Mehr als 1,2 Millionen Jahre alt

Ältestes Eis der Welt in der Antarktis erbohrt

Es ist ein historischer Meilenstein für die Klimaforschung: Forscher haben einen 2800 Meter langen Eiskern in der Antarktis erbohrt, der bis zum Grundgestein unter dem Eisschild reicht.

Luftaufnahme Forschungscamp „Little Dome C“ in der  Antarkti.

© Alfred-Wegener-Institut/PNRA/IPEV

Luftaufnahme Forschungscamp „Little Dome C“ in der Antarkti.

Von Markus Brauer

Die irdischen Gletscher und Eisschilde sind wichtige Zeitzeugen der Vergangenheit. Denn in ihren Eisschichten sind Gase und Teilchen konserviert, die Auskunft über die Klima- und Umweltbedingungen bei ihrer Entstehung geben.

Eisbohrkerne machen diese Daten zugänglich. Der bisher längste lückenlose Eisbohrkern, erbohrt vor rund 20 Jahren vom Forschungsprojekt „EPICA“, stammt vom Hochplateau der Antarktis. Seine Schichten dokumentieren mehr als 800.000 Jahre Klimageschichte.

„Beyond EPICA – Oldest Ice“

Noch weiter zurück reicht nun der neue Eisbohrkern des Nachfolgeprojekts „Beyond EPICA - Oldest Ice“. Dem Forscherteam ist es gelungen, das bisher älteste Eis der Erde zu gewinnen. „Dies markiert einen historischen Moment für die Klima- und Umweltwissenschaft“, sagt Projektkoordinator Carlo Barbante von der Universität Ca‘ Foscari in Venedig. „Dies ist die längste kontinuierliche Aufzeichnung unseres vergangenen Klimas aus einem Eiskern.“

„Die vorläufigen Analysen von Bohrcamp „Little Dome C“ in der Antarktis deuten darauf hin, dass die obersten 2480 Meter eine Klimaaufzeichnung enthalten, die bis zu 1,2 Millionen Jahre zurückreicht, und zwar in einer hochauflösenden Aufzeichnung, bei der bis zu 13.000 Jahre in einem Meter Eis komprimiert sind“, berichtet Julien Westhoff von der Universität Kopenhagen.

Bohrcamp „Little Dome C“

Frank Wilhelms, Glaziologe am Alfred-Wegener-Institut/ Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) berichtet aus der Antarktis: „Es ist faszinierend, dass wir jetzt wirklich genau dort Eis im Alter zwischen 800.000 und 1,2 Millionen Jahren erbohren konnten, wo wir es aufgrund unserer Vorerkundungen vorhergesagt hatten: im Tiefenbereich zwischen 2426 und 2490 Metern.“

In dieser Zeit liegt der Übergang des mittleren Pleistozäns, eine Periode, in der sich die Eiszeitzyklen von 41.000-jährige auf 100.000-jährige Intervalle verlangsamten. Warum sich die Reaktion des Erdsystem in dieser Epoche sich plötzlich so verschoben hat, ist nach wie vor eines der größten Rätsel der Klimawissenschaft, das mit diesem Projekt gelüftet werden soll.

Wichtige Phase in der Erdgeschichte

Die Frequenz von Eiszeitzyklen zu verstehen ist nicht nur wichtig für die bisherige Geschichte des Planeten und der Menschheit, sondern auch für die Zukunft.

Frank Wilhelms: „Die Identifizierung des richtigen Ortes in der ersten Phase von ‚Beyond EPICA – Oldest Ice‘ mit modernsten Radio-Echolot-Technologien und der Modellierung des Gletscherflusses hat hervorragend geklappt. Damit haben wir jetzt unseren vor zwanzig Jahren gewonnenen EPICA-Eiskern um eine wichtige Phase in der Erdgeschichte erweitert.“

Klimaaufzeichnungen von 1,2 Millionen Jahren

Unterhalb des Eises, das die Klimaaufzeichnungen von mehr als 1,2 Millionen Jahren beherbergt, bestehen die untersten 210 Meter des Eiskerns über dem Grundgestein aus altem Eis, das stark deformiert, möglicherweise durchmischt oder wieder eingefroren und von unbekannter Herkunft ist.

Weitere Analysen sollen dazu beitragen, frühere Theorien über das Verhalten von wieder gefrorenem Eis unter dem antarktischen Eisschild zu überprüfen und die Vergletscherungsgeschichte der Ostantarktis aufzudecken, die mit diesem Projekt entschlüsselt werden soll.

Bohrcamp „Little Dome C“

Das Bohrcamp „Little Dome C“ liegt in der extrem rauen Umgebung des zentralantarktischen Plateaus in einer Höhe von 3200 Metern über dem Meeresspiegel und mit einer durchschnittlichen Sommertemperatur von minus 35 Gread Celsius.

Sobald die Eiskerne in Europa sind, wird sich das Projekt auf die Analyse der Eisproben konzentrieren, um die Geschichte des Klimas und der Atmosphäre der Erde in den letzten 1,2 Millionen Jahren und wahrscheinlich darüber hinaus aufzudecken.

In den untersten Abschnitten des Kerns könnte sogar noch älteres Eis aus der Zeit vor dem Quartär vorhanden sein. Die darunter liegenden Gesteine werden datiert, um herauszufinden, wann diese Region der Antarktis zum letzten Mal eisfrei war.

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Erstellt:
10. Januar 2025, 18:18 Uhr
Aktualisiert:
10. Januar 2025, 18:45 Uhr

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