57-Jähriger stiehlt Nahrungsergänzungsmittel in Backnanger Discounter

Der gelernte Elektromechaniker ist vor dem Backnanger Amtsgericht wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls verurteilt worden.

Der Prozess findet am Backnanger Amtsgericht statt. Symbolbild: Edgar Layher

© © Edgar Layher

Der Prozess findet am Backnanger Amtsgericht statt. Symbolbild: Edgar Layher

Von Jutta Rieger-Ehrmann

Backnang. Ein 57-Jähriger ist vor dem Backnanger Amtsgericht wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls verurteilt worden. Dem Angeklagten, der von Beruf Elektromechaniker ist, wurde in der Verhandlung vorgeworfen, im Frühjahr dieses Jahres in einem Backnanger Discounter diverse Nahrungsergänzungs- und Heilmittel entwendet zu haben, indem er die Tabletten, Kapseln et cetera aus der Packung genommen, in verschiedenen Jacken- und Hosentaschen verstaut hat und mit einem leeren Einkaufswagen durch die Kasse ging.

Dem Hausdetektiv, der die Aktion beobachtet hatte und ihn festhalten wollte, konnte er durch heftige Gegenwehr entwischen. Der 57-Jährige versuchte daraufhin, mit der Ware zu entkommen. Auf seiner Flucht warf er mit verschiedenen Gegenständen nach seinem Verfolger, unter anderem mit einer Schaufel aus einem Vorgarten und einem Ast. Auch von Steinen war in der Anklageschrift die Rede. Getroffen hat er den Hausdetektiv allerdings nicht. Er landete schließlich, da er beim Laufen ausrutschte, in einem Bach. Dort wurde er festgesetzt. Diesen Ablauf bestätigte auch der als Zeuge geladene Hausdetektiv.

Der Rechtsbeistand des Angeklagten gab in dessen Auftrag eine Erklärung ab. Er teilte mit, dass sein Mandant die Vorwürfe im Wesentlichen einräume. Er sei an jenem Tag jedoch in einer schwierigen Situation gewesen, da er sich bei einer Firma beworben hatte, was aber nicht erfolgreich war. Dies solle keine Relativierung seiner Taten sein, sondern solle nur das Verhalten etwas erklären. Die Besitzerhaltungsabsicht gebe sein Mandant ebenfalls zu (Anm. d. Red.: von Besitzerhaltungsabsicht spricht man, wenn ein Täter in der Absicht handelt, eine Beuteentziehung zu verhindern). Es sei ihm aber vor allem darum gegangen, dieser ihm peinlichen Situation zu entfliehen. Er bedauere die Sache sehr und wolle sich in aller Form entschuldigen – auch beim Geschädigten, der die Entschuldigung annahm.

Für den Angeklagten sprechen sein Geständnis und die Aussage des Zeugen

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Zu seinen persönlichen Verhältnissen wollte der 57-Jährige selbst etwas sagen. Er sei ledig, Kinder habe er „keine mehr“, so seine Aussage. Nach Realschulabschluss und Ausbildung habe er einige Jahre im Anlagenbau gearbeitet, sich dann selbstständig gemacht. Aus dieser Phase gebe es noch finanzielle Verpflichtungen. Inzwischen sei er aus gesundheitlichen und familiären Gründen schon längere Zeit arbeitslos und pflege seine Eltern, von denen er ein kleines Taschengeld bekomme. Geld von der Pflegekasse erhalte er nicht und auch sonst keine Unterstützung. Im Bundeszentralregister hat der Angeklagte nur einen strafrechtlich nicht relevanten Eintrag. Damit war die Beweisaufnahme abgeschlossen.

Der Staatsanwalt sah den Vorwurf des besonders schweren räuberischen Diebstahls und des schweren Diebstahls als erwiesen an. Für den Angeklagten sprechen sein Geständnis und die Aussage des Zeugen, der das Werfen von Steinen nicht bestätigen konnte. Zudem sei der entstandene Schaden gering und der 57-Jährige habe keine Vorstrafen. Daher fordere er ein Jahr Freiheitsstrafe mit zwei Jahren Bewährung sowie 60 Stunden gemeinnützige Arbeit. Der Rechtsanwalt schloss sich der Forderung an. Nach einer kurzen Beratung lautete das Urteil des Schöffengerichts: ein Jahr Haft mit einer Bewährungszeit von zwei Jahren. Zudem hat der 57-Jährige innerhalb von acht Monaten 60 Stunden gemeinnützige Arbeit abzuleisten und die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Richter riet dem Mann dringend, sich Unterstützung zu suchen. Zum Beispiel könne er sich in einem Pflegestützpunkt beraten lassen oder Bürgergeld beantragen. Dies würde seine Situation sicher erleichtern, sodass er sich nicht noch einmal in eine solche Lage bringe. Er wies ihn darauf hin, dass auch kleinere Verstöße und Konflikte wie Beleidigungen oder Streit mit Nachbarn zu einem Bewährungswiderruf führen können. Das Urteil ist rechtskräftig.

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Erstellt:
27. Juni 2024, 06:00 Uhr

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