Archäologen entdecken edlen Elfenbeinkamm und „Liebespaar“
dpa Deiningen. Im 6. Jahrhundert waren es Luxusgüter. Nun kamen der aus Elfenbein geschnitzte Kamm und die Schale aus Nordafrika bei Ausgrabungen wieder ans Licht. Und ein vor 1500 Jahren in ungewöhnlicher Form beigesetztes Liebespaar wurde ebenfalls gefunden.
Ein Ausgrabungsgebiet in Nordschwaben hat sich für Archäologen in den vergangenen Monaten zu einem wahren Eldorado entwickelt. In Gräbern aus dem 6. Jahrhundert wurden kostbare Gegenstände sowie ein händchenhaltendes Liebespaar entdeckt. Unter anderem wurden ein verzierter Elfenbeinkamm und eine Schale aus Afrika entdeckt.
Nördlich der Alpen seien diese beiden etwa 1500 Jahre alten Gegenstände bislang einmalig, berichtete das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege am Freitag. „Die beiden Funde müssen damals echte Luxusgüter gewesen sein“, sagte Bayerns Generalkonservator Mathias Pfeil.
Archäologisch weniger spektakulär, aber ebenfalls höchst ungewöhnlich ist die Art und Weise, wie ein Liebespaar damals beigesetzt wurde. Die beiden wurden händchenhaltend in ihre letzte Ruhestätte gelegt. Links sei der Mann beerdigt worden, erläuterte die Sprecherin des Landesamtes, Juliane Grimm- von Wedemeyer. Er sei in seinen 20er Lebensjahren gestorben. Rechts daneben habe seine Frau, vermutlich zwischen 25 und 35 Jahre alt, gelegen. Zunächst hatte der Bayerische Rundfunk über das Doppelgrab berichtet.
Ähnliche Bestattungsszenen sind bereits früher bekannt geworden. So wurden 2007 beispielsweise in Mantua in Norditalien die Skelette eines Paares gefunden, die vor mehr als 5000 Jahren eng umschlungen und Kopf an Kopf beigesetzt wurden.
Archäologen hatten in Deiningen (Landkreis Donau-Ries) den Boden eines Neubaugebietes untersucht und waren dabei auf die Gräber gestoßen. Solche Ausgrabungen gibt es häufig im Vorfeld von großen Bauprojekten routinemäßig. Bereits in den 1930er Jahren gab es dort bei Deiningen erste Entdeckungen. Letztlich sind inzwischen auf dem Areal mehr als 100 Gräber bekannt.
Besonders analysiert wurden der Kamm und die Keramikschale aus Nordafrika. „Wie die beiden Funde ins Nördlinger Ries gelangten, das damals von Alemannen besiedelt war und unter fränkischer Herrschaft stand, lässt sich nur vermuten“, berichtete das Landesamt. Die Archäologen gehen davon aus, dass es sich vielleicht um Geschenke eines Herrschers an einen wichtigen Gefolgsmann oder um Beutestücke aus einem Kriegszug im Bereich des heutigen Italien handeln könnte.
Nach Angaben der Behörde sind solche 1500 Jahre alten Elfenbeinschnitzereien extrem selten überliefert. Ähnlich gearbeitete Kämme aus diesem Zeitraum gebe es im Pariser Louvre, im Museum in Kairo und im Vatikan. Sie zeigten christliche Motive, auf dem Kamm aus Deinigen hingegen seien Jagdszenen dargestellt.
Der Kamm lag im Grab eines 40 bis 50 Jahre alten Mannes, den die Wissenschaftler aufgrund der zahlreichen Grabbeigaben als herausgehobene Persönlichkeit der damaligen Zeit einordnen. Der Kamm war zwar völlig zerstört, in der Werkstatt des Landesamtes konnten die Splitter aber wieder zusammengesetzt werden.
Die Schale lag im Grab einer etwas jüngeren Frau. Die Keramik stammte nicht aus heimischer Produktion, sondern kommt aus einer Werkstatt im heutigen Tunesien. Dort sei diese spezielle hochwertige rote Keramiksorte hergestellt worden. Solche Schalen habe es etwa ab dem Jahr 510 nach Christus gegeben, erläuterte die Sprecherin der Behörde.
In den Boden der Schale sei bei der Herstellung ein Kreuz gestempelt worden, am Rand seien dann nachträglich Kritzeleien geritzt worden. Die Bedeutung der Symbole bleibe aber rätselhaft, erklärten die Experten.
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