Weltbevölkerung

8,2 Milliarden – oder leben noch mehr Menschen auf der Erde?

Volkszählungen können gerade in ländlichen Regionen schwierig sein. Über einen Kniff haben Forscher nun für einige Gebiete genauer hingeschaut. Demnach muss die Weltbevölkerungsuhr verstellt werden.

Die Weltbevölkerung wächst einer  Schätzung der Vereinten Nationen zufolge noch bis zum Jahr 2084. Rund 10,3 Milliarden Menschen werden einer UN-Weltbevölkerungsprognose zufolge dann auf der Erde leben.

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Die Weltbevölkerung wächst einer Schätzung der Vereinten Nationen zufolge noch bis zum Jahr 2084. Rund 10,3 Milliarden Menschen werden einer UN-Weltbevölkerungsprognose zufolge dann auf der Erde leben.

Von Markus Brauer/Annett Stein (dpa)

Auf der Erde könnten einer Studie zufolge weitaus mehr Menschen leben als nach gängigen Schätzungen angenommen. Ein erheblicher Teil der Landbevölkerung fehle in globalen Bevölkerungsdaten, berichtet ein Forscherteam im Fachjournal „Nature Communications“.

Mielenkiintoinen tutkimus. Global gridded population datasets systematically underrepresent rural population.https://t.co/RiQmrdOLDg — Marko T.J. Ekqvist (@MarkoTJEkqvist) March 18, 2025

Fehlerbehaftete Volkszählungen

Auffällige Diskrepanzen gibt es demnach zum Beispiel in China, Brasilien, Australien, Polen und Kolumbien. Da nach derzeitigen Schätzungen 43 Prozent der weltweit 8,2 Milliarden Menschen in ländlichen Gebieten lebten, hätten die neuen Erkenntnisse weitreichende Konsequenzen.

Volkszählungen können gerade in ländlichen Regionen schwierig sein. Über einen Kniff haben Forscher nun für einige Gebiete genauer hingeschaut. Demnach muss die Weltbevölkerungsuhr verstellt werden.

Schätzungen zur Weltbevölkerung, wie sie etwa von den Vereinten Nationen und der Weltbank genutzt werden, basieren vorwiegend auf Volkszählungen, aber zum Beispiel auch auf Satellitenbildern, die über Bebauung und nächtliche Beleuchtung Aufschluss geben. Verstreute Weiler und Dörfer seien auf solchen Aufnahmen oft kaum oder gar nicht zu erkennen, heißt es in der Studie.

Erfassung in ländlichen Gebieten oft besonders schwierig

Nicht alle Länder verfügen über die Ressourcen für eine präzise Datenerhebung, gerade ländliche Regionen mit weit verstreut lebender Bevölkerung sind oft schwer zu erfassen, geben die Forscher um Josias Láng-Ritter von der Aalto-Universität in Helsinki zu bedenken.

Mitunter erschwerten auch Konflikte die Zählung oder es gebe Widerstand gegen die Teilnahme. „Solche Herausforderungen können zu einer erheblichen Unvollständigkeit der Zählung führen. In Paraguay zum Beispiel wurde bei der Volkszählung 2012 möglicherweise ein Viertel der Bevölkerung nicht erfasst.“

Das Team um Láng-Ritter nutzte nun Umsiedlungsdaten aus Staudammprojekten für eine Überprüfung. „Wenn Staudämme gebaut werden, werden große Gebiete überflutet und die Menschen müssen umgesiedelt werden“, erklärt der Forscher. „Die umgesiedelte Bevölkerung wird in der Regel genau gezählt, weil die Staudammunternehmen den Betroffenen Entschädigungen zahlen.“

Staudammprojekte als Hilfsmittel für realistische Werte

Diese vor Ort durchgeführten Bevölkerungszählungen seien mit räumlichen Informationen aus Satellitenbildern kombiniert worden. Berücksichtigt wurden mehr als 300 ländliche Staudammprojekte in 35 Ländern. Die erhaltenen Werte verglichen die Forscher mit denen aus den fünf am häufigsten verwendeten globalen Bevölkerungsdatensätzen.

Die darin angegeben Bevölkerungszahlen unterschätzten die tatsächliche Zahl demnach um 53 (Datensatz WorldPop) bis 84 Prozent (GHS-POP). „Dies bedeutet, dass die ländliche Bevölkerung selbst im genauesten Datensatz im Vergleich zu den gemeldeten Zahlen um die Hälfte unterschätzt wird.“

Für alle fünf untersuchten Datensätze wurden nur systematische Unterschätzungen gefunden. Ländliche Regionen seien infolgedessen beim Zugang zu Dienstleistungen, Ressourcen und Entwicklungschancen wahrscheinlich immer wieder benachteiligt worden, schließen die Forscher.

Verzerrung wahrscheinlich nach wie vor vorhanden

Die Studie konzentrierte sich auf Bevölkerungskarten für den Zeitraum von 1975 bis 2010, da für spätere Jahre keine Staudammdaten vorlagen, wie die Forscher erläutern. Die Genauigkeit der Karten habe sich im Laufe der Jahrzehnte etwas verbessert. Es sei aber anzunehmen, dass die neuesten Daten immer noch einen Teil der Weltbevölkerung übersehen.

„Es ist unwahrscheinlich, dass eine geringfügige Verbesserung der Eingabedaten dieses Ausmaß an Verzerrung korrigieren könnte, wenn dieselben grundlegenden Verfahren angewandt werden“, erklärt Láng-Ritter.

„Die von uns festgestellten Verzerrungen erfordern eine kritische Diskussion über vergangene und künftige Anwendungen dieser Datensätze, um das Risiko zu mindern, dass ländliche Bevölkerungsgruppen systematische Nachteile bei der Zuweisung von Ressourcen und Dienstleistungen erfahren“, schreiben die Forscher.

Landbevölkerung systematisch benachteiligt

Die Datensätze seien in Tausenden von Studien verwendet worden und hätten in hohem Maße zur Entscheidungsfindung beigetragen, etwa bei der Ressourcenzuteilung, Gesundheitsversorgung und Planung von Infrastruktur, sagt Láng-Ritter.

Ohne grundlegende Überprüfung drohe das auch weiterhin der Fall zu sein. Es gehe um Fragen wie: Brauchen wir dort ein Krankenhaus? Wie viele Medikamente werden in dem Gebiet benötigt? Wie viele Menschen könnten dort von Naturkatastrophen betroffen sein?

Info: Entwicklung der Weltbevölkerung

2084: 10,3 Milliarden Die Weltbevölkerung wächst einer Schätzung der Vereinten Nationen zufolge noch bis zum Jahr 2084. Rund 10,3 Milliarden Menschen werden einer UN-Weltbevölkerungsprognose zufolge dann auf der Erde leben. Momentan sind es rund 8,2 Milliarden. Die Erhebung, die von den Vereinten Nationen alle zwei Jahre veröffentlicht wird, deckt sich im Wesentlichen mit den Daten von 2022.

2060: 10 Milliarden Das gegenwärtig noch relativ schnelle Wachstum von etwa 70 Millionen Menschen pro Jahr wird sich demnach ab dem Jahr 2050 deutlich verlangsamen. Die Zehn-Milliarden-Marke werde im Jahr 2061 geknackt, der Spitzenwert aber erst 2084 erreicht, heißt es seitens der UN. Danach falle die Kurve langsam ab. Die Schätzungen der Vereinten Nationen basieren auf der gegenwärtigen Prognose von Geburten- und Sterberaten. Sie dürften sich in kommenden Berichten weiter verändern und könnten von großen Weltereignissen beeinflusst werden.

Entwicklung der Kontinente - Europa Die meisten Kontinente verzeichnen den Daten zufolge bereits heute kein oder kaum Wachstum mehr. Europa mit momentan 745 Millionen Menschen dürfte demnach bis zum Jahr 2100 auf knapp 600 Millionen Einwohner schrumpfen.

Asien Die meisten Leute leben heute mit 4,8 Milliarden in Asien, dessen Bevölkerung noch 30 Jahre weiter wachsen soll, wenn auch nur leicht.

Afrika Der größte Zuwachs wird aber in Afrika erwartet: Eine Veränderung von mehr als zwei Milliarden auf dann mehr als drei Milliarden im Jahr 2100, lautet die UN-Prognose.

Entwicklung Für die erste Milliarde Individuen brauchte die Menschheit sehr lange: Vor etwa 300.000 Jahren tauchte der Homo Sapiens auf. Kurz nach 1800 wurde die erste Milliarde erreicht. Seither geht es immer schneller. Von einer Weltbevölkerung von zwei Milliarden Menschen im Jahr 1928 bis zu den heutigen acht Milliarden Menschen brauchte es keine 100 Jahre. Das Wachstum von sieben auf acht Milliarden Menschen dauerte sogar nur elf Jahre.

 

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Erstellt:
19. März 2025, 15:58 Uhr
Aktualisiert:
19. März 2025, 16:09 Uhr

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