850 000 Menschen auf dem Wasen
Der Andrang ist groß beim ersten Wochenende des 177. Cannstatter Volksfestes. Polizei und Veranstalter sprechen von einem friedlichen Auftakt. Beim Umzug am Sonntagmorgen stehen zigtausende am Straßenrand in Bad Cannstatt.
Von Frank Rothfuss
Stuttgart - Der Cannstatter Volksfestverein muss einen ganz kurzen Draht zu Petrus haben. Da mag es am Freitag während der Eröffnung des Wasenrummels regnen, da mögen am Samstag die Schauer niedergehen, dieser letzte Sonntag im September ist fast immer von der Sonne verwöhnt, die zigtausenden Besucher und Teilnehmer des Volksfest-Umzugs brauchen ganz selten einen Regenschutz.
Was auch gut ist, denn Ritter mit Regenschirm wirken schon etwas albern. Knirps links, Schwert rechts, das blieb den Württemberger Rittern in ihrer vollen Rüstung erspart; erstmals hatten die Organisatoren einen großen Mittelalter-Block zusammengestellt. Mit der Tanzgruppe aus Altdorf-Weingarten, den Muntprat-Trommlern aus Ravensburg, der Stadtwache aus Konstanz und die Nördlinger Ritterschaft sowie der Baltringer Haufen, die an die Zeiten des Bauernkriegs erinnern.
Mittelalter, das waren nicht nur Turniere und die Salier und Staufer, da wütete auch die Pest. Die Menschen haben darunter kaum noch zu leiden, für die Tiere gilt das nicht. Weil derzeit die Schweinepest grassiert, konnten die Schwäbisch-Hällischen Landschweinen nicht kommen. Wie für Menschen während Corona, gilt für die Schweine ein Kontaktverbot als Schutz vor Ansteckung des Virus, der von Wildschweinen übertragen wird.
Auch ohne die seitherigen Stars des Umzugs waren etliche Tiere dabei, 150 Pferde, Ochsen, Kühe und Geißen. 40 Festwagen und 3500 Teilnehmer fuhren und gingen am Sonntagmorgen durch die Gassen Bad Cannstatts zum Wasen.
Mit dabei war auch das einzig übrig gebliebene Brauereigespann Stuttgarts. Erst nach der Berichterstattung dieser Zeitung, dass deren Auftritt auf dem Wasen mangels Ställen im Reitstadion gestrichen werden sollten, hatten sich die Verantwortlichen eines bessern besonnen. So sind die Kaltblüter aus dem Schwäbischen Wald nicht nur auf dem Festplatz zu sehen, sondern trotteten auch beim Umzug mit.
Nicht bei den Bierfässern, sondern in eigenen Kutschen wurden Landtagspräsidentin Muhterem Aras und Stuttgarts OB Frank Nopper durch die Straßen gefahren. Auch eine Fruchtsäule en miniature und ein Modell der Grabkapelle waren zu sehen. Ebenso die Cannstatter Kanne. Denn auf eines vergisst der Volksfestverein natürlich nie hinzuweisen, das Volksfest wird in Bad Cannstatt gefeiert.
Auf dem Cannstatter Wasen. Dort kehrten dann auch die Teilnehmer nach ihrem Marsch ein. Für sie fand sich noch ein Plätzchen. Insgesamt war es aber eng am Sonntag. Am Nachmittag strömten die Menschen auf den Platz. Auch wenn einem das in manchen Gassen nicht so vorkam, es blieb noch Luft; es waren samstags und sonntags maximal 50 000 Menschen auf dem Platz, sagt Marcus Christen, Abteilungsleiter der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart. Noch ein gutes Stück weg bis zur Kapazitätsgrenze von 95 000 Besuchern, die zur gleichen Zeit auf dem Platz sein dürfen.
Am Samstag waren es laut Christen insgesamt 380 000 Menschen. Über das Wochenende hinweg summierte sich dies zu einer Besucherzahl von 850 000 Menschen. Im Vorjahr waren am ersten Wochenende 800 000 Besucher gekommen. Christen: „Ich freue mich über einen fröhlichen Auftakt des Volksfestes, der mit dem Fassanstich und dem Volksfestumzug die Tradition des Festes für die Besucherinnen und Besucher hautnah erlebbar gemacht hat.“
Die Kontrollen an den Eingängen seien problemlos und unauffällig vonstattengegangen. „Unser Konzept funktioniert“, sagte Christen, „es gab keine sicherheitsrelevanten Vorkommnisse, das erste Wochenende verlief sehr friedlich.“ Dies bestätigte auch die Polizei. Man habe ein normales Volksfest-Wochenende verzeichnet, „nichts Außergewöhnliches und Auffälliges“.