Abschied von einer Clublegende

Die Boa war das Lebenswerk von Rainer Frankfurth, der mit 61 Jahren starb. Wie geht es in dem Lokal weiter?

In der Aussegnungshalle stand dieses Foto von Rainer Frankfurth.

© ubo

In der Aussegnungshalle stand dieses Foto von Rainer Frankfurth.

Von Uwe Bogen

Stuttgart - Der Tod kam unerwartet. Im Urlaub in Ecuador, in dem Land, aus dem seine Lebensgefährtin stammte, erlitt Rainer Frankfurth Mitte August im Alter von 61 Jahren einen Herzinfarkt. Es dauerte Wochen, bis die Urne der Stuttgarter Clublegende in die Heimat überführt werden konnte. Unter großer Anteilnahme nahmen jetzt die Familie, Freunde, Weggefährten sowie viele Gastro-Kollegen Abschied von einem außergewöhnlichen Menschen, erst bei der Beisetzung auf dem Pragfriedhof, dann bei einer Gedenkfeier in der Boa, in der ältesten Disco der Stadt, die Frankfurths Lebenswerk war.

„Dein ansteckendes Lachen war die Sonne, die unser Leben erfüllte“, steht in dem Abschiedsbrief, den seine Lebensgefährtin mit ihrer Tochter an ihn verfasst hat. Der Trauerredner liest auf dem Pragfriedhof diese Liebeserklärung vor, die unter die Haut geht. Weiter heißt es in dem Brief: „Deine Liebe lehrt uns, stark zu sein und jeden Moment zu genießen.“ Als sei sie sein eigenes Kind – so habe er sich um die Tochter der Freundin gekümmert, die Frankfurth kennenlernte, als sie vor fünf Jahren die Boa als Gast besuchte.

Der gelernte Industriekaufmann, der auch den Beruf des Stahlbauschlossers gelernt hatte, war das, was man eine Stuttgarter Gastro-Institution nennt. Seine erste Station als Wirt und Clubbetreiber war das M 1 im Südmilch-Areal, seine letzte die Boa.

Immer wieder erwähnen die Trauergäste, was für ein lustiger Mensch Rainer Frankfurth war, gesegnet mit einem schwarzen Humor. Sein Team in der Boa habe sich mit ihm wie in einer großen Familie gefühlt. Wenn es mal Streit gegeben habe, sei der Ärger rasch verraucht, weil der Chef nie nachtragend gewesen sei.

Nach der Beisetzung findet die Gedenkfeier in der Boa statt. Neuer Chef der ältesten Disco von Stuttgart wird der 23-jährige Henrik Biegger. Als sei es eine schicksalhafte Fügung gewesen: Frankfurth hatte den jungen Mann auf der Tübinger Straße durch einen Zufall kennengelernt. Sie verstanden sich auf Anhieb gut, lachten gemeinsam, und der Ältere beschloss schon nach kurzer Zeit, den Jüngeren als seinen Nachfolger aufzubauen.

„Der Henrik war für Rainer der Sohn, den er nie hatte“, sagt einer der Trauergäste. Und Henrik Biegger sagt: „Ich hab von Rainer gelernt.“ Für den 23-Jährigen ist klar, dass er das 1977 eröffnete Lokal als neuer Eigentümer im Sinne des Verstorbenen weiterführt. Gleichzeitig denkt er an einen Umbau, etwa an eine Decke mit Pflanzen und LED-Monitoren, damit Stuttgarts Dino des Nachtlebens bei jungen Leuten beliebt bleibt. Noch ist es aber zu früh, genaue Pläne zu schmieden. Die Trauer ist noch zu groß.

„Rainer hat immer gern und viel gelacht“, hört man bei der Gedenkfeier, weshalb eines klar sein dürfte: Auch der Verstorbene würde sich wünschen, dass in seiner Boa das Lachen zurückkehrt und sie noch lange ein wichtiger Teil des Stuttgarter Nachtlebens bleibt.

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Erstellt:
25. September 2024, 22:06 Uhr
Aktualisiert:
26. September 2024, 21:52 Uhr

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