Folgen von Magdeburg
Als Antwort nur alte Hüte
Als Konsequenz aus dem Anschlag von Magdeburg präsentieren die Parteien lediglich ihre alten Lieblingsprojekte, bemängelt unser Korrespondent Norbert Wallet.
Von Norbert Wallet
Die Tage um das Weihnachtsfest herum sind gewöhnlich politisch eine windstille Zeit. In diesem Jahr kann davon keine Rede sein. Das kann nach dem erschütternden Anschlag von Magdeburg auch nicht anders sein. Es gibt ein dringendes Bedürfnis nach Aufklärung der Umstände, die zur Tat geführt haben. Diese Aufklärung ist so dringlich, dass hier keine Rücksicht auf den Weihnachtsfrieden möglich ist.
Das gilt auch für die Frage, welche Konsequenzen aus den Geschehnissen im Hinblick auf die Vermeidung künftiger Anschläge zu ziehen sind. Da allerdings geht die Fragestellung von einer kriminalistischen zu einer politischen über, denn hierbei geht es auch um mögliche neue Gesetze. Es sollte eigentlich klar sein, dass dieser Meinungsstreit in einer Form ausgetragen werden sollte, der Respekt und Pietät gegenüber den Opfern und ihren Angehörigen wahrt.
Tagespolitische Geländegewinne
Zu diesem Respekt gehört es eigentlich auch, von Versuchen Abstand zu nehmen, das Attentat in tagespolitische Geländegewinne umzumünzen. Hier ist der Befund leider nicht mehr so eindeutig. Zwar gibt es zwischen den demokratischen Parteien keine grobschlächtigen Schuldzuweisungen. Aber es ist nicht minder unangebracht, in den Magdeburger Schrecknissen eine günstige Gelegenheit zu erblicken, alte Lieblingsprojekte durchzudrücken. Doch genau das passiert.
Die Bundesinnenministerin zum Beispiel wirbt nun dafür, das neue Bundespolizeigesetz schnell zu beschließen. Dagegen ist gar nichts zu sagen. Allerdings geht es in dem Gesetz in erster Linie darum, die Polizei vor der Infiltration durch Extremisten zu schützen. Die Union wiederum sieht einen günstigen Augenblick, um die Uralt-Debatte um die Vorratsdatenspeicherung neu zu beleben und härtere Zurückweisungen an den Grenzen zu fordern. Nur hätte das Attentat weder durch besseren Zugriff auf seine Kommunikationsdaten verhindert werden können, noch durch ein härteres Grenzregime: Der Täter lebte seit vielen Jahren in Deutschland und machte seine aggressiven Absichten ja selbst im Netz publik.
Wirkungsvolles unterhalb von Gesetzen
Vieles spricht wieder einmal dafür, dass Wirkungsvolleres unterhalb der Gesetzgebungsebene zu geschehen hat. Das wirre Profil des Täters, der wohl aus einem radikalen Islamhass ganz wie ein islamistischer Fanatiker handelte, ist so widersprüchlich, dass es quer zum starren Aufbau unserer Behörden steht. Mehr Kommunikation und Austausch ist notwendig. Das geht wohl nur auf der Grundlage eines durchdachten digitalen Umbaus der Verwaltungszusammenarbeit. Wenn dazu auch neue Gesetze notwendig sind – bitteschön. Bisher folgt die Debatte allerdings ganz den Ritualen eingefahrener Symbolpolitik.