Angespannte Lage bei der Unterbringung Geflüchteter in Aspach
Die Aspacher Verwaltung muss schnellstmöglich Wohnraum schaffen. Der Gemeinderat ist zurückhaltend und will die Haushaltszahlen abwarten.
Von Kai Wieland
Aspach. „Jeder einzelne Tag, der uns fehlt, wird uns noch einmal richtig wehtun, das kann ich nur betonen“, mahnte ein sichtlich besorgter Jerome Seiter bei der jüngsten Sitzung des Aspacher Gemeinderats. Der Beamte im Sachgebiet Tiefbau reagierte damit auf einen Antrag der Gemeinderätin Sonja Tränkle (Freie Wählervereinigung Aspach) zur Vertagung des Tagungsordnungspunkts §7. Bei diesem sollte es um den Umbau dreier Gebäude in Großaspach – Strümpfelbacher Straße 22, Hauptstraße 22 und Hauptstraße 24 – für die Unterbringung wohnungsloser Personen gehen.
„Seit Beginn des Angriffskriegs der Russischen Föderation auf die Ukraine kann die Gemeinde Aspach ihrer Verpflichtung zur Aufnahme Geflüchteter gemäß dem Flüchtlingsaufnahmegesetz nicht mehr nachkommen“, hieß es dazu in der Sitzungsvorlage. Zugleich steige die Zahl der Wohnungssuchenden stetig an. Ursächlich dafür sei allerdings nicht allein der Krieg in der Ukraine, sondern auch die schwierige Situation am Wohnungsmarkt sowie die Inflation, die eine Steigerung bei der Zahl der Zwangsräumungen bewirkten.
Auch für die davon Betroffenen muss man in Aspach also Lösungen finden. „Neben geflüchteten Personen können auch andere Personenkreise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, denen ebenso Wohnraum zur Verfügung gestellt werden muss“, erläutert Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff. „In welchem Rahmen sich hier die Zahlen künftig bewegen werden, können wir nicht abschätzen. Obdachlosigkeit kann auch urplötzlich durch Brände oder Naturgewalten entstehen. In diesen Fällen müssen wir quasi ‚über Nacht‘ Wohnraum zur Verfügung stellen.“ Und bei dieser Aufgabe stehe die Gemeinde Aspach unter demselben Druck wie alle anderen Kommunen. Die Problematik ist stets dieselbe: Es gibt nicht ausreichend Wohnraum für Geflüchtete und Wohnungslose.
Gemeinde rechnet mit gleicher oder höherer Aufnahmequote
„Da die Gemeinde noch in diesem Jahr mehr Personen aufnehmen muss, als sie Kapazitäten hat, ist ein schnellstmöglicher Ausbau von Vorteil“, betont Sabine Welte-Hauff daher. „Wenn die Flüchtlingsströme konstant in dieser Höhe bleiben, was bei der weltweiten politischen Lage leider nicht anders erwartet werden kann, ist es absehbar, dass unsere Aufnahmequote auch im nächsten Jahr in dieser Höhe verbleibt oder sogar ansteigt.“ Dennoch wolle man dem Landkreis entgegenkommen und die notwendige Zahl an Personen aufnehmen.
Indessen hält das Thema die Gemeinde Aspach genau wie sämtliche Umlandgemeinden nicht erst seit gestern auf Trab. Bereits im September des vergangenen Jahres wurde die Sanierung zweier Gebäude in Großaspach angekündigt (wir berichteten), für den Haushalt 2023 waren für die Unterbringungen von Geflüchteten zwei Millionen Euro eingestellt worden. Wieso wird im Gemeinderat nun also vertagt anstatt abgestimmt? Und überhaupt: Welche Änderung der Situation ist bis zur nächsten Gemeinderatssitzung am 23. Oktober zu erwarten? Diese Frage richtete auch Jerome Seiter an das Gremium. „Der Unterschied besteht darin, dass dann Klausurtagungen waren und wir die Haushaltszahlen gesehen haben“, verteidigte Sonja Tränkle ihren Antrag. „Und die möchte ich gerne sehen, bevor ich hier Baumaßnahmen zustimme.“
Im schlimmsten Fall drohen die Schließungen von Sporthallen
Besagte Baumaßnahmen umfassen unter anderem die Erneuerung von Elektrik, den Einbau von Küchen sowie zusätzlichen Bädern und Toiletten, Malerarbeiten, neue Fenster und die Nachrüstung von Heizkörpern. Für die Strümpfelbacher Straße 22 belaufen sich die geschätzten Bruttogesamtkosten auf 150.000 Euro, für die Hauptstraße 24 auf 230.000 Euro und für die Hauptstraße 22, in der eine Dachsanierung notwendig ist und ganze Wohnungen eingebaut werden sollen, auf 520.000 Euro. Da der Situation geschuldet möglichst kurzfristig Wohnraum geschaffen werden muss, kann laut Sitzungsvorlage auf eine öffentliche Ausschreibung verzichtet werden; das Vorgehen sei mit der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg abgestimmt.
Sollte es die Gemeinde nicht schaffen, für mindestens 50 weitere Geflüchtete bis Jahresende Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, müssten im schlimmsten Fall Sporthallen geschlossen und entsprechend umgenutzt werden – ein Szenario, das die Gemeindeverwaltung unter allen Umständen verhindern möchte. „Uns ist es wichtig, nicht auf unsere Schulturnhallen zurückgreifen zu müssen“, sagte Sabine Welte-Hauff bereits im Dezember des vergangenen Jahres.
Wohncontainer werden nicht mehr priorisiert
Zu diesem Zweck war damals auch über die Beschaffung von Wohncontainern nachgedacht worden. Diese werden mittlerweile allerdings nicht mehr priorisiert. „Wie tendieren im Moment zum Umbau und zur Sanierung von bestehenden Gebäuden“, erklärt die Bürgermeisterin und verweist auf die bevorstehende Klausurtagung, wo über dieses Thema noch einmal beraten werde. Wohncontainer könnten derzeit nicht ausgeschlossen werden, seien aber nicht primär angedacht.
„Durch Herrn Seiter wurde mit Hoch- und Nachdruck versucht, weiteren Wohnraum zu generieren, um möglichst eine Hallenumnutzung zu umgehen“, erklärt die Bürgermeisterin nun. „In der heutigen Zeit ist es außerdem sehr schwierig, Handwerker rechtzeitig zu finden; auch hier befürchten wir zusätzliche Zeitverluste.“
Zum Verdruss von Jerome Seiter fand der Antrag von Sonja Tränkle allerdings mehrheitlich Zustimmung, wenn das Meinungsbild bei acht gegen fünf Stimmen auch geteilt war. Wie die Gemeinde die Unterbringung wohnungsloser Personen und Geflüchteter stemmen möchte, bleibt damit vorerst noch offen. „In Anbetracht der bereits an diesem Wochenende stattfindenden Klausurtagung war eine Vertagung dieser Entscheidung vertretbar“, erklärt Sabine Welte-Hauff dennoch.