Rekord-Erwärmung
2024 war es auf der Erde 1,6 Grad wärmer
Die höchste Durchschnittstemperatur, die größte Luftfeuchtigkeit und der großflächigste Hitzestress seit Messbeginn. Das sind die Daten von 2024. Folgen waren extreme Stürme und Überschwemmungen.
Von Markus Brauer/Simone Hummel (dpa)
Das Jahr 2024 war einem Report zufolge das erste seit Messbeginn, das weltweit im Schnitt über 1,5 Grad wärmer als im vorindustriellen Mittel gewesen ist. Damit war es zugleich das wärmste je gemessene Jahr, wie der Klimawandeldienst des EU-Programms Copernicus im britischen Reading berichtete. In den vergangenen Monaten hatte er bereits ähnliche Vorab-Schätzungen präsentiert.
Das Jahr sei neuesten Daten zufolge sogar 1,6 Grad wärmer als die geschätzte Mitteltemperatur von 1850 bis 1900 gewesen. Zugleich gehörte jedes der letzten zehn Jahre (2015-2024) zu den zehn wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen.
Even in the darkest days, I’ve seen hope power change. There are no guarantees for what’s ahead in 2025. But I pledge to stand with all those who are working to forge a more peaceful, equal, stable and healthy future for all people. pic.twitter.com/wD28KQBq2S — António Guterres (@antonioguterres) December 30, 2024
Bericht ist ein „Warnsignal“
„Alle international zusammengestellten globalen Temperaturdaten zeigen, dass 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1850 war“, betont der Direktor des Copernicus-Klimawandeldienstes, Carlo Buontempo. Der riesige Datensatz stammt von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt.
2024 was the warmest year for all continents, except Antarctica and Australasia. In Europe, 2024 exceeded the 1991–2020 average by 1.47°C and the previous record from 2020 by 0.28°C. Read the full Global Climate Highlights 2024 here: https://t.co/s3JeRjZUyg#C3S#GCH2024pic.twitter.com/XMMwSbSzPv — Copernicus ECMWF (@CopernicusECMWF) January 10, 2025
„Dieser Bericht ist ein Warnsignal, denn wir müssen alles daran setzen, um den Treibhausgasausstoß zu vermindern“, sagt Niklas Höhne, Mitbegründer des NewClimate Institute. „Wir müssen mehr tun als bisher.“
22. Juli 2024 war heißester Tag
Die globale Durchschnittstemperatur lag 2024 laut Copernicus bei 15,10 Grad und damit 0,12 Grad über der von 2023, dem bisher wärmsten Jahr der Aufzeichnungen. Ein neuer Rekord für den heißesten Tag wurde demnach am 22. Juli 2024 mit einer globalen Temperatur von 17,16 Grad aufgestellt. 2024 war zudem das wärmste gemessene Jahr in Europa und laut Deutschem Wetterdienst auch in Deutschland.
Im Pariser Klimaabkommen war 2015 vereinbart worden, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Doch nicht nur 2024 war bereits wärmer, sondern auch der Zweijahresdurchschnitt für 2023 und 2024, der 1,54 Grad betrug, wie Copernicus mitteilte. „Dies bedeutet nicht, dass wir die im Pariser Abkommen festgelegte Grenze überschritten haben.“ Das Abkommen beziehe sich auf Temperaturabweichungen, die über einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren gemittelt werden.
Schon bei heutigen Temperaturen etliche Extremereignisse
„Ich halte das 1,5-Grad-Ziel für nicht mehr haltbar“, erklärt Andreas Fink vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Auch die Technologien zur CO2-Entnahme aus der Atmosphäre seien nach seinem Kenntnisstand in den nächsten Jahrzehnten nicht in der Lage, die nötigen Mengen CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen. Es sei daher unbedingt notwendig, die Emissionen der Treibhausgase sehr rasch zu reduzieren. Die Kosten eines eskalierenden Klimawandels seien deutlich höher als die Abkehr von Kohle, Öl und Gas.
Bei 1,5 Grad handle es sich um ein politisches Ziel, ab dem Dinge passieren, „die wir nicht mehr als akzeptabel empfinden“, erläutert Höhne. 2024 habe gezeigt, wie gefährlich das Temperaturniveau bereits sei.
„Es gab Extremereignisse überall auf der Welt: Temperaturen über 50 Grad, extreme Niederschläge, die an einem Tag so viel Regen brachten wie sonst in einem Jahr, und riesige Brände, die nicht zu löschen waren“, so der Klimaforscher. „Solange wir Treibhausgase ausstoßen, wird die Temperatur weiter steigen und damit die Wahrscheinlichkeit für diese Extremereignisse.“
Ozeane so warm wie lange nicht mehr in der Erdgeschichte
Nicht nur Landflächen, auch die Ozeane waren im Jahresmittel so warm wie nie seit Beginn der Messungen. Das gelte sowohl für die Temperaturen an der Oberfläche als auch für die gespeicherte Wärme bis in eine Tiefe von 2000 Metern, berichtet ein Team um Lijing Cheng von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Die Erwärmung der Ozeane bis in 2000 Metern Tiefe beschleunige sich sogar.
Die Ozeane sind sehr bedeutend für das Klima der Erde, denn sie nehmen rund 90 Prozent der durch den Anstieg der Treibhausgase entstehenden Wärme auf. Zudem beeinflussen sie wiederum das Wetter, indem sie Wärme und Feuchtigkeit an die Atmosphäre abgeben.
Mehr Wasserdampf in der Atmosphäre
Die Temperaturrekorde führten laut Copernicus zur höchsten jemals gemessenen Menge an Wasserdampf in der Atmosphäre. Sie lag 2024 um rund fünf Prozent über dem Durchschnitt von 1991 bis 2020. Die Kombination aus hohen Meerestemperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit habe zu schweren Stürmen einschließlich tropischer Wirbelstürme beigetragen.
Andererseits begünstigten anhaltende Trockenperioden in mehreren Regionen Waldbrände, erläutert Copernicus und verweist besonders auf großflächige und lang anhaltende Waldbrände in Amerika. Zudem erreichte die Fläche der Erde, die von mindestens „schwerem“ Hitzestress betroffen war, am 10. Juli einen neuen Rekord, als rund 44 Prozent der Erde „schweren“ bis „extremen Hitzestress“ erlebten.
Noch viel zu tun für eine bessere Welt
„Vor zehn Jahren berechneten wir, dass die Erdtemperatur bis Ende des Jahrhunderts um 3,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit steigt“, unterstreicht Höhne mit Blick auf das Klimaprojekt Climate Action Tracker. Dank der raschen Entwicklung beim Klimaschutz seien es nun 2,7 Grad. Wenn alle Länder ihre angekündigten Klimaneutralitäts-Ziele einhalten, seien es 1,9 Grad.
Der Treibhausgas-Ausstoß müsse global auf null reduziert werden. „Dafür ist aber noch viel zu tun“, mahnt Höhne. Doch es lohne sich.
Der designierte US-Präsident Donald Trump könne sich nicht dagegen wenden, dass die erneuerbaren Energien unschlagbar günstig seien. In Deutschland sei wichtig, dass die Parteien gemeinsam gegen die Klimakrise kämpften, sagt Höhne. „Es ist eine existenzielle Krise, bei der die Parteien zusammenarbeiten müssen, ohne sich gegenseitig auszuspielen.“