Hess-Prozess: Ex-Vorstände zu Bewährungsstrafen verurteilt
dpa/lsw Mannheim. Die strafrechtliche Aufarbeitung der Hess-Pleite ist erst einmal abgeschlossen. Um das Unternehmen fit für die Börse zu machen, wurde getrickst. Dafür wurden zwei damalige Manager nun verurteilt.

Eine Figur der blinden Justitia. Foto: Sonja Wurtscheid/dpa/Symbolbild
Im Prozess um Unregelmäßigkeiten bei der ehemaligen Leuchtmittelfirma Hess AG sind die zwei Angeklagten zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Die Wirtschaftskammer des Mannheimer Landgerichts sah es am Mittwoch als erwiesen an, dass die Ex-Vorstände in den Jahren 2011 und 2012 die Bilanzen des Konzerns um Millionenbeträge geschönt haben. Der Grund sei der bevorstehende Börsengang des Unternehmens gewesen.
„Der Börsengang war das Vorzeichen, unter dem jede Melodie stand, die zu jener Zeit gespielt wurde“, sagte Richter Oliver Ratzel. So wies etwa der Jahresabschluss 2011 Umsätze und Gewinne in Höhe von etwa 4,3 Millionen Euro zu viel auf. So sei aus einem negativen Jahresabschluss ein positiver geworden. Auch zwei Zwischenbilanzen wurden demnach manipuliert. „Dass die Abschlüsse die Verhältnisse der Hess AG nicht richtig wiedergaben, nahmen die Angeklagten billigend in Kauf.“
Das Unternehmen hatte 2013 Insolvenz angemeldet. Die Kammer verurteilte den ehemaligen Finanzvorstand des inzwischen insolventen Lichtspezialisten aus Villingen-Schwenningen daher zu einer Strafe von 17 Monaten auf Bewährung. Der ehemalige Geschäftsführer erhielt eine Bewährungsstrafe von neun Monaten. Das Gericht sprach die Ex-Vorstände wegen der unrichtigen Darstellung nach dem Handelsgesetzbuch, Verletzung der Buchführungspflicht, Untreue sowie Kapitalmarkt- und Kreditbetrugs schuldig. Das Verfahren gegen einen dritten Mann wegen Unterstützung war im Laufe des Prozesses eingestellt worden.
Bereits im April hatten die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft einer Verständigung des Landgerichts zugestimmt. Der Vorschlag sah Teil-Geständnisse und Bewährungsstrafen vor. Gleichzeitig wurden mehrere Vorwürfe fallengelassen. Eine derartige Verständigung ist in der Strafprozessordnung geregelt. So sollen Verfahren verkürzt, Prozesse effizienter gestaltet und Täter zügig bestraft werden. Im Gegenzug können die Strafen etwas milder ausfallen.
Der Mammutprozess hatte im Oktober 2020 begonnen. Die Unterlagen zu dem Fall umfassen 155 Aktenordner, das Verlesen der Anklage hatte zwei Stunden gedauert. Den großen zeitlichen Abstand zwischen den Taten, der Erhebung der Anklage 2015 und der Verhandlung hatte das Gericht mit vorrangigeren Fällen erklärt. Wirtschaftskriminalität in Baden landet zentral am Landgericht Mannheim. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az: 25KLs 635 Js 1962/13).
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