CDU büßt 3200 Mitglieder ein: Grüne gewinnen 1770 hinzu
dpa/lsw Stuttgart. Bei den alten Volksparteien CDU und SPD sind die Mitglieder im Südwesten im Schnitt 61 Jahre alt. Noch ist die Union im Südwesten mit Abstand die Partei mit der stärksten Basis, aber die bröckelt.
Die CDU in Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr nicht nur empfindliche Wahlniederlagen hinnehmen müssen, sie hat auch deutlich an Mitgliedern verloren. Ende 2021 hatte die Union noch etwa 55.800 Mitglieder, das ist ein Minus von 3200 im Vergleich zum Vorjahr. Der Rückgang sei vor allem dadurch bedingt, dass ältere Mitglieder verstorben seien, sagte eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Das Durchschnittsalter der Mitglieder liege bei 61 Jahren. Trotz des Minus ist die Landes-CDU weiter die mitgliederstärkste Partei in Baden-Württemberg und bundesweit nach der CDU in Nordrhein-Westfalen der zweitgrößte Landesverband.
Dagegen können die Landes-Grünen, Koalitionspartner der CDU, auch bei der Mitgliederentwicklung klar zulegen. Die FDP im Südwesten konnte ebenfalls Anhänger dazugewinnen, die SPD immerhin ihren Abwärtstrend bremsen. Die AfD verlor in Baden-Württemberg fast ein Fünftel ihrer Mitglieder.
Aderlass bei CDU nimmt zu
Der Schwund bei der Union hat sich zuletzt beschleunigt. Vor fünf Jahren hatte die CDU noch 63.000 Mitglieder. Knapp ein Viertel der Mitglieder sind Frauen, auch das ist ausbaufähig. Die Sprecherin sieht aber auch positive Entwicklungen: „Erfreulich ist, dass wir im Jahr 2021 rund 1500 Neumitglieder bei uns begrüßen konnten, davon allein zum Jahresende rund 500.“ Und: Der Landesverband habe bundesweit zuletzt den größten Zuwachs beim Frauenanteil gehabt.
Kurz nach der Schlappe bei der Landtagswahl im März 2021 hatte die CDU eine Zukunftskommission eingesetzt, um sich verstärkt um eine Modernisierung zu kümmern. Im März war die CDU mit Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann nur auf 24,1 Prozent gekommen, ging danach erneut eine Koalition mit den stärkeren Grünen ein. Bei der Bundestagswahl im Herbst kam die Südwest-CDU nur auf 24,8 Prozent.
Grüne legen zu - aber immer noch weit weg von CDU
Die neuen Grünen-Vorsitzenden jubeln über ein Plus von gut 1770 Mitgliedern im vergangenen Jahr. Ende 2021 wurden 16.630 Mitglieder gezählt - ein Zuwachs von zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie Lena Schwelling und Pascal Haggenmüller mitteilten. Zum Vergleich: Die Südwest-CDU hat mehr als dreimal so viele Mitglieder. Der Frauenanteil bei den Grünen sei erneut leicht gestiegen auf 41,4 Prozent. Das bundesweite Durchschnittsalter liegt bei 47,6; für das Land sei das noch nicht berechnet.
Für die Ökopartei war 2021 ein Jahr des Triumphes und der enttäuschten Erwartungen. Bei der Landtagswahl erreichten die Grünen mit Regierungschef Winfried Kretschmann an der Spitze 32,6 Prozent - ein Rekord. Das Ergebnis bei der Bundestagswahl war mit 17,2 Prozent zwar ebenfalls das beste jemals und doch weit hinter dem, was zwischenzeitlich möglich schien. Immerhin konnten die Grünen mit der Wahlsiegerin SPD und mit der FDP eine Ampelkoalition bilden.
Hoch Olaf hilft auch Südwest-SPD
Die Sozialdemokraten im Land konnten ihren generellen Abwärtstrend bremsen und rund um die Bundestagswahl 300 neue Mitglieder begrüßen - wohl auch dank der Popularität von Olaf Scholz. Die Mitgliederzahl lag Ende 2021 bei 33 200, sagte eine Sprecherin. Das ist ein Minus im Vergleich zum Vorjahr von 400. In den zwei Jahren zuvor war die Mitgliederzahl um jeweils etwa 1000 zurückgegangen.
Die Südwest-SPD ist bundesweit nur der fünftgrößte Landesverband. Das Durchschnittsalter liegt bei 61 Jahren. Ein Drittel der Mitglieder sind Frauen. Die SPD im Land konnte sich bei der Bundestagswahl um 5,2 Punkte auf 21,6 Prozent steigern und landete hinter der geschwächten CDU auf Rang zwei. Bei der Landtagswahl war sie im März auf nur noch 11 Prozent eingebrochen.
Liberale gewinnen am meisten dazu
Die Südwest-FDP legte im Wahljahr zu und steuert auf die Marke von 10.000 Mitgliedern zu. Die Landespartei hat 9750 Mitglieder, ein Plus von 1800, sagte ein Sprecher. Schon vor der Bundestagswahl habe man mit 9000 den 40 Jahre alten Mitgliederrekord aus dem Jahr 1980 gebrochen. Der Landesverband ist nach NRW der zweitgrößte bundesweit. Der Frauenanteil liegt bei 19,5 Prozent. Das Durchschnittsalter der Mitglieder des Landesverbands beträgt 48 Jahre. Die Südwest-FDP legte bei der Bundestagswahl auf 15,3 Prozent zu, nach 12,7 Prozent vor vier Jahren. Auch bei der Landtagswahl war sie mit 10,5 Prozent zweistellig, für eine Beteiligung an der Regierung, etwa in einer Ampel, reichte es aber nicht.
AfD bereinigt Mitgliederzahlen und büßt ein
Die AfD verzeichnete einen starken Rückgang von etwa 900 Mitgliedern auf rund 3900. Grund sei, dass man Anfang des Jahres dauerhaft nichtzahlende Mitglieder ausgeschlossen habe, hieß es. Seit die AfD bei den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen mitmache, gebe es aber wieder viele Anfragen nach einer Parteimitgliedschaft. Zu anderen Daten zur Mitgliedschaft machte die Partei zunächst keine Angaben. Bei der Landtagswahl büßte die AfD 5,4 Prozentpunkte ein und landete mit 9,7 Prozent nur noch auf Rang fünf. Bei der Bundestagswahl musste die AfD im Südwesten ein Minus von gut zwei Punkten hinnehmen und kam auf 9,4 Prozent.
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