Asteroid 2024 YR4
Asteroiden-Einschlag: Risiko auf 3,1 Prozent gestiegen
Von „einer der höchsten Wahrscheinlichkeiten“ einer Kollision ist die Rede. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass der Asteroid 2024 YR4 am 22. Dezember 2032 an der Erde vorbeizieht.
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© Imago/Depositphotos
2024 YR4 ist der für die Erde gefährlichste Asteroid seit Beginn der entsprechenden Weltraum-Beobachtungen (Symbolbild).
Von Markus Brauer/AFP
Das Risiko des Einschlags eines erst kürzlich entdeckten Asteroiden auf der Erde ist nach Erkenntnissen von Forschern auf mehr als drei Prozent gestiegen. Dies gab am Dienstag die US-Weltraumbehörde Nasa bekannt.
Damit ist der vor knapp zwei Monaten entdeckte 2024 YR4 der für die Erde gefährlichste Asteroid seit Beginn der entsprechenden Weltraum-Beobachtungen. Trotzdem sehen Wissenschaftler vorerst keinen Grund zur Panik.
27 Millionen Kilometer von der Erde entfernt
Der Asteroid ist derzeit etwa 27 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Er wurde am 25. Dezember automatisch von einem Teleskop erfasst. Auf der sogenannten Turiner Skala wird er mit 3 eingestuft.
Sollte 2024 YR4 tatsächlich die Erde treffen, könnte er in der Atmosphäre explodieren und mit einer Druckwelle und Hitze Schäden anrichten, wie es weiter heißt. Er könnte auch einen Krater mit einem Durchmesser von mehr als einem Kilometer verursachen. Ein Asteroid dieser Größe schlägt der Esa zufolge im Mittel alle paar Tausend Jahre auf der Erde ein.
Kollision hätte verheerende Folgen
In den nächsten Monaten wird sich der Asteroid nach Esa-Angaben auf seiner langgestreckten Umlaufbahn um die Sonne zunächst von der Erde entfernen und aus dem Blickfeld verschwinden. Zu beobachten sei er dann erst wieder im Jahr 2028.
Das bedeutet, dass es sich um eine engere Annäherung eines Himmelskörpers an die Erde handelt, die die Aufmerksamkeit von Astronomen erfordert. Liegt die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags bei mindestens einem Prozent, schaltet sich das Internationale Asteroiden-Warnnetzwerk (IAWN) ein und sammelt Daten.
2024 YR4 könnte bei einer Kollision mit der Erde verheerende Folgen haben. Laut Wissenschaftlern könnte der Asteroid eine ganze Stadt zerstören oder einen Tsunami auslösen. Die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags betrage laut neuesten Berechnungen 3,1 Prozent, teilte die Nasa mit.
Wahrscheinlichkeit von 1 zu 32
Wenn es dazu käme, dann würde 2024 YR4 am 22. Dezember 2032 auf der Erde einschlagen. Das Einschlaggebiet könnte dem Internationalen Netzwerk zufolge zur Warnung vor Asteroiden (IAWN) über dem östlichen Pazifik, dem Norden Südamerikas, dem Atlantik, Afrika, dem Arabischen Meer oder Südasien liegen.
Die genannten 3,1 Prozent bedeuten eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 32. Das ist in etwa so, als wenn bei fünf Münzwürfen hintereinander korrekt vorausgesagt wird, welche Seite am Ende oben liegt.
40 bis 90 Meter breit
Der Asteroid war zum ersten Mal am 27. Dezember 2024 vom Observatorium El Sauce in Chile gesichtet worden. Er wurde 2024 YR4 getauft. Aufgrund seiner Helligkeit schätzen Astronomen, dass er zwischen 40 und 90 Meter breit ist. In einer ersten Einschätzung ging die Nasa von einer Einschlag-Wahrscheinlichkeit auf der Erde von 1,6 Prozent aus.
Trotz der jetzigen Risiko-Heraufstufung auf 3,1 Prozent sehen Wissenschaftler keinen Grund zur Panik. „Wenn man sieht, dass die Prozentsätze steigen, fühlt man sich natürlich nicht so richtig wohl und gut“, erklärt Bruce Betts von der Planetary Society. Vermutlich werde der Prozentsatz mit dem Gewinn immer weiterer Daten jetzt erst einmal noch weiter ansteigen, bevor er dann „schnell auf null“ sinken werde.
Was sind Asteroiden?
- Asteroiden sind Kleinplaneten – sogenannte Planetoide – mit einem Durchmesser von wenigen Metern bis zu mehreren hundert Kilometern, die sich um die Sonne bewegen, größer als Meteoroide und kleiner als Zwergplaneten sind.
- Sie sind bei der Entstehung unseres Sonnensystems übriggebliebene Brocken, die noch heute täglich in die Erdatmosphäre rasen und als Sternschnuppen am Nachthimmel verglühen.
- Asteroiden aus der Dunkelheit und den unendlichen Weiten des Weltalls sind aber auch potenzielle Killer für alles Leben auf der Erde. Schon ab einigen Metern Größe können sie immense Schäden anrichten.
Apophis 2004: Einschlags-Wahrscheinlichkeit von 2,7 Prozent
Eine solche Entwicklung gab es etwa auch 2004, als der Asteroid Apophis zwischenzeitlich eine Einschlags-Wahrscheinlichkeit von 2,7 Prozent hatte. Sie sank dann durch die Auswertung zusätzlicher Daten auf nahezu Null.
Der etwa 350 Meter große Asteroid wird im April 2029 noch einmal knapp an der Erde vorbeifliegen. Er kommt ihr dabei näher, als einige Satelliten von ihr entfernt sind. Der Abstand des Asteroiden von rund 32 000 Kilometern zur Erdoberfläche ist in den Weiten unseres Sonnensystems zwar fast nichts, in diesem Fall aber gerade genug, um einen katastrophalen Crash zu vermeiden.
„Das wäre schon ziemlich unangenehm, wenn der in die Atmosphäre eintreten würde“, betont der Asteroidenexperte Detlef Koschny, Professor für Lunare und Planetare Exploration an der Technischen Universität München. Bei der Größe von Apophis sei neben einer Schockwelle auch mit extrem heißer Luft zu rechnen, die Sachen entflammen könnte.
2024 YR4 kein Planetenkiller
Der schlimmste Asteroideneinschlag ereignete sich vor 66 Millionen Jahren, als ein zehn Kilometer großer Gesteinsbrocken aus dem Weltraum einen globalen Winter auslöste, der die Dinosaurier und 75 Prozent aller Arten auslöschte.
So verheerend wäre 2024 YR4 bei weitem nicht. „2024 YR4“ sei kein „Planetenkiller“, der das Leben auf der Erde auslöschen könnte, erklärt der Leiter der Asteroidenabwehr bei der Esa, Richard Moissl. „Es ist kein Grund zur Beunruhigung. Das könnte höchstens für eine Stadt gefährlich werden“, fügt der Wissenschaftler hinzu. „Wir gehen davon aus, dass es ein naher oder auch sehr erdnaher Vorbeiflug wird.“
Ähnliche Folgen wie Tunguska-Ereignis 1908
Wissenschaftler vergleichen die möglichen Folgen eines Einschlags auch mit dem Tunguska-Ereignis, als ein 30 bis 50 Meter großer Asteroid oder ein Kometenstück 1908 über Sibirien explodierte und 80 Millionen Bäume auf einer Fläche von 2000 Quadratkilometern vernichtet wurden. Auch 2024 YR4 würde voraussichtlich am Himmel explodieren, anstatt einen Krater in der Erde zu hinterlassen, erläutert Betts.
Derzeit ist 2024 YR4 nur als winziger Lichtpunkt im Teleskop zu sehen. Der Asteroid folgt einer stark elliptischen Umlaufbahn. Im Moment entfernt er sich von der Erde, erst 2028 wird er das nächste Mal wieder an unserem Planeten vorbeifliegen.