, bei einem Wahlsieg wäre ein Umzug nach Großerlach aber keine Frage. „Das gehört für mich dazu, dass ein Bürgermeister auch im Ort wohnt“, betont er. Hier sei Christoph Jäger auch ein Vorbild. Ohnehin gelte es, große Fußstapfen zu füllen. Dass er mit noch nicht ganz 31 Jahren der jüngste im Kandidatenfeld ist, das sieht er trotzdem nicht als ein Problem. Schließlich war Jäger in einem ähnlichen Alter, als er den Posten erstmals übernahm. Trotzdem gebe es natürlich viele Dinge, an die auch er sich erst herantasten müsse, gibt der Kandidat offen zu. Allein der Wahlkampf mit Podiumsdiskussionen sind für ihn nicht alltäglich. „Ich habe mich zwar Jahre darauf vorbereitet, nun ist es aber doch seltsam, wenn ich mein Gesicht ständig auf Flyern oder Wahlplakaten sehe“, nennt er lachend ein weiteres Beispiel. Sollte er gewählt werden, ist es ihm aber wichtig, all die neuen Aufgaben nicht als Einzelkämpfer anzugehen. So wolle er unbedingt auf Bürgerbeteiligung setzen, zum Beispiel mit einer regelmäßigen Sprechstunde des Bürgermeisters. „Wenn eine Idee gut ist, ist es egal, ob die von mir oder jemand anderem kommt. Es darf nicht um einzelne Personen, sondern um die Sache gehen. Darum, Großerlach voranzubringen.“ Dabei sei ihm eine offene Kommunikation wichtig, so könne er sich vorstellen, seinen Instagram-Kanal auch im Amt weiterzuführen.
Ausbildung Nach seinem Realschulabschluss in Mainhardt absolvierte Kevin Dispan eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten bei der Stadt Murrhardt. In der Abendschule holte er seine Fachhochschulreife nach und studierte dann Public Management an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg.
Beruf Seit März 2023 arbeitet er als stellvertretender Kämmerer sowie Leiter der Fachgruppe Haushalts- und Rechnungswesen bei der Stadt Remseck am Neckar. Zuvor hatte er für zwei Jahre die Leitung der Stadtkasse der Stadtverwaltung Marbach am Neckar inne, davor war er vier Jahre lang Verwaltungsfachangestellter in der Kämmerei in Tamm.