Ärger in Aspach über die Windräder der Nachbarn
Die Pläne von acht Kommunen im Landkreis Ludwigsburg, im Hardtwald Windkraftanlagen zu errichten, fachen in Aspach die Debatte weiter an.
Von Kai Wieland
Aspach. Es ist ja nicht so, dass es in Aspach innerhalb der Gemarkungsgrenzen an Diskussionsstoff mangeln würde: Ob das langjährige Thema der Verkehrsberuhigung durch Tempo-30-Zonen, der Lärmschutz, Großveranstaltungen im Fautenhau oder die Parkplatzsituation im Ort, der Gesprächsbedarf ist groß. Umso verwunderlicher erscheint es da, dass sich bei der Bürgerfragestunde in der jüngsten Gemeinderatssitzung lediglich drei Aspacher Bürgerinnen und Bürger zu Wort meldeten. Interessanterweise ging es dabei mitunter gar nicht um die bis zu vier Windkraftanlagen auf eigener Gemarkung, die im Rahmen eines Windparkprojekts mit der EnBW und Uhl Windkraft entstehen könnten, sondern um die Entwicklungen im Nachbarlandkreis Ludwigsburg.
Stein des Anstoßes: Die Forstbetriebsgemeinschaft Hardtwald, ein Zusammenschluss der Gemeinden Marbach am Neckar, Freiberg am Neckar, Steinheim an der Murr, Benningen am Neckar, Pleidelsheim, Erdmannhausen und Murr, hatte Pläne vorgestellt, im Hardtwald und damit in unmittelbarer Nachbarschaft zur Gemeinde Aspach Vorrangflächen für bis zu acht Windkraftanlagen auszuweisen. Als achter Akteur schloss sich die angrenzende Gemeinde Großbottwar dem interkommunalen Projekt an. In den vergangenen Wochen stimmten mit Ausnahme von Erdmannhausen alle beteiligten Gemeinderäte der Prüfung der Standorte zur Aufnahme in den Regionalplan zu. Ob es dazu schlussendlich kommt, entscheidet allerdings die Regionalversammlung.
Standortwahl im Nachbarlandkreiswird kritisch gesehen
„Ich finde, die machen es sich da in Ludwigsburg ganz schön einfach“, erregte sich eine Aspacherin bei der Bürgerfragestunde. „Die sehen, dass sie im äußersten Zipfel ihres Landkreises noch ein bisschen Wald haben und dort stellen sie jetzt ihre acht Windräder hin.“
Es ist aber nicht allein die Nähe zur eigenen Gemarkungsgrenze, die in Aspach mit Argwohn betrachtet wird. Vielmehr stößt der Eingriff in die Natur des Hardtwalds den Bürgerinnen und Bürgern auf und ist bereits beim eigenen Windparkprojekt äußerst umstritten. Neben den naturschutzrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Rodung, zerstörten Lebensraum, Bodenverdichtung durch Zufahrtswege und weitere Aspekte wurde in der Bürgerfragestunde auch die generelle Sinnhaftigkeit von Windanlagen in Waldgebieten infrage gestellt. Insbesondere ein Vortrag von Dieter Teufel, Leiter des Umwelt- und Prognose-Instituts Heidelberg, in der Großaspacher Gemeindehalle Ende September hatte bleibenden Eindruck hinterlassen. Organisiert hatte die Veranstaltung der Verein „Naturerhalt Schwäbisch-Fränkischer Wald“ beziehungsweise die Bürgerinitiative „Walderhalt statt Windindustrie“. Der Biologe und Systemanalytiker Dieter Teufel steht Windkraftanlagen in Wäldern kritisch gegenüber, warnt im Rahmen von Vorträgen und medialen Auftritten vor den damit verbundenen Umweltschäden und äußert auch Zweifel an der Effizienz von Windrädern in Waldgebieten – Bedenken, die bei der Bürgerfragestunde auch im Hinblick auf das eigene Windparkprojekt an Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff weitergetragen wurden.
Kaum Handhabe bei Windrädern im Nachbarlandkreis
Diese hörte sich die Wortmeldungen geduldig an, dämpfte aber die Erwartungen an die Gemeindeverwaltung. „Wir kämpfen um jeden Baum, aber wenn die rechtlichen Grundlagen für einen Bau gegeben sind, können wir nicht einfach sagen: ‚Das wollen wir nicht.‘ Wir können nur gründlich prüfen, ob zum Beispiel die notwendigen Gutachten vorliegen und gültig sind, ob der Netzanschluss gegeben ist... Dabei müssen wir aber die Verfahrensschritte und Rechtsangaben beachten.“ Zugleich wies sie darauf hin, dass man es in Aspach bislang lediglich mit Potenzialflächen zu tun habe. „Es gibt noch nicht einmal Genehmigungsanträge. Erst wenn uns diese vorliegen, können wir konkret reagieren.“ Wie mittlerweile bekannt ist, dürfte dieser Fall wohl noch in diesem Herbst eintreten.
Und wie sieht es mit den Windrädern der Nachbarn aus? Auf diese habe man keinerlei Einfluss, stellte die Bürgermeisterin unmissverständlich klar. „Natürlich könnten wir einen Brief an den Verband Region Stuttgart schicken, aber die werden sich das nicht einmal anschauen, weil wir keine Teilnehmer an diesem Verfahren sind.“
Wirtschaftlichkeit spielt keine Rolle
Das Landratsamt des Rems-Murr-Kreises will die Vorgehensweise des Nachbarlandkreises indessen nicht bewerten. „Die Auswahl des Standorts trifft der Vorhabenträger grundsätzlich in eigener Verantwortung. Wichtigstes Kriterium dürften dabei die Windverhältnisse vor Ort sein. Außerdem spielt die Verfügbarkeit der Flächen eine ganz entscheidende Rolle“, erläutert eine Sprecherin. Die Wirtschaftlichkeit einer Anlage sei für die Genehmigungsbehörde, also in diesem Fall das Landratsamt, indessen irrelevant. „Es wäre ein viel zu großer Grundrechtseingriff, wenn ein Unternehmen der Behörde für jede Errichtung oder Änderung einer Anlage die Wirtschaftlichkeit nachweisen müsste. So prüft die Genehmigungsbehörde im Verfahren nur, ob die beantragte Anlage am ausgewählten Standort genehmigungsfähig ist. Dabei wägt sie die jeweiligen Interessen und beeinträchtigten Schutzgüter gegen- und miteinander ab.“
Eine Möglichkeit für die Gemeinde Aspach, die eigenen Bedenken gegen den Bau von Windrädern im Hardtwald vorzubringen, sieht man beim Landratsamt aber doch: „Spätestens im Rahmen des Genehmigungsverfahrens kann die Gemeinde Aspach eine Stellungnahme abgeben, die vorher im Gemeinderat abgestimmt wird.“