Zivile Luftfahrt

Airbus will klimaneutral fliegen

Der Weg zum grünen Fliegen ist noch weit. Trotz Rückschlägen hält der europäische Flugzeughersteller an der Entwicklung eines emissionsfreien Wasserstoff-Fliegers fest. Ist das die Zukunft der zivilen Luftfahrt?

Der Weg zum grünen Fliegen ist noch weit – Airbus will daran festhalten.

© dpa/Ulrich Perrey

Der Weg zum grünen Fliegen ist noch weit – Airbus will daran festhalten.

Von Stefan Brändle

Airbus-Chef Guillaume Faury musste stellt klar: „Die Revolution der Zivilluftfahrt kommt.“ Er bekräftigt sein Ziel, ein völlig schadstofffreies Fliegen mit einem wasserstoffgetriebenen Flugzeug zu ermöglichen. Bei der Präsentation des Geschäftsabschlusses von 2024 erklärt der Franzose: „Wir glauben weiterhin an die Wasserstoff-Lösung. Wir arbeiten daran. Die Tests, die wir seit fünf Jahren durchführen, bestätigen, dass diese Technologie am vielversprechendsten ist, um langfristig klimaneutral zu fliegen.“

Vor wenigen Tagen hatte es in der Airbus-Zentrale in Toulouse noch anders getönt: Der deutsch-französisch-spanische Hersteller und Weltmarktführer hatte verlauten lassen, dass das vor fünf Jahren anvisierte Vorhaben, bis 2035 ein kommerzielles Wasserstoff-Flugzeug zu lancieren, erst fünf bis zehn Jahre später erreicht werde.

Airbus will grünen Wasserstoff einsetzen

Die Branche fragte sich, ob Airbus damit das Ende des Wasserstoff-Abenteuers einläuten wollte. Faury verneint. Die Brennstoffzellen-Technik – bei der mittels Wasserstoff Strom erzeugt wird – werde im Gegenteil stärker gefördert. Und der Airbus-Chef präzisiert, dass er dabei von „grünem“, also nachhaltig produziertem Wasserstoff ausgehe. Die Alternativtechnik mit Gasturbinen zur Herstellung von Wasserstoff werde hingegen nicht weiter verfolgt; die damit beschäftigten Forschungsteams würden abgebaut oder in Zukunft auch an Brennstoffzellen arbeiten.

Skeptiker wenden ein, dass die H-Technologie – nach dem chemischen Zeichen für Wasserstoff – zwar eine bestechende, weil vollkommen saubere Energie sei, wenn sie nachhaltig gewonnen wird. Sie muss aber auf minus 253 Grad gekühlt werden, und das setzt riesige Kühlstationen an den Flughäfen voraus; und in Flugzeugen nehmen die Tanks laut Studien bis zur Hälfte des Rumpfes in Anspruch. Der Energieaufwand ist so gewaltig, dass für den Antrieb sämtlicher Flugreisen in Europa 585 Terawattstunden erforderlich wären – mehr als der heutige Stromverbrauch Deutschlands.

Faury wiederholte in Toulouse auf drängende Journalistenfragen mehrfach, ein H-Flieger sei „technisch machbar“. Offen sei einzig, ob sie auch „kommerziell umsetzbar“, das heißt für die Passagiere erschwinglich sein könnte. Fürs erste plant Airbus kleinere H-Flugzeuge für den Regionalverkehr.

Kritische Stimmen bezeichnen das ominöse Wasserstoff-Flugzeug von Airbus als Feigenblatt für die schadstoffschweren Expansion der großen Flugzeughersteller. Wie an der Jahrespressekonferenz bekannt wurde, hat Airbus im vergangenen Jahr 766 Flugzeuge ausgeliefert, doppelt so viele wie der krisengeschüttelte US-Rivale Boeing. Der Umsatz stieg um sechs Prozent auf 69,2 Milliarden Euro, bei einem Reingewinn von 4,2 Milliarden Euro. Dafür kommt vor allem die Flugzeugsparte auf, während die Raumfahrtsparte wegen der Konkurrenz durch Elon Musks SpaceX und Starlink, aber auch der Airbus-Militärtransporter 400M unter Absatzproblemen leiden.

Im laufenden Jahr rechnet Faury mit einer weiteren Zunahme auf 820 ausgelieferte Zivilflugzeuge. Den gesamten Auftragsbestand bezifferte er auf 8658 Maschinen. Viele Airlines müssen fünf bis sieben Jahre warten, bis sie ihren neuen A320 oder A350 erhalten. Noch gigantischer ist der Langzeitausblick von Airbus: Demnach wird sich die Zahl aller zivilen Großflugzeuge von heute 25 000 bis ins Jahr 2043 auf über 48 200 verdoppeln.

Milliardenschwere Anstrengungen

Airbus unternimmt milliardenschwere Anstrengungen, um das Fliegen schadstoffärmer zu gestalten. Dank technischen Innovationen kommt jede neue Flugzeuggeneration bei Airbus auf rund 15 Prozent weniger CO2-Ausstoß. Die EU-Kommission schraubt zudem den Anteil nachhaltiger Biotreibstoffe am fossilen Kerosin langsam, aber sicher auf 70 Prozent (im Jahr 2050) hoch. Auch das wäre eine technologische Revolution im zivilen Luftverkehr.

Doch so massiv Airbus in die Dekarbonisierung investiert: Die Verdoppelung der Flugzeugzahl am Himmel macht diese Bemühungen zunichte. Der europäische Thinktank Transport& Environment (T&E) hat kürzlich in einer fundierten Studie nachgewiesen, dass der gesamte CO2-Ausstoß der zivilen Luftfahrt wegen der Zunahme des Flugzeugparks unter dem Strich stabil bleiben wird. Es wird zwar mehr Biosprit zum Einsatz kommen – die doppelte Zahl von Flugzeugen wird aber in der Mitte des Jahrhunderts „genauso viel fossiles Kerosin benötigen wie im Jahr 2023“, so T&E. Wie ihre Referentin Marte van der Graaf sagt, „werden die Emissionen des europäischen Luftverkehrs im Jahr 2049 nur um drei Prozent gegenüber 2019 sinken“ – ob das Wasserstoff-Flugzeug von Airbus fliegt oder nicht.

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Erstellt:
23. Februar 2025, 11:40 Uhr

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